Bewertung
Lelord, François

Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück

Der erste Teil der Reise des Psychiaters Hector, der aus seinem Heimatland in die Welt hinauszieht, um herauszufinden, wie er seine Patienten glücklich machen kann…

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Inhalt

Hector ist Psychiater. Er kommt aus dem Land mit den vielen Baguettes und den niedlichen schwarzen Mützchen. Hector hat viele Patienten, denen es sehr schlecht geht, so schlecht, dass er ihnen manchmal kleine bunte Pillen verschreiben muss. Aber Hector hat auch viele Patienten, denen es sehr gut geht, die einen Job haben, in dem sie erfolgreich sind, eine tolle Familie und genug Geld, um sich alles zu kaufen, was sie wollen. Doch trotzdem kommen sie zu Hector, denn sie sind trotz alldem unglücklich. Und weil Hector kein Mittel finden kann, ihnen zu helfen, wird auch er langsam unglücklich. Also beschließt er, eine Reise um die Welt zu machen und herauszufinden, was es so auf sich hat mit der Sache mit dem Glück. Er besucht Freunde auf der ganzen Welt und beschließt, Leute zu fragen, warum sie glücklich sind oder eben nicht. Dabei passieren ihm allerhand Dinge, von denen er vorher nicht zu träumen gewagt hatte. Aber man will ja nicht zu viel verraten, schließlich soll das Buch auch noch gelesen werden...

Kritik

Ich muss sagen, dass dies ein Buch ist, das ich mir auf den ersten Blick sicherlich nicht gekauft hätte. Mal ehrlich, es hört sich ein wenig nach platten psychologischen Erkenntnissen über das Glück an, auf die jeder auch von selbst hätte kommen können, wenn er sich mal ernsthaft darüber Gedanken gemacht hätte. Aber dafür hat man ja Geburtstag, dass man Dinge geschenkt bekommt, die man sich unter normalen Umständen nicht unbedingt kaufen würde. Ich dachte warum nicht, probier's halt mal. Ihr kennt diese Bücher sicher, bei denen man schon nach wenigen Seiten ganz genau weiß, dass es entweder total furchtbar ist und man es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu Ende lesen wird, oder sich sicher ist, dass das eines der Bücher ist, das man lange in Erinnerung behalten wird. Viele Bücher gibt es nicht, die bei mir in die letzte Kategorie fallen, aber dieses gehört sicher dazu.

An den Schreibstil muss man sich erstmal ein bisschen gewöhnen. Meine Inhaltsangabe war da eine kleine Einführung. Das Buch ist in einem sehr einfachen, kindlich-erzählerischen Stil gehalten, doch gleichzeitig werden Sachverhalte durch die Blume und auch offen angesprochen, die sicherlich nichts für Kinder sind. Manche können diesen Stil als nervig empfinden, aber er hat durchaus etwas. Außerdem trägt er an vielen Stellen sehr zur Belustigung bei und produziert dann hin und wieder solche großartigen Kommentare und Beobachtungen wie hier in einer meiner Lieblingspassagen:

"Hector begann ungeduldig zu werden und spähte nach allen Leuten, die aus dem Turm kamen. Es waren vor allem Chinesen, die aber gekleidet waren wie Édouard am Wochenende, mit schicken Polohemden und kleinen Schuhen, so, wie man sich für eine Segeltour anzieht, und schon aus ihrer Gangart erriet Hector, dass sie dieselben Schulen wie Édouard besucht hatten, jene Einrichtungen, in denen man studiert, um reich zu werden. (Vergessen Sie nicht, dass Hector Psychiater ist: Er braucht die Leute nur anzuschauen und sieht schon, auf welcher Schule sie waren und ob ihr Großvater Schmetterlinge gesammelt hat."

Während Hector so um die Welt reist, bekommt man einige interessante Erkenntnisse. Zum Beispiel, dass Psychiater auch nur Menschen sind und dass man zu lächelnden Kindern freundlicher ist. Besonders amüsant sind die vielfältigen Jobbeschreibungen, die uns Hector gibt, um zu erklären, was die einzelnen Personen, die er besucht, beruflich machen. Extrem angetan, war ich von dem Glücksprofessor, der ständig "Häm? Häm?" sagt und wie er versucht, Hector für seine Lehren und insbesondere die Mathematik dahinter zu begeistern, was Hector mit einem Satz kommentiert, in dem sich sicherlich jeder auf die eine oder andere Weise wiederfinden kann.

"Hector sagte sich, dass er [der Professor] auch ein bisschen war wie die Skifahrer, die uns auf eine sehr schwierige Piste mitnehmen und sagen, dass wir uns dort gut amüsieren werden."

Durch die Lektionen, die sich Hector jedes Mal gewissenhaft notiert, wenn er durch Gespräche zu einer neuen Erkenntnis kommt, und auch die Gespräche selbst, wird man doch häufig dazu gebracht, auch über sich und sein eigenes Glück einmal ernsthaft nachzudenken. Besonders gegen Ende, als sich alles ein wenig verdichtet und vereinheitlicht, kommt man doch als Leser schwer ins Grübeln. Auch die kindlichen, aber doch treffsicheren Formulierungen von Hector leisten da ihr Übriges. So kann sicher jeder sofort eine Vorstellung machen, wenn Hector über das Meist-Land redet, eine Wortkreation, die mir besonders gut gefallen hat.

Insgesamt ist das Buch, besonders gegen Ende, ein wenig idealisiert, was der Qualität aber keinen Abbruch tut. Die vielfältigen Menschen und Lektionen, die man auf dem Weg dorthin kennen gelernt hat, sind es in jedem Fall wert. Und auch die charmante Art, in der das Buch diese Erkenntnisse rüberbringt, ist einmalig und erhöht den Lesespaß.

Fazit

Ist man glücklich, nachdem man dieses Buch gelesen hat? Natürlich nicht... Aber man lernt, mehr über sich selbst, die eigene Sicht auf die Dinge und das eigene Glück nachzudenken und das ist meiner Meinung nach mehr, als man von einem Buch erwarten kann. Ich bin begeistert von diesem Buch, das es geschafft hat, mich auf eine Art und Weise zu fesseln, die mir von Büchern bisher eher unbekannt war, und werde sicher bald Hectors Reise weiterverfolgen.

Zur Rezension von Band 2 "Hector und die Entdeckung der Zeit"

Zur Rezension von Band 5 "Hector und das Wunder der Freundschaft"

Nadine Watz - myFanbase
05.05.2007

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