Bewertung
Bardugo, Leigh

Eisige Wellen

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Inhalt

Nach dem zehrenden Kampf gegen den Dunklen, General Kirigan, sind Alina und Mal aufs offene Meer hinaus geflüchtet. Dort muss sie mit ihren neuen verstärkten Kräften umgehen lernen, während sie gleichzeitig den Dunklen wieder im Nacken weiß, denn er braucht Alina, um die Macht in Ravka an sich zu reißen. Alina weiß, dass sie jeden Verbündeten gebrauchen kann, weswegen sie sich an den mysteriösen Piraten Stormhond wendet, denn er könnte ein entscheidender Faktor sein, dass die Armee der Grisha für ihre Ziele kämpft.

Kritik

Die Einführung in die Welt der Grisha ist mit "Goldene Flammen" wirklich gut gelungen und dennoch müssen sich gerade Trilogien oft den Vorwurf machen, dass der zweite Band, in diesem Falle "Eisige Wellen", oft ein sogenannter Zwischenband ist, in dem die Handlung eher dahin plätschert. Ist dieses Urteil auch über den zweiten Band von Leigh Bardugo zu fällen?

Die Antwort ist relativ schnell mit 'Ja' zu geben, denn "Eisige Wellen" bietet nur zu Beginn und zum Schluss einen wirklichen erzählerischen Höhepunkt, wo sich Sonnenkriegerin Alina wenig überraschend einem Kampf mit dem Dunklen stellen muss. Hier sind jeweils neue Entwicklungen zu begrüßen sowie auch wichtiger Veränderungen, die bei Alina erfolgen und den weiteren Fortgang enorm beeinflussen werden. Alles dazwischen aber ist wohl tatsächlich eher Aufbau für das, was da noch kommen wird. Aber die inhaltlichen Schwächen werden auch noch durch anstrengende zwischenmenschliche Entwicklungen ergänzt. Das in Kombination hat einen wirklich zähen Lesefluss ergeben.

Absoluter Lichtblick ist in dieser schwierigen Ausgangslage sicherlich Prinz Nikolai oder auch Sturmhond genannt, der im ersten Band keinerlei Rolle gespielt hat, aber mit seiner frechen und vor allem respektlosen Art und Weise gegenüber dem Dunklen und anderen direkt Eindruck hinterlässt. Ich bin durch sein Auftauchen wirklich überrascht worden, zumal er als möglicher Herrscher für Ravka auch eine Alternative für die Zukunft des Landes darstellt, die nicht zu unterschätzen ist. Mit ihm sind auch neu das Geschwisterpaar Tamar und Tolya, die als gebürtige Shu, die sich dem klassischen Dasein von Grisha entzogen haben, ebenfalls für eine neue Komponente stehen. Im Gegensatz zu Nikolai bleiben sie aber doch deutlich blasser und dennoch würde ich sie als sinnvolle Ergänzung des Personenkreises in diesem Band bezeichnen.

Kommen wir aber noch einmal zu den angesprochenen Schwächen. Der zwischendurch fehlende fesselnde Inhalt wird auch dadurch in seiner Präsenz betont, weil das zwischenmenschliche Drama sehr nervig daherkommt. Im ersten Band gab es schon viel Eifersucht, aber hier wird dem Ganzen wirklich noch einmal die Krone aufgesetzt. Mal und Zoya, Mal und Alina, Alina und Nikolai, ständig werden dort unnötige Steine in den Weg gelegt, was eindeutig an den Nerven zehrt. Verbunden damit ist auch der Faktor, dass Alina in diesem Band eine fragwürdige Entwicklung durchläuft. Ich brauche wahrlich keine Sauberfrau als Protagonistin, aber ihre Reise gen Machtgier erfolgt viel zu schnell und kaum ohne nachvollziehbare Begründung. Hier setzen sich also die Schwächen des ersten Bandes fort, denn das innere Gefühlsebene verharrt erneut an der Oberflächlichkeit. Und das, obwohl wir bei Alina sogar die Ich-Perspektive erleben. Bei dieser Ausgangskonstellation ist es dann wohl verständlich, dass das ständige Eifersuchtsdrama nur noch ein zusätzliches Übel ist, durch das man irgendwie durch muss.

Gerade vor dem Hintergrund, dass ich inzwischen auch die Krähen-Dilogie gelesen habe, wird hier deutlich, dass die Grisha-Trilogie eine ganz andere hätte sein können, wenn auch hier mehrere Perspektiven eingebunden worden wären. Die Welt der Grisha ist definitiv komplex genug und vielleicht muss man sogar sagen, so komplex, dass sie schlichtweg mehrere Sichtweisen bräuchte, um sie noch viel spannender für die Leser*innen zu übertragen. Nach diesem doch eher enttäuschenden Band bleibt nur zu hoffen, dass das Finale sich wieder lohnt.

Fazit

"Eisige Wellen" bietet Ausrufezeichen zu Beginn und zum Schluss, doch dazwischen ist überraschend viel Leere. Zwar werden neue und interessante Figuren eingeführt, aber das kann auch nicht über ein Geplätscher des Geschehens hinwegtäuschen, das leider zu sehr von Eifersuchtsdrama durchzogen ist. Zudem ist Alinas Entwicklung fraglich. Hier wird es schwer, das Ruder noch einmal rumzureißen.

Zur Serie "Shadow & Bone - Legenden der Grisha"

Zur Rezension: "Das Lied der Krähen" von Leigh Bardugo

Zur Rezension: "Goldene Flammen" von Leigh Bardugo

Lena Donth - myFanbase
13.03.2023

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