Bewertung
Ellis, Warren

Gun Machine

"Sie, Detective, haben die New Yorker Postadresse des Teufels aufgestöbert, und jetzt ist er umgezogen. Glückwunsch."

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Inhalt

Die beiden New Yorker Cops John Tallow und Jim Rosato werden zu einem heruntergekommenen Mietshaus gerufen, in dem ein Mann seine Nachbarn mit einer Waffe bedroht. Für Rosato endet der Einsatz tödlich. Tallow bleibt jedoch keine Zeit, angemessen um seinen Partner zu trauern und das Erlebte zu verarbeiten, denn er stößt in dem Mietshaus auf eine Wohnung, die komplett mit Waffen dekoriert ist. Jede Waffe wurde für genau einen ungelösten Mord verwendet - und besitzt zudem eine symbolische Verbindung zu dem betreffenden Opfer. Die überlastete Polizei von New York ist Tallow alles andere als dankbar für diese Entdeckung und lässt ihn mit den Ermittlungen alleine. Nur die beiden exzentrischen Forensiker Scarly und Bat unterstützen ihn. Gemeinsam kommen sie unfassbaren Wahrheiten auf die Spur.

Kritik

Im Jahr 2009 hat mir Warren Ellis mit seinem originellen, zynischen und flotten Thriller "Gott schütze Amerika" sehr vergnügliche Lesestunden bereitet. Die vierjährige Wartezeit auf Nachschub war entschieden zu lang, lässt sich aber verzeihen, denn "Gun Machine" knüpft nahtlos an die Qualität von "Gott schütze Amerika" an.

Auch "Gun Machine" ist ein einfallsreicher, harter Thriller voller schwarzem Humor, der genüsslich die Abgründe des amerikanischen Traums erforscht. Die Entdeckung der unheimlichen Waffensammlung durch den Ermittler John Tallow führt zu einem merkwürdigen, unheimlichen Fall, der den Leser sofort fesselt. Dieser Fall verknüpft auf grauenvoll-faszinierende Weise das moderne New York mit der frühen Vergangenheit der Stadt als Lebensraum amerikanischer Ureinwohner, die betrogen und vertrieben wurden.

Warren Ellis zeichnet ein sehr düsteres Bild von New York. Wenn Tallow den Polizeifunk einschaltet, ergießt sich über ihn (und den Leser) eine Kakophonie des Grauens, eine Aneinanderreihung von Meldungen über schreckliche, abstoßende und bizarre Mordfälle bzw. Unfälle. Auch kommt Tallow immer wieder an entsprechenden Tatorten vorbei. Der Waffenliebe der Amerikaner wird ein extrem schauriger Spiegel vorgehalten.

Die New Yorker Polizeiarbeit wird von Ellis ebenfalls in finsterem Licht dargestellt. Aus erfolgreichen Crimeserien sind wir es gewohnt, dass die Polizei und die Forensik perfekt zusammenarbeiten. Das ist in "Gun Machine" anders. Hier sind sich die Polizisten und die Forensiker alles andere als wohlgesonnen und machen daraus auch keinen Hehl. Da Tallow keine Unterstützung von seinen eigenen Kollegen erfährt, sucht er sie sich daher beim "Feind" in der Forensik. Er arbeitet mit dem exzentrischen Duo Scarly und Bat zusammen, das viel zum schwazen Humor beiträgt und von dem man als Leser gar nicht genug bekommen kann.

Tallow selbst ist ein vollkommen desillusionierter Polizist ohne Sozialleben, der durch den Tod seines Partners Rosato seine bessere Hälfte verliert, die Hälfte, die immer vorangegangen ist und einen Draht zu den anderen Kollegen hatte. Es spricht wenig dafür, dass Tallow den Fall, der als unlösbar gilt, aufklären kann, doch gerade weil Tallow eine andere Sicht auf die Dinge hat und quasi auf eigene Faust ermittelt, ohne etwas zu verlieren zu haben, denn er gilt bereits als so gut wie am Ende, stößt er auf Spuren, die ihn langsam voranbringen.

Fazit

Wer gerade im Flugzeug nach New York sitzt, sollte "Gun Machine" eher nicht lesen, alle anderen, die auf harte und zynische Thriller stehen, werden ihre Freude an diesem Roman haben.

Maret Hosemann - myFanbase
08.06.2013

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