Bewertung
Hugo, Victor

Der Glöckner von Notre Dame

Paris im 15. Jahrhundert

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Inhalt

Die schöne Zigeunerin Esmeralda kommt in die Stadt, das Anliegen ist vorerst unbekannt. Doch sie wird beobachtet. Von dem Pfarrer der eindrucksvollen Kirche, aber ganz besonders auch von seinem mehr oder weniger adoptierten Gehilfen Quasimodo, dem buckligen, tauben und verkrüppelten Glöckner des Doms. Natürlich kommt es zu Begegnungen zwischen den beiden und eine interessante Handlung aus Liebe, Hass, Wahnsinn und Treue entwickelt sich.

Kritik

Erst einmal vorneweg: Dieses Buch hat nicht das Geringste mit dem Disney Film zu tun. Hier wird keine heile Welt gezeigt, keine großartige Liebe, die alles übersteht. Nein, Victor Hugo zeigt alles genauso, wie es ist. Zu Beginn steht eine Legende, eine Inschrift, die es zu entschlüsseln gilt. Und während der Leser versucht, dies zu tun, taucht er in die Geschichte ein.

Victor Hugo ist ein Meister der Beschreibungen. Der Autor Marcel Proust hatte dies schon in seinem Essay Tage des Lesens gelobt, jetzt kann man es am eigenen Leib erfahren. Die Schilderungen von Paris, und ganz besonders von Notre Dame, sind dermaßen lebendig und anschaulich, dass man sich fühlt, als wäre man tatsächlich in genau diesem Moment dort. Man möchte am liebsten losreisen, um wie ein Zuschauer neben den Ereignissen zu stehen. Diese Beschreibung erstreckt sich nicht nur auf leblose Dinge, auch die Personen werden einem nahe gebracht. Ich rechne es ihm hoch an, dass er auf unnötige Beschreibungen verzichtet, wenn Personen also das Gleiche anhaben, aber zu unterschiedlichen Zeiten auftauchen, so verzichtet er auf eine erneute Musterung und verweist stattdessen auf die erste Person.

Was ich jedoch zu kritisieren habe, ist die Tatsache, dass die Hauptpersonen, ganz besonders Quasimodo, erst relativ spät auftauchen. Gut, ich bin mit gewissen Erwartungen an diese Geschichte heran gegangen, aber dass er erst so spät auftaucht, hätte ich nicht gedacht. Stattdessen wird am Anfang direkt mit Namen von allen möglichen Leuten um sich geschmissen und man hat bis zuletzt keine Ahnung, ob diese Leute für die Handlung nun wichtig sind oder nicht, denn teilweise tauchen sie über hunderte von Seiten hinweg gar nicht auf. Von Esmeralda und ihrer unglücklichen Geschichte, die sehr mitreißend ist, erfährt man viel, von der männlichen Hauptfigur jedoch fast gar nichts. Es gibt am Ende auch kein Schlusswort, dass nochmal zusammenfassend die Geschichte aufklärt, die Verknüpfungen muss der Leser selber finden. Doch das Ende ist nichtsdestotrotz sehr mitreißend und gefühlsbetont, wie auch schon andere Stellen in diesem Werk.

Die Sprache ist am Anfang gewöhnungsbedürftig, es ist nun mal ein älteres Buch (1831 veröffentlicht) und den Verhältnissen der damaligen Zeit angepasst. Doch es ist wie bei Shakespeare. Man gewöhnt sich so sehr daran, dass man genauso zu sprechen anfängt.

Fazit

"Der Glöckner von Notre Dame" ist für jeden ein Muss, der die Wahrheit hinter dem Disney Film herausfinden will. Er ist nicht die Romanze, die man erwartet, aber auf jeden Fall eine Geschichte, die es zu lesen lohnt. Man darf sich nur nicht darauf versteifen, hinterher alles über die Hauptfiguren wissen zu wollen.

Sara Loreen Brandt - myFanbase
14.09.2008

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