Bewertung
Profijt, Jutta

Kühlfach zu vermieten

"Das Leben als Leiche ist kein Zuckerschlecken."

Foto: Copyright: dtv
© dtv

Inhalt

Über Köln liegt eine brütende Hitze, die immer wieder Todesopfer fordert. Ausgerechnet jetzt herrscht im Institut für Rechtsmedizin wegen eines Umbaus stressiges Chaos, das durch den neuen, kapitalistischen Chef noch verstärkt wird. In der Leichenhalle ist plötzlich niemand mehr sicher, weder die Lebenden noch die Toten. Gerichtsmediziner werden niedergeschlagen, Leichen verschwinden oder werden verstümmelt. Der sechs Monate zuvor verstorbene Kleinganove Pascha, der noch immer nicht den Weg ins Jenseits gefunden hat und als Geist umherschwirrt, will mit der Sache nichts zu tun haben, hat er sich doch gerade in die Medizinstudentin Irina verliebt. Doch als der Gerichtsmediziner Dr. Martin Gänsewein, der einzige Mensch, mit dem Pascha kommunizieren kann, in Schwierigkeiten gerät, nimmt der Geist mit der großen Klappe doch die Ermittlungen auf.

Kritik

Im "Kühlfach 4" fing es an und "Im Kühlfach nebenan" ging es weiter. Nun heißt es für den Geist Pascha und seinen einzigen Gesprächspartner Martin sogar "Kühlfach zu vermieten". Philip G. Forch, der neue Chef des Kölner Instituts für Rechtsmedizin, versteht von Wissenschaft nicht das Geringste, dafür aber umso mehr von Geld. In seiner Bereitschaft, sogar aus toten Körpern noch so viele Euros wie möglich rauszuquetschen, vermietet er Kühlfächer an "private Leichen" von überlasteten Beerdigungsunternehmen. Was lernen wir daraus? Nicht nur, dass Geld nicht stinkt, es stirbt auch nicht.

Der gute Herr Forch ist so eine Art moderne Horrorfigur, die kapitalistische Antwort auf Nosferatu und Freddy Krueger. Mit seiner Finanzpolitik bringt er die Wissenschaftler des Instituts, die es nicht gerade gewohnt sind, Gewinn orientiert zu arbeiten, an den Rand des Nevenzusammenbruchs. Das kann der Leser sehr gut nachempfinden. Im Ganzen ist die Atmosphäre dieses dritten Teils spannungsgeladener und - im wahrsten Sinne des Wortes - hitziger, als es in den ersten beiden Bänden der Fall war. Im sommerlich-heißen Köln tun sich mit zahlreichen Todesfällen, mit Leichenraub und mit Leichenschändung gleich mehrere Krisenherde auf, deren Zusammenhänge nicht sofort durchschaubar sind. Die Hauptfiguren kommen diesmal ordentlich ins Schwitzen.

Unser Geisterfreund Pascha erzählt die Geschichte auf seine gewohnt schnoddrige Art, die gut zu unterhalten weiß. Gleichzeitig kommen aber auch die tragischen Untertöne besser zur Geltung. Nach sechs Monaten zwischen den Welten kämpft Pascha, der so jung gestorben ist, immer öfter mit Einsamkeit, zumal sich sein einziger Freund Martin gerne ein normales Leben mit seiner Freundin aufbauen würde. Martin und Pascha tragen einige Konflikte aus und setzen Druckmittel ein, um den jeweils anderen zu manipulieren, was natürlich eine schräge Situation zwischen einem Lebenden und einem Geist ist. Pascha mag tot sein, aber er hat immer noch Sehnsüchte, stellt Forderungen und zeigt Karriereambitionen.

Jutta Profijt beweist am Ende von "Kühlfach zu vermieten" zudem noch Sinn für Selbstironie und baut sich höchstpersönlich in die Handlung mit ein. Warum auch nicht?

Fazit

Das dritte Abenteuer von Geist Pascha und Gerichtsmediziner Martin ist ausgereifter (und etwas umfangreicher) als die ersten beiden Teile, aber gewohnt unterhaltsam.

Maret Hosemann - myFanbase
23.11.2010

Diskussion zu diesem Buch