Bewertung
von Wolff, Steffi

Die Knebel von Mavelon

"Ich finde die Pest zum Kotzen."

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Inhalt

Im Jahr 1534 lebt die 17-Jährige Lilian Knebel im Ort Münzenberg in der Gemarkung Mavelon. Dank der überstrengen, erbarmungslosen Gesetze von Kirche und Adel sind Hinrichtungen an der Tagesordnung, was vor allem dem Scharfrichter Bertram so richtig an die Nieren geht, kann er doch kein Blut sehen. Als Lilian und ihre mütterliche Freundin Cäcilie durch Zufall die Anti-Baby-Pille erfinden, werden sie sogleich der Hexerei bezichtigt und sollen auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Nachdem Bertram ihnen zur Flucht verholfen hat, beginnt eine turbulente Reise durch Deutschland, in deren Verlauf sich die kleine Gemeinschaft um immer mehr ungewöhnliche Zeitgenossen erweitert.

Kritik

Eine satirische Auseinandersetzung mit dem 16. Jahrhundert verdient sich von vornherein die Bezeichnung "Schwarze Komödie", im wörtlichen und im übertragenen Sinne: Hexenverfolgung, Pest (heute auch bekannt als "Schwarzer Tod"), Kriege, Sklaverei und zu allem Überfluss die Erfindung des Schießpulvers (bestehend aus Schwarzpulver), das die Welt auch nicht unbedingt besser gemacht hat. Tatsächlich beginnt "Die Knebel von Mavelon" recht vielversprechend und zeigt die Absurdität einer dörflichen Gemeinschaft, die an Hinrichtungen gewöhnt ist und sich den Launen des degenerierten Adels und der paranoiden Kirche beugen muss.

Mit der Flucht Lilians aus ihrem Dorf bricht die Qualität des Romans jedoch augenblicklich ein. Die Handlung verkommt zu einem schlaffen Mix aus Historie und Mythen. Die Autorin Steffi von Wolff schmeißt zahlreiche reale und fiktive Personen hinein, die irgendwie vage in die Zeit passen: Martin Luther, Paracelsus, Robin Hood, Ahab und Moby Dick, Anne Boleyn, Heinrich VIII., Christoph Kolumbus (der 1534 eigentlich schon nicht mehr gelebt hat), Kunta Kinte und Klaus Störtebeker. Das wirkt überfrachtet und an vielen Stellen einfach nur albern. Den Witzen, die diese Charaktere umgeben, mangelt es komplett an Originalität und Biss. Bei Robin Hood und Anne Boleyn sollen wir beispielsweise über gebrochenes Deutsch lachen, was nun wirklich die simpelste Art von Humor ist.

Dass die Charaktere eines Nachts betrunken herumtanzen und dabei mal eben die Polonaise erfinden, entlockt auch nur ein Augenrollen, genau wie die befreiten Sklaven, die wie Figuren aus dem "Dschungelbuch" heißen und natürlich sogleich "Probiers mal mit Gemütlichkeit" anstimmen. Wenn dann zwischendrin einer der Protagonisten auf dem Weg nach Hameln eine Flöte erhält, weiß der Leser sofort, was gebacken ist, und würde den Teil am liebsten überspringen. Hätte die Reise auch noch durch Bremen geführt, wären wir bestimmt alle tierisch überrascht worden. Mindestens die Hälfte des Humors zielt unter die Gürtellinie, was in dieser Häufigkeit doch schnell plump wirkt.

Mein größtes Problem mit diesem Roman ist wohl, dass ich beim Lesen immer wieder das Gefühl hatte, dass ich mir die meisten der Witze und Ereignisse auch selbst hätte ausdenken können, weil sie einfach so simpel und vorhersehbar sind. Da ist Steffi von Wolffs "Saugfest" schon eher zu empfehlen.

Fazit

Zu viele Figuren, die keine wirklich sinnvolle Kombination ergeben (eine Geschichte mit Martin Luther und Moby Dick?!), und vor allem die größtenteils einfallslosen, stumpfen Witze lassen "Die Knebel von Mavelon" nach einem recht guten Beginn deutlich abstürzen.

Maret Hosemann - myFanbase
21.12.2010

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