Bewertung
Kacvinsky, Katie

Die Rebellion der Maddie Freeman

"Ich kann immer die richtigen Entscheidungen treffen. Jeder Fehler lässt sich mit einem Tastenklick ausradieren."

Foto: Copyright: Bastei Lübbe GmbH & Co. KG
© Bastei Lübbe GmbH & Co. KG

Inhalt

In einer nicht allzu fernen Zukunft in den USA: die 17-jährige Maddie Freeman ist verblüfft, als ihr Lernpartner Justin sich mit ihr zum gemeinsamen lernen verabreden möchte, außerhalb des Chats. Aber warum? Schließlich findet das Leben fast ausschließlich in den eigenen vier Wänden statt. Gelernt wird mittels der Digital School, die von ihrem Vater ins Leben gerufen wurde, digitale Freunde hat sie ebenfalls zu Genüge. Maddies Neugierde ist dennoch geweckt und so trifft sie sich mit dem geheimnisvollen Jungen. Nicht ohne Folgen. Allmählich eröffnet sich Maddie eine ganz neue Welt, die ohne Klicks und Chats auskommt. Gefühle und wahre Freundschaften stehen stattdessen an der Tagesordnung. Bald muss Maddie jedoch eine Entscheidung treffen. Einerseit liebt sie Justin, der ihr gegenüber nur ein guter Freund sein möchte. Andererseits müsste sie ihren Vater verraten. Denn Justin und seine Freunde haben sich zum Ziel gesetzt, die Digital School zu zerstören. Aber will Maddie das auch?

Kritik

Ich stecke ein wenig fest, was meine persönliche Meinung zu diesem Buch betrifft. Einerseits konnte die kleine "Rebellin" Maddie mich (in der Ich-Perspektive) recht gut unterhalten, andererseits hatte ich Besseres erwartet. Schließlich sind Dystopien bzw. Gesellschaftskritiken keine Raritäten mehr. Man findet sie derzeit wie Sterne am Firmament, um es mal übertrieben auszudrücken. Und leider habe ich diesbezüglich schon glanzvollere Gestirne am Buchhimmel aufleuchten sehen. Dagegen verglüht "Die Rebellion der Maddie Freeman" geradezu in der Atmosphäre.

Mein größtes Problem bei diesem Buch ist wohl das Hauptthema bzw. der Hauptkonflikt an sich. Ich hatte zunächst beträchtliche Schwierigkeiten mich in die übertrieben verkabelte Welt der Maddie Freeman einzufinden. Das fing mit Kleinigkeiten an, beispielsweise, dass gleich zu Anfang beschrieben wird, dass aus Mangel keine Bäume mehr gefällt werden dürfen, aber aus Bequemlichkeit auch keine neuen gepflanzt werden. Synthetisch hergestellte Bäume sind ja so viel praktischer und weniger zeitaufwendig. Ja! Da musste ich doch gleich an den Biologieunterricht von damals denken, in dem einem beigebracht wird, dass Pflanzen bzw. Bäume nicht nur schön anzuschauen sind und der Rohstoffverwertung dienen, sondern auch noch einen anderen, wichtigen Nutzen zu erfüllen haben. Eigentlich ein Fall für Greenpeace!

An sich greift Katie Kacvinsky ein interessantes Thema auf, das zeitgemäß ist und in den nächsten Jahren weiteren Diskussionsstoff liefern könnte. Die Technik schreitet immer weiter voran und der Mensch wird mit der Zeit immer abhängiger von den künstlichen Gehirnen, die unseren Arbeitsalltag erleichtern oder einfach nur der Unterhaltung dienen sollen. Fällt der Strom aus, steht man schon mal da wie Ochs vorm Berg.

Allerdings legt Kacvinsky eine gehörige Cyber-Schippe oben drauf. Entsprechend verlassen die Menschen von morgen, in dieser Gesellschaftslovestory, nur sehr selten das Haus, weil es ja dermaßen viel Sicherheit und weniger Probleme bringt. Das nimmt das System jedenfalls an. Und so wird fast nur noch via World Wide Web gelernt, geflirtet und gedatet. Das digitale Leben mutiert zu einer lebensnotwenigen Droge und wer sich ihr widersetzt, muss "umerzogen" werden. Mir erscheint die engstirnige Denkweise der Regierung, die aus tödlichen Ereignissen resultiert, weit hergeholt. Hören Terrorakte und Amokläufe automatisch auf, nur weil sich die Bevölkerung zu Hause verbarrikadiert? Davon bin ich nicht recht überzeugt. Zudem kam es mir manchmal so vor, als würde ich mich in der heutigen Zeit befinden, nur eben ein bisschen besser ausgestattet. Schließlich geht Maddie mal eben in ein belebtes Bistro oder zu einem "Untergrund"-Konzert. Dafür hat sie dann sogar (ganz zufälligerweise) die passenden Ausgehklamotten im Schrank – was man ja auch braucht, wenn man so gut wie nie in seinem Leben das Haus verlassen hat. Genau!

Am besten hat mir hier eigentlich die anbahnende Liebesgeschichte zwischen Maddie und Justin gefallen, der seeeehr viel Platz eingeräumt wird - 80 % der Handlung würde ich fast behaupten. Die zunächst platonische Bindung der beiden wird sehr schön eingefangen und ist sehr süß. Man lernt Maddie und Justin mit der Zeit immer besser kennen und kann ihre Motivationen aus Gegenwart wie Vergangenheit gut nachvollziehen, wenn auch nicht immer. Denn beide verbindet ein Erlebnis aus früheren Tagen, durch das sie jeweils geprägt wurden/etwas gelernt haben.

Dagegen fand ich das Kennenlernen der Liebenden ein wenig nervig. Wieso müssen die männlichen Hauptprotagonisten nur immer aussehen wie angehende Models? Ist es für die weibliche Hauptfigur denn so unwahrscheinlich, sich in einen Durchschnittsbürger zu verlieben, der optisch nicht perfekt zu sein scheint? Einmal mehr gibt es diesen "Liebe auf den ersten Blick"-Moment, der sich rein auf die Optik bezieht und zu übertriebenen Schwärmereien aufruft ... und sich somit nicht weit von anderen Jugendromanen abhebt. Dabei wäre etwas mehr Abwechslung sehr willkommen.

Auch Maddie, die hier die Rebellin darstellt, was während der Liebesgeschichte mitunter etwas verblasst, muss sich nicht verstecken. Äußerlich wie charakterlich hat sie ordentlich was zu bieten. Die Tochter aus gutem Hause sagt, was sie denkt, und das machte sie mir auf Anhieb sympathisch. Trotz dessen kam sie mir gelegentlich ein wenig widersprüchlich vor. So bewundert Justin sie für ihre offenen Worte und Taten, wirft ihr aber in bestimmten Situationen vor, dass sie mit ihrer Meinung oftmals hinter dem Berg hält, was natürlich auf Maddies bisher verkabeltes Leben gemünzt wird. Das Maddie sich dann selbst noch in Frage stellt und ihm dabei immer wieder Recht gibt, war mir sehr suspekt.

Fesseln konnte mich der rebellische Akt der Maddie Freeman eigentlich nie so wirklich, wenngleich Kacvinsky sehr flüssig und bildreich schreibt. Es gibt schon actionreiche Momente und die Lovestory wird (wie erwähnt) ganz nett erzählt, doch fehlte mir zuweilen das gewisse Salz in der Suppe. Insbesondere im letzten Drittel, wenn der Fokus stark auf die Charaktere gelegt wird. Das ist einerseits schön, andererseits leidet darunter die Spannung. Auf den letzten 30 Seiten wird der Schlusskonflikt eher aus dem Ärmel geschüttelt, als dass er wirklich von Nöten gewesen wäre. Ob es da nach mehr Rebellion verlangt? Anscheinend schon, wie es Katie Kacvinsky kürzlich auf ihrer Homepage mitteilte. Demnach wird es definitiv eine Fortsetzung zu "Awaken" (engl. Originaltitel) geben, die für den Herbst 2012 angesetzt ist und etwas düsterer werden soll. Ich bin jetzt zwar nicht restlos begeistert, würde mich aber freuen zu sehen, wie es mit Maddie und Justin weitergehen könnte.

Fazit

"Die Rebellion der Maddie Freeman" ist nicht gerade der hellste Stern am Dystopien-Himmel, bietet dennoch ein kurzweiliges Leseerlebnis der romantischen Art. Was sich zunächst als Gesellschaftskritik präsentiert, entpuppt sich zum Ende hin eher als eine Lovestory, die sich mit aktuellen Themen auseinandersetzt und dabei gelegentlich ein bisschen über das Ziel hinausschießt.

Doreen B. - myFanbase
22.08.2011

Diskussion zu diesem Buch