Bewertung
Winter, Carmen

Der König und die Gärtnerin

Ein zauberhaftes Märchen für Erwachsene, das den Beziehungsalltag in kleinen, bildreichen Geschichten einfängt.

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Inhalt

Als der König, traurig und unzufrieden, in seinem Schlossgarten auf die wunderschöne Gärtnerin trifft, ist er sofort verzaubert von dem, was seine Augen erblicken. Und so lässt er ihr keine andere Wahl: Sie soll ihre Vergangenheit hinter sich lassen und fortan in seinem Schloss hausen – gemeinsam mit ihm. Erst widerwillig fügt sich die Gärtnerin ihrem König und während die beiden einander kennenlernen, entsteht eine innige Liebe, die bald in der Alltäglichkeit des Lebens und mittels süßer Verlockungen zu ersticken droht.

Kritik

Märchen sind zeitlos. Bereits im Kindesalter begeistern sie uns, diese fabelhaften Geschichten über bitterböse Stiefmütter und tapfere Burschen, die ausziehen, um das Glück zu suchen oder das Fräulein in Nöten aus einem hohen Turme zu befreien. Spannend und liebevoll werden sie erzählt, oftmals mit einer kleinen Botschaft im Gepäck. Magisch und unvergesslich!

Mittlerweile kennen wir jedoch so gut wie alle Märchen, die uns während unserer Kindheit begleiteten. Gelegentlich dürfen wir uns sogar mit neuen Interpretationen dieser unsterblichen Erzählungen begnügen, in Film wie in der Literatur. Manchmal gut, manchmal schlecht umgesetzt. Da ist es doch umso erfrischender, dass Autorinnen wie Carmen Winter es sich nicht nehmen lassen, sich eigene kleine Geschichten auszudenken, für ein etwas lebenserfahreneres Publikum. Scharfsinnig und lebhaft zu Papier gebracht.

Ich bin positiv überrascht! Nicht nur optisch gesehen ist dieses Büchlein auf seine Art bezaubernd, auch inhaltlich darf man sich verzücken lassen. In 21 kurzen Kapiteln erlebt der Leser eine metaphorische Reise durch die angenehmen, aber auch heimtückischen Seiten der Liebe. Erzählt wird die beeindruckende Geschichte zweier ungleicher Seelen, die einander zaghaft lieben und vertrauen lernen. Geschmückt mit wunderschönen Worten und Lebensweisheiten, in denen es sich zu versinken lohnt - die eindeutige Stärke des Buches. Die Kraft liegt hier definitiv in der bildreichen Sprache, die fortwährend den richtigen Ton trifft und den Leser langsam zu verzaubern vermag. Wirklich spannende Höhepunkte sucht man hier zwar vergebens, dafür wird es lehrreich, gefühlvoll und sehr poetisch.

Dass es sich bei "Der König und die Gärtnerin" um eine märchenhafte Erzählung handelt, wird sofort deutlich, sobald man die erste Seite aufschlägt. Kleine Überschriften fassen kurz zusammen, was einen auf den folgenden Seiten des jeweiligen Kapitels erwartet. Zudem werden König und Gärtnerin stets versinnbildlicht. Während der König den Wohlstand und die Unzufriedenheit vermittelt, ist die Gärtnerin die Bescheidenheit und Herzlichkeit in Person. Aus Pflichtgefühl lässt sie ihre Vergangenheit hinter sich und gibt sich ganz ihrem neuen Leben am Hofe hin. Der König hingegen ist stets gelangweilt von seinen Pflichten und auf der Suche nach persönlicher Freiheit. Während SIE sich aufopfert, badet ER im Selbstmitleid. Viel haben sie voneinander zu lernen und das tun sie auch.

Der Leser lernt die beiden, sowie auch alle anderen Charaktere (Hofpoetin, Hofmaler etc.), unter keinem richtigen Namen kennen. Dennoch ist es eine Leichtigkeit in diese etwas andere Liebesgeschichte einzutauchen. Es darf geschmunzelt und mit der Stirn gerunzelt werden, wenn der traurige König und die demütige Gärtnerin sich zum ersten Mal begegnen. Es ist faszinierend mitzuerleben, wie diese beiden Persönlichkeiten miteinander umgehen und wie aus einer spontanen Romanze ganz langsam eine innige Zuneigung entsteht, die über Jahre andauert. Der gemeinsame Weg vom König und seiner Gärtnerin ist allerdings gepflastert mit spitzen Steinen, die sie sich zuweilen selbst in den Weg legen - wie es im wahren Leben mitunter nicht anders ist. Und so wird geliebt, gestritten, verletzt und wieder versöhnt.

In jedem Kapitel lernt man das Leben und die Liebe neu zu schätzen. Ob es nun darum geht, um seine Liebe zu kämpfen, oder zu lernen, dass auch hinter der kleinsten Geste ein großes Geschenk stecken kann ... oder wie wichtig es ist, sich seinem Gegenüber zu öffnen und etwas von sich selbst zu geben, um dem wahrhaftigen Glück Eintritt zu gewähren. Gerade solche "märchenhaften" Veranschaulichungen haben mir besonders gut gefallen. Auf knapp 140 Seiten schafft Carmen Winter, was anderen Autoren oftmals auf über 300 Seiten nicht gelingt: trotz der Kürze erschafft sie eine gewisse Nähe zu den Hauptprotagonisten. Man erfährt etwas aus ihrer Vergangenheit, Gegenwart sowie Zukunft und hat, dank des allwissenden Erzählers, einen guten Überblick über deren Innenleben. Entsprechend legte ich die gelesene Lektüre mit einem zufriedenen und zugleich nachdenklichen Gefühl beiseite.

Fazit

"Der König und die Gärtnerin" ist eine kleine Schatzkiste voller sprachlicher Goldstücke und wertvoller Weisheiten über die guten sowie schlechten Zeiten im Leben und in der Liebe – die perfekte Lektüre für einen nachdenklichen wie märchenhaften Leseabend. Kurz und dennoch eindringlich!

Doreen B. - myFanbase
03.08.2011

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