Bewertung
Prüfer, Benjamin

Wohin du auch gehst

It's packed from midnight and the music can be great.

Foto: Copyright: S. Fischer Verlag GmbH
© S. Fischer Verlag GmbH

Inhalt

Es ist drei Uhr nachts in einer Disco in Kambotscha, als der damals 23-jährige Benjamin Prüfer Steykeo kennen lernt. Erst am nächsten Morgen geht ihm auf, dass sie als Prostituierte arbeitet. Und doch zieht ihn irgendetwas an ihr an. Er bleibt bei ihr und verbringt vier Wochen mit ihr bei ihrer Familie. Die Beziehung wird ernster und als Benjamin wieder nach Hause fliegt ist er verliebt, ebenso wie Steykeo. Doch mit ihr stimmt etwas nicht, sie wird immer wieder krank und erholt sich nur schwer. Als er eines Tages eine E-Mail von ihr aufmacht, versteht er und sein Leben ändert sich schlagartig. In einem Wort steht dort nur "POSITIV". Für Benjamin ist diese Nachricht ein Schock. Doch soll er sich jetzt einfach aus dem Staub machen, wie es ihm so viele geraten haben? So viel ist ihm klar: wenn er sich nicht darum kümmert, wird Seykeo innerhalb kürzester Zeit ihrer Krankheit erliegen. Also tut Benjamin was für ihn das Richtige ist – gegen den Rat aller. Er steht zu Seykeo. Mit der Hilfe einiger Helfer schafft er es für Seykeo Medikamente zu ordern und dafür zu sorgen, dass sie täglich welche hat. Er reist weiterhin immer wieder zu ihr und bald schon ist klar, dass die Liebe der beiden stärker ist als der Virus.

Kritik

Wenn man hierzulande davon hört, dass ein Deutscher mit einer asiatische Frau, noch dazu einer Ex-Prostituierten, zusammen ist, bleibt automatisch ein Bild im Kopf hängen: ein Mann, der keine Deutsche abbekommen hat, geht nach Asien und kauft sich eine Frau. Bei Benjamin Prüfer jedoch war es anders. Er ging nach Asien, um sich zu finden, und fand schließlich die Liebe seines Lebens. Nach vier Wochen intensiver Beziehung kam er zurück nach Deutschland und wurde gleich mit den Vorurteilen konfrontiert, die ihn auch Jahre später noch verfolgen werden. Doch trotz des Gegenwindes kämpft er für sich und Seykeo. Auch als diese die Diagnose HIV bekommt. Er wurde einmal gefragt, ob er mit Seykeo auch noch zusammen wäre, wenn diese nicht HIV hätte. Und obwohl die Diagnose zu Beginn fast zu einer Trennung geführt hätte, so ist ihm doch klar, dass er nur so Verantwortung übernehmen konnte und die Beziehung der Beiden noch intensiver wurde.

Eigentlich hatte Benjamin über all die Zeit nicht unbedingt vor, mit seiner Liebe und seiner Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen. Doch seine Liebe, die teuren Medikamente und die Flüge nach Kambodscha stürzen ihn in Geldprobleme. Da kam der Auftrag des Magazins Neon, dessen Redakteur ein Freund seines Bruders war, wie gerufen. Bejamin schreibt über sich und Seykeo und löste damit ein Medieninteresse aus, das kaum einer erwartete hatte. Für seinen Artikel erhielt er unter anderem den Medienpreis der AIDS-Stiftung und weitere Auszeichnungen. Auch das Fernsehen wurde auf ihn aufmerksam und so war die Geschichte von Benjamin und Seykeo in vieler Munde. Man fragte sich, wie man selbst reagiert hätte und ob es Mut oder Leichtsinn war, was Benjamin tat. Und obwohl die Diskussion darüber wohl nie ganz vorbei sein wird und Benjamin und Seykeo auch in Deutschland mit vielen Vorurteilen leben müssen, so ist dieses Buch doch ein Zeichen für Toleranz.

Auf ehrliche, mutige und zärtliche Weise erzählt Benjamin die Geschichte seiner Liebe, ohne unangenehme Einzelheiten herauszunehmen, ohne seine Fehler zu kaschieren und ohne sich als Übermenschen darzustellen. Knapp 330 Seiten voller Liebe, Verwirrung und Verantwortung. Dabei ist Benjamin vor allem eines, nämlich realistisch. Er weiß, worauf er sich mit der Beziehung einlässt und hat doch keine andere Wahl. Liebe und Verantwortung gehören für ihn zusammen und die Beziehung zu beenden, nur weil sie schwieriger sein wird als gedacht, kommt für ihn nicht in Frage. Nein, so ein Mensch ist Benjamin nicht. Aber nicht nur seine Liebe zu Seykeo findet in dem Buch Platz, auch ihr Land, ihre Familie und die Lebensumstände, in denen sie aufwuchs, beschreibt er genau. Auch um verständlich zu machen, warum sie zu dem Menschen wurde, den er kennen gelernt hatte.

Dank des Neon-Artikels wurde auch die Medienwelt auf Benjamins Geschichte aufmerksam und im Januar 2010 wird ein Kinofilm mit David Kross in der Rolle des jungen Backpackers die Geschichte dieser Liebe noch ein bisschen bekannter machen. Auch er wird zu Diskussionen führen und doch wird er auch wieder für Toleranz sorgen.

Fazit

Im letzten Absatz des Buches heißt es "Wir brauchen eurer Mitleid nicht, uns geht es gut. Vielen Dank". Genau dies vermittelt auch das gesamte Buch. Offen und ehrlich erzählt Benjamin seine und Seykeos Geschichte, ohne sie auszuschmücken oder auf die Tränendrüse zu drücken. Sie bewegt, ohne Frage, aber gerade die Tatsache, dass Benjamin realistisch genug ist, die Situation einzuschätzen und dem Leser an seinen Gedanken teilhaben lässt, macht seine Gründe nur verständlicher.

Eva Klose - myFanbase
09.10.2009

Diskussion zu diesem Buch