Bewertung
Blazon, Nina

Der Winter der schwarzen Rosen

"'Und außerdem sind wir nur Menschen, Tajann', fügt Monn freundlicher hinzu. ÄUnd Menschen verraten manchmal sogar diejenigen, die sie am meisten lieben.'"

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Inhalt

Die 16-jährigen Zwillingsschwestern Liljann und Tajann leben mit ihrem Vater in einer Jägerhütte nahe der Stadt Taris. Tajann, die Zweitgeborene, wünscht den Tag ihrer Freiheit herbei, den Tag, an dem Liljann vom Vater fortgeschickt wird, um ein Stück Land zu erobern und beherrschen. Erst wenn Liljann das Haus verlassen hat, kann Tajann ihren Lebensweg frei wählen und dem Ödland entkommen – so besagt es das Gesetz. Da Liljanns Zukunft im wilden Grauland liegt, spielt der freudlose Hirschjäger auf Zeit und denkt nicht daran, die scheue Tochter in den Tod zu schicken. Als die Herrscherin von Taris, Lady Jamala von Caila, zur Ballnacht einladen, wähnt sich die eine Schwester im Glück, während die andere nichts Gutes erahnt. Das seltsame Gefühl wächst, als ein hünenhafter Soldat Liljanns Herz am Feuer zum Tanzen bringt und kurz darauf vorschlägt, sie durch das gefürchtete Grauland zu geleiten.

Kritik

Mit "Der Winter der schwarzen Rosen" kehrt die deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin Nina Blazon erneut in die düstere Welt von "Faunblut", "Ascheherz" und "Der dunkle Kuss der Sterne" zurück. Deshalb ein kleiner Tipp: Vor der Lektüre sollte ein Lesemarathon eingeplant werden. Die Buchseiten könnten sich plötzlich wie von Geisterhand umblättern, wenn sich das Schicksal zweier ungleicher Schwestern in einem komplexen Labyrinth aus Liebe, Magie und dunklen Begierden verstrickt.

Der Klappentext des Verlages sollte vorab ungelesen bleiben, vermittelt dieser doch einen leicht verfälschten Eindruck. Was dort geschrieben steht, passiert tatsächlich, allerdings erst im letzten Buchdrittel. Also schön der Reihe nach! Im ersten von vier Kapiteln mit der Teilüberschrift Holz und Marmor führt uns die phantasievolle Autorin zunächst in das Land der Hirschjäger, Geister und Mythen ein. Wir begleiten die zweieiigen Zwillinge Liljann und Tajann, aus deren Blickwinkel die Geschichte abwechselnd erzählt wird. Liljann, die erstgeborene und introvertierte Tochter des Jägers, fürchtet sich vor ihrem Schicksal, das sie in das gefahrenvolle Grauland führen wird. Tajann, die lebenshungrige Zweitgeborene, sehnt den Tag ihrer Freiheit herbei, den Tag, an dem sie in die Fußstapfen der verstorbenen Mutter treten will. Dazu muss sie die Vertraute der hartherzigen Lady Jamala von Caila werden, die einst den Hirschkönig vom Thron beförderte und seither mit feuriger Hand regiert.

Die Schwestern mögen auf den ersten Blick einem typischen Geschwisterpaar gleichen – die eine reserviert und bescheiden, die andere impulsiv und ehrgeizig –, beide gewinnen aber schnell an Persönlichkeit und Faszination. Liljann bringt den mystischen Anteil in die Geschichte. Sie sieht Geister und besitzt eine heimliche Gabe. Sie verkörpert die archetypische Heldin, die zunächst vor ihrer Bestimmung davonläuft, um der Gefahr dann umso direkter ins Auge zu blicken. Ihr unsicheres Wesen wächst an den Gefahren des Graulandes, während Tajann mit dem Feuer zu spielen beginnt. Tajann nimmt den Part der sinnlichen Antiheldin ein. Sie agiert nicht immer mit edlen Absichten und besitzt dennoch ein gutes Herz. Die kluge Jägerin muss schon bald ihre erträumte Freiheit hinterfragen und in einem Spiel um Macht, Täuschung und Leidenschaft einen kühlen Kopf bewahren. Beide Schwestern haben ihren Reiz, wobei Tajanns eigenwilliges Wesen einen Hauch interessanter erscheint.

Nina Blazon weiß den Leser wie gewohnt in den Bann zu ziehen, indem sie Charaktere fern der Mainstream-Schublade formt und eine schaurig-romantische Atmosphäre erzeugt. Die Dornen der Rosen bilden zwei finstere Soldaten, die Herzen stehlen und brechen werden. Neben der Liebe gehen Sinnlichkeit, Begierde und als zentrales Motiv die Geschwisterliebe mit auf Lesereise. Die bildhafte Sprache der Autorin, verziert mit lebendigen Metaphern und Vergleichen rund um die Jagd und höfische Machtstrukturen, entfacht überdies ein magisches Kopfkino und weiß selbst in ruhigen Momenten zu fesseln. Dafür sorgen nicht zuletzt die gegensätzlichen Schicksale und Sehnsüchte der ungleichen Schwestern, gekrönt durch einen Verrat und die von der Autorin geschickt eingearbeiteten Irrwege. Trotz der im Buch abgedruckten Landkarte ist nie garantiert, wohin die Kompassnadel als nächstes ausschlagen wird. Mit Fallen der Masken entstehen neue Freund-, Feind- und Liebschaften auf dem Parkett des schicksalhaften Schachspiels, Bauernopfer und tollkühne Spielzüge inklusive. Spannend!

Eingangs erinnert das Setting noch an ein dunkles Märchen, in dem Jäger unmerklich zu Gejagten, Schwestern zu Fremden und Feinde zu Geliebten werden. Mit Betreten des Wilden Waldes entfaltet sich dann allmählich die gewohnte Fantasywelt, in der bekannte Elemente und Wesen aus "Faunblut", "Ascheherz" und "Der dunkle Kuss der Sterne" grüßen – Lady Mar schaut unter anderem vorbei und hinterlässt mahnende Worte. Die Vorgeschichten sind vorab keine Pflicht, aber durchaus von Nutzen und das in jeglicher Hinsicht. Im Finale formen sich die einzelnen Stränge schließlich zu einem dichten Geflecht der Emotionen zusammen. Das konsequente Ende macht folglich nicht auf ganzer Linie glücklich, ist aber stimmig und sinnvoll gelöst. Es verlangt sogar nach einer Wiederkehr in die Welt der Echos, Zoryas und Meda-Nachkommen. Unbedingt!

Fazit

Nicht nur das märchenhaft gestaltete Buchcover und die im Roman abgebildeten schwarzen Rosen machen "Der Winter der schwarzen Rosen" zu einer anschaulichen Pflichtlektüre für Fans von "Faunblut", "Ascheherz" und "Der dunkle Kuss der Sterne". Nina Blazon versteht ihr Schreibhandwerk und entführt den Leser erneut in ein düster-romantisches All-Age-Abenteuer voller Liebe, Magie und dunkler Begierden.

Doreen B. - myFanbase
07.11.2015

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