Bewertung
Palahniuk, Chuck

Das Kainsmal

Von einem, der auszog das Fürchten zu lernen.

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Inhalt

Durch seine Liebe zur Gefahr wird Buster "Rant" Casey zur Legende. Schon als Kind lässt er sich von Spinnen, Schlangen und Skorpionen vergiften. Als Erwachsener wird er Teil der Party-Crash-Szene, in der sich Autofahrer gegenseitig jagen und absichtlich in Unfälle verwickeln. Rant bringt Tod und Verderben – und gewinnt die Bewunderung einer ganzen, kaputten Generation.

Kritik

Der gesamte Roman ist im Stil der Oral History gehalten. Dies bedeutet nichts anderes, als das die Handlung komplett aus Aussagen verschiedener Personen zusammengestrickt ist. Rants Freunde, Feinde, Fans und Verwandte, sowie Ärzte, Polizisten, Anthropologen, Theologen und andere Experten, erzählen von Rant und der Welt, in der er lebt(e). Rund 60 Personen äußern sich schonungslos, verwickeln sich in Widersprüche, inszenieren sich selbst und zeichnen dem Leser ein Bild, das sich mehrfach verändert.

Zunächst scheint es, als würde "Das Kainsmal" in der uns vertrauten Gegenwart spielen, doch nach und nach enthüllen uns die Ausführungen der Personen eine zukünftige Welt, in der die Menschen nicht mehr fernsehen und lesen, sondern über einen Port in ihrem Nacken aufgezeichnete Erlebnisse und Sinneseindrücke nachempfinden – zum Beispiel eine Zugfahrt durch malerische Landschaften, eine Bergtour oder einen Flug im Heißluftballon. Weiterhin ist die Gesellschaft in Tag – und Nachtgänger aufgeteilt, so dass die eine Hälfte der Menschen nur am Tag und die andere Hälfte ausschließlich in der Nacht aktiv sein darf. Offiziell dient dies dazu, dass Verkehrsaufkommen zu minimieren, doch es ist unschwer zu erkennen, dass hier eine Klassentrennung bewirkt wird. Die Armut wird in die Nacht verschoben, damit die Reichen sie nicht mehr sehen müssen. In all diesen Unterschieden finden sich zugleich viele Parallelen zu unserer Welt. Die nicht näher bestimmte Zukunft in "Das Kainsmal" ist ein Zerrspiegel der gegenwärtigen Realität.

Es gibt eine Reihe von erstaunlichen Wendungen, die der Leser akzeptieren kann, aber nicht muss. Die erzählenden Personen widersprechen sich selbst und gegenseitig, zweifeln zuweilen an ihren eigenen Eindrücken oder haben Hintergedanken. So wie es nun einmal ist, wenn unzählige Zeugen verschiedenster Art im Nachhinein eine Geschichte erzählen. Die Wahrheit verschmilzt mit Wunschdenken, Trauer, Ängsten, Hoffnungen, Lügen und Unkenntnis. So entstehen Legenden.

Fazit

"Das Kainsmal" ist ein außergewöhnlicher Roman, der zu faszinieren und zu unterhalten weiß. Viele Bücher dieses Stils würde ich nicht lesen wollen, doch Chuck Palahniuks Werk hat seinen Reiz.

Maret Hosemann - myFanbase
12.12.2009

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