Bewertung
Murail, Marie-Aude

Simpel

"Hallo, ja bitte, nein danke? Guten Tag, wie geht’s? Danke gut, schönes Wetter, nicht wahr, auf Wiedersehen!"

Foto: Copyright: S. Fischer Verlag GmbH
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Inhalt

Simpel ist ein bisschen anders als die anderen Jungs seines Alters. Mental ist er auf der Stufe eines dreijährigen; an guten Tagen auf der Stufe eines dreieinhalbjährigen; und trotzdem ist er zweiundzwanzig Jahre alt. Seine "Kindheit", was sich aufgrund seines mentalen Alters widerspricht, verbrachte er in einem schrecklichen Irrenheim, genannt "Malicroix". Von dort holte ihn schließlich sein Bruder ab, Colbert, der sich dazu entschloss, Simpel alleine aufzuziehen und auf ihn aufzupassen. Doch Colbert ist siebzehn und geht noch zur Schule. Und jetzt suchen die beiden eine Wohnung. Die finden sie auch in einer netten WG, doch Simpel wird nicht von Anfang an akzeptiert. Aber irgendwie schafft er es, die Leben jedes einzelnen Mitbewohners aufs Gehörigste umzukrempeln.

Kritik

Wenige Jugendbücher beschäftigen sich intensiv mit Behinderungen und Autismus. Aber dieser Roman wurde gleich mit mehreren Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Jugendliteratur Preis. Was macht dieses Buch also so besonders? Zuerst ist bestimmt der Schreibstil zu beachten. Dieser ist lockerleicht und einfach von der Hand geschrieben. Bestimmt so leicht, wie Simpels Leben. In seinen Augen. Aber diese Einfachheit täuscht über das Thema hinweg, das äußerst ernst zu nehmen ist. Eindringlich wird dargestellt, wie wenig geistig behinderte Menschen, die ja im Allgemeinen absolut ungefährlich sind, akzeptiert werden. Es ist auch absolut nachvollziehbar, das es nicht besonders leicht ist, einen behinderten Menschen in einer Wohngemeinschaft zu akzeptieren. Deswegen stößt Simpel auch erst einmal auf Ablehnung. Und erst recht schwer ist es hier für Colbert. Sein Bruder ist fünf Jahre älter, eigentlich müsste das mit dem Aufpassen anders herum ablaufen. Oft wird hier aufgezeigt, wie peinlich es für Colbert sein kann, so sehr er seinen Bruder auch gern hat. Außerdem ist Colbert noch dabei, seine erste große Liebe zu finden, und fühlt sich damit ziemlich alleine gelassen, will er doch nicht von seinem Bruder erzählen, der sich selbst liebevoll "Idiot" nennt.

Wäre da nicht Monsieur Hasehase, wäre alles noch relativ unkompliziert. Aber mit ihm entsteht nur noch mehr Orientierungslosigkeit. Monsieur Hasehase ist der kleine Begleiter Simpels, ein brauner Stoffhase, der Simpel zu allem möglichen Unsinn anstiftet. Dank ihm ist auch jedes elektronische Telefon unsicher, in welchem laut Hasehase "Mänzel" stecken. Ist ja klar, sonst würde keiner aus einem Telefon reden.

Wie man sieht, ist Chaos vorprogrammiert. Und es lässt sich alles gut nachverfolgen. Das Thema wird sehr ausgewogen präsentiert, so befindet sich neben genug Späßchen auch ausreichend viel Ernst. Jede Handlung von allen Charakteren ist gut nachvollziehbar, weswegen eine gewisse Realität entsteht. Meist aber erinnert der Plot etwas an "Bobby Brederlow"; wer ihn nicht kennt ist hier klar im Vorteil; und insgesamt fehlt es der Handlung auch etwas an Pfeffer, obwohl es viel zu erzählen gibt. Im Gesamten ist es aber ein sehr zufriedenstellendes Buch, das mit seiner Einfachheit besticht und zum Reden anregt.

Fazit

"Simpel" ist ein lebenskluges, warmherziges Buch, das einem die Augen zur Welt der Behinderung öffnet, aber an einigen Stellen etwas langweilig und vorhersehbar wirkt.

Tom Hauser - myFanbase
21.02.2009

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