Bewertung
Shusterman, Neal

Vollendet. Der Aufstand

Einer von ihnen wird verraten werden. Einer von ihnen wird fliehen. Einer von ihnen wird auf Cam treffen, einen Jungen, den es nicht geben darf.

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Inhalt

Ein Jahr ist seit den Ereignissen im Happy Jack Ernte-Camp vergangen. Connor muss sich als Anführer der Flüchtlinge auf dem Flugzeugfriedhof beweisen, während seine Freundin Risa noch immer im Rollstuhl sitzt, da sie ein neues Rückgrat eines Wandlers abgelehnt hat. Zwar ist sie als Chefsanitäterin eine große Hilfe für alle anderen, kann sich in anderen Bereichen allerdings nicht einbringen und sieht sich selbst als Last für Connor. Lev steht als Klatscher, der nicht klatschte, unter Hausarrest und darf nur in Begleitung seiner Bruders oder Pastor Dan das Haus verlassen. Doch als er Opfer eines Anschlags wird, muss das ehemalige Zehntopfer erneut fliehen. Da die Altersgrenze für das Umwandeln von Teenagern herabgesetzt wurde, besteht nun eine weltweite Organknappheit und Connor, Risa und Lev stehen vor neuen Herausforderungen, denn sie müssen sich nicht nur vor den Polizisten der Jugendbehörde in Acht nehmen, sondern ebenso vor Teilepiraten, die Kinder auf dem Schwarzmarkt verkaufen.

Kritik

Nachdem ich vom Vorgänger schon mehr als begeistert war, stand für mich von vornerein fest, dass ich auch den zweiten Teil dieser ausgezeichneten Trilogie von Neal Shusterman lesen würde. Meine Erwartungen waren hoch und ich war fest der Meinung, dass "Vollendet – Der Aufstand" dem ersten Teil niemals das Wasser reichen könnte. So war ich mehr als überrascht, dass auch Teil zwei mich total aus den Latschen gehauen hat und durchweg überzeugen konnte.

Connor, Risa und Lev stellen erneut den Hauptteil der Handlung dar, doch werden dem Leser schon zu Anfang des Buches drei neue Charaktere vorgestellt: Starkey, ein rebellischer Teenager, der als Säugling gestorcht wurde, Miracolina, die wie einst Lev ein Zehntopfer ist und sich nichts sehnlicher wünscht, als ihren Körper Gott zu schenken, und Cam, ein ganz besonderer Junge. Jeder einzelne Charakter macht einen Großteil der Geschichte aus und man kann und will letztlich auf niemanden verzichten. Shusterman hat es erneut geschafft, jedes der Kinder auf interessante und geschickte Art und Weise miteinander zu verknüpfen.

Connor hat sich im Vergleich zu Band 1 deutlich weiterentwickelt. Er war oftmals sehr egoistisch und sein eigenes Leben stand für ihn stets an erster Stelle. Nun ist er 17 Jahre alt und kann nicht mehr umgewandelt werden, doch fühlt er sich den flüchtigen Wandlern gegenüber verpflichtet und bleibt auf dem Flugzeugfriedhof, um ihnen zur Seite zu stehen. Er entwickelt diverse Strategien, um den Kindern ein möglichst schönes Heim zu verschaffen, bis auch sie ihr siebzehntes Lebensjahr vollendet haben. Zudem überlegt er sich, wie sie alle gemeinsam gegen die JuPos vorgehen können, sollten sie jemals angegriffen werden. Connor ist derjenige, zu dem alle aufsehen und ihn verehren, für das was er tut.

Risa ist und bleibt seine Stütze. Ohne sie an seiner Seite hätte Connor schon lange aufgegeben. Sie war stets eine strikte Ablehnerin der Umwandlung und bringt dies immer wieder zum Ausdruck. Nichts wünscht sich das Waisenkind mehr, als eine Hilfe für die anderen zu sein, auch wenn sie sich nur als Last sieht. Doch ihre strikten Ansichten fesseln sie an den Rollstuhl. Für Connor ist Risa allerdings trotz allem seine große Liebe und die beiden verbindet einiges, was ihre Liebe zueinander nur stärker macht. Würde Connor auch ohne Risa die Kraft haben, weiterzumachen wie bisher? Oder würde ihn der Schmerz eines solchen Verlustes auffressen und ihm jeglichen Willen nehmen? Fragen, mit denen Connor sich in diesem zweiten Band auseinandersetzen muss.

Auch Lev spielt selbstverständlich wieder eine zentrale Rolle. Er blieb dem Leser in Erinnerung als das kleine Zehntopfer, das sein Leben lang auf den Tag der Umwandlung vorbereitet wurde. Für ihn gab es kein schöneres Geschenk, als vielen Menschen durch seine Teile das Leben zu retten und seinen Seelenfrieden zu finden. Es waren Connor und Risa, durch die Lev seine Meinung änderte und zu einem Terroristen gegen die Umwandlung wurde. Nun wird er angehimmelt von allen Zehntopfern, die ihn wie eine Gottheit verehren und ihn sich als Vorbild nehmen. Er gibt weise Ratschläge und steht anderen ehemaligen Zehntopfern bei. Doch auch dieses Leben ist für ihn keine Erfüllung.

Jeder der drei uns bekannten Charaktere hat eine bestimmte Rolle, die er in "Vollendet – Der Aufstand" zu erfüllen hat. Doch natürlich stellen sich den Jugendlichen diverse Probleme in den Weg und Gefahren drohen an jeder Straßenecke. Denn jeder kennt das Trio aus den Medien und ihre Teile bringen auf dem Schwarzmarkt am meisten Geld. Die Entwicklungen der drei ist faszinierend und man fiebert wiedermal mit ihnen mit und hofft inständig, dass sich alles noch zum Guten wenden wird, in einer grausamen Zukunft, die man sich so niemals wünschen würde.

Doch auch Starkey, Miracolina und Cam konnten mich als Neulinge weitestgehend überzeugen. Starkey erinnert die Leser zunehmend an Connor aus Band 1. Er ist rebellisch und tut was immer er will. Sein Wohl steht ihm immer an erster Stelle, doch er wünscht sich, den Leuten irgendwann so in Erinnerung zu bleiben, wie Connor. Sein Charakter treibt einen als Leser zur Weißglut. Er ist intrigant, hinterlistig und spielt gemeingefährliche Spiele, die nicht nur ihn sondern auch alle anderen in Gefahr bringen.

Miracolina ist ein mürrisches Mädchen, dem man es einfach nicht Recht machen kann. Sie will umgewandelt werden und hat sich ihr gesamtes Leben auf diesen einen besonderen Tag vorbereitet und gefreut. Das junge Mädchen ist der Meinung, nur dadurch ihr vorherbestimmtes Schicksal erfüllen zu können und möchte ihr Leben nicht in vollen Zügen auskosten und genießen. Von niemandem lässt sie sich in etwas hineinreden und beharrt auf dem, was ihr ihr Leben lang beigebracht wurde. Ihre Art macht sie an einigen Stellen sehr anstrengend und ihre Passagen treiben die Handlung kaum voran.

Zu Camus Comprix, kurz Cam, kann man leider nicht allzu viel verraten, denn das Geheimnis, was ihn umgibt, muss jeder Leser selbst entdecken. Er ist ein ganz besonderer Junge, der im Laufe der Handlung lernt, den Unterschied zwischen Recht und Unrecht zu erkennen. Er ist mein absoluter Liebling und ich habe ihn sehr schnell ins Herz geschlossen, denn ich habe von Anfang an gespürt, dass er einen mehr als weichen Kern hat.

Alle zusammen machen "Vollendet – Der Aufstand" zu einem grandiosen Lesevergnügen der etwas anderen Art. Man kann das Buch einfach nicht zur Seite legen, denn man muss wissen, wie es weitergeht. Ereignisse geschehen Schlag auf Schlag und nur selten gelingt es dem Leser, eine Atempause einzulegen und das eben gelesene zu verarbeiten – so muss es bei guter Unterhaltung sein! Glücklicherweise verfolgen wir nicht nur, wie die Charaktere sich weiterentwickeln und immer reifer und erwachsener werden, sondern ebenso werden einem viele wichtige Details zur Entstehung der Umwandlung erklärt und wir lernen einiges über die Hintergründe, was ebenfalls sehr interessant und geheimnisvoll umgesetzt wird.

Fazit

Wer den ersten Band der Trilogie gelesen hat, dem bleibt auch dieser zweite Teil nicht erspart. Im positiven Sinne. Jeder sollte früher oder später zu Neal Shusterman greifen und sich von einer dramatischen und außerordentlich spannenden Geschichte fesseln lassen.

Sanny Binder - myFanbase
10.10.2013

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