Bewertung
Clarke, Stephen

Eine kurze Geschichte der Zukunft

Wer war noch mal James Tiberius Kirk?

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Inhalt

In einem New Yorker Geschenkladen macht der Brite Richie Fisher eine unglaubliche Entdeckung: die aus "Star Trek" bekannten Transporter sind Realität geworden! Zwar ist momentan nur das Beamen kleinerer Gegenstände möglich und gewisse Macken hat der Apparat auch noch, dennoch ist Richie als Sci-Fi-Fan natürlich aus dem Häuschen und nimmt den Transporter mit in die englische Heimat. Unglücklicherweise ist auch Richies Bruder, der Kleinganove Martin, sofort Feuer und Flamme für die neue Erfindung und wendet sich an den örtlichen Verbrecherboss. Derweil begibt sich Max Blender, der Mann, der hinter der Entwicklung des Transporters steht, mit seinen Wissenschaftlern ebenfalls nach England, um seine Pläne weiter zu verfolgen – und weder der US-Präsident noch die Premierministerin wissen, wie diese Pläne wirklich aussehen.

Kritik

Nicht nur die reale Technik prägt das Leben und Denken der Menschen, auch Geräte, die nie gebaut wurden und es vermutlich auch niemals werden, können große kulturelle Bedeutung erlangen. Man denke nur einmal an die Zeitmaschine. Jeder kann mit diesem Begriff etwas anfangen, obwohl es eine Zeitmaschine natürlich nie wirklich gegeben hat. Ein besonders großes Inventar an weltberühmten Apparaturen, die nicht existieren und doch Eingang in die Geschichte gefunden haben, verdanken wir dem "Star Trek"-Franchise: Warp-Antrieb, Holodecks, Photonen-Torpedos und natürlich die Transporter. Mich persönlich haben ja schon immer die Holodecks fasziniert, aber die Transportertechnik ist auch nicht ohne Reiz. In Sekundenbruchteilen von einem Ort zum anderen zu gelangen, ganz ohne Stress, hohe Kosten und Thrombose, hat schließlich einiges für sich.

In "Eine kurze Geschichte der Zukunft" erleben wir allerdings nicht, wie die Menschen von heute plötzlich durch die Gegend gebeamt werden, auch wenn ich das offen gestanden erwartet hatte. Stephen Clarke erzählt die satirische Geschichte einer Technologie, die durch das Fernsehen seit Jahrzehnten in den Köpfen der Menschen präsent ist und die daher bestimmte Assoziationen und Hoffnungen weckt, die aber in der Realität noch in den Kinderschuhen steckt und ganz am Anfang eines langen Prozesses steht, dessen Ausgang nicht absehbar ist. Der kluge Kopf hinter dem Transporter-Projekt, Max Blender, ist ein undurchsichtiger US-Amerikaner, der seine Erfindung ins Fadenkreuz von Politik, Medien und Militär rückt und dabei seine ganz eigenen Ziele verfolgt. Der britische Familienvater Richie stolpert nur zufällig in die Angelegenheit und verkörpert den einfachen Mann von der Straße, der in den Besitz einer noch unausgereiften, aber potentiell revolutionären Erfindung gerät. Er weiß nicht, was er eigentlich mit dem Gerät machen soll, und ehe er sich versieht, zieht er Personen und Situationen an, auf die er gut verzichten könnte. Ungefähr so, als würde ein Mensch aus dem 18. Jahrhundert irgendwie an eine frühe Version des iPod kommen.

"Eine kurze Geschichte der Zukunft" befasst sich aber nicht nur mit dem Verhältnis zwischen realer Wissenschaft und fiktiver Wissenschaft, sondern ist auch eine Satire über das Verhältnis zwischen Amerikanern und Briten. Die amerikanischen Wissenschaftler um Max Blender fallen mit ihrer neuen Technologie im Gepräck praktisch in England ein und benutzen den europäischen Staat als Testgelände. Auch der US-Präsident reist hochoffiziell an, hat in Wahrheit jedoch absolut keine Ahnung.

Über weite Strecken war es sehr amüsant, "Eine kurze Geschichte der Zukunft" zu lesen. Dabei haben mir die Ereignisse auf der großen Bühne, also jene Geschehnisse um die Wissenschaftler und Politiker, besser gefallen, da hier viele Seitenhiebe auf die britisch-amerikanischen Beziehungen, auf die Unterschiede zwischen beiden Nationen und auf die herrschenden Vorurteile zwischen Amerikanern und Briten voll ins Schwarze treffen. Auch Richie hat seine starken Momente, allerdings störte mich bei diesem Charakter mit der Zeit immer mehr, dass er sich wirklich alles von seinem Bruder Martin gefallen lässt. Martin zeigt überhaupt keine Skrupel, Richies Existenz ständig aufs Neue zu gefährden, so dass Richies Nachsicht mit der Zeit sehr frustrierend wirkt. Überdies trifft Richie einige Entscheidungen, die etwas albern sind und den Eindruck von ihm leicht trüben.

Fazit

Mit "Eine kurze Geschichte der Zukunft" ist Stephen Clarke eine durchaus amüsante, aber nicht herausragende Satire gelungen. Die Charakterzeichnung hätte überzeugender ausfallen dürfen.

Maret Hosemann - myFanbase
19.05.2011

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