Bewertung
McCarthy, Cormac

Die Straße

Ein verbranntes Amerika. Ein Vater und ein Sohn auf einer aussichtslosen Reise. Und in der Dunkelheit ein Funken Hoffnung. Mehr braucht es nicht für einen Weltklasseroman.

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Inhalt

Die USA sind durch eine Katastrophe unbestimmter Art komplett zerstört und fast menschenleer. Niemand weiß, was genau passiert ist, aber die Zivilisation, so wie wir sie noch heute kennen, ist nur noch eine Erinnerung in der Gedankenwelt der Älteren.

In dieser kalten, rauen, von Staub bedeckten Welt wandert ein namenloser Mann mit seinem Sohn. Sie wollen zur Küste, ohne wirklich zu wissen, was sie dort erwartet oder was sie dort erhoffen. Das eigentliche Ziel ist der Weg – denn Stillstand führt in dieser Wirklichkeit zum Tod. Auf den langen Straßen warten zahlreiche Bewährungsproben: Die Flucht vor anderen Menschen, die in ihrer Not zu Kannibalen werden, der Kampf gegen die Zeit, und damit die Krankheit des Vaters, sowie das Bestehen des Alltags: denn woher Essen nehmen, wenn nichts mehr da ist, nichts mehr wächst? Eine Odyssee beginnt, in der Realität, Erinnerung, Traum und Hoffnung ineinander verschmelzen.

Kritik

Achtung, dies ist keine leichte Kost. Dieses Buch geht tief, sehr tief – dieses Stück Literatur fährt einem in Mark und Bein und trifft dort, wo es am meisten weh tut: im Herzen. Cormac McCarthy, der für "Die Straße" den bedeutendsten US-Literatur-Preis, den Pullitzer-Preis, erhalten hat, erzählt in ruhiger, schnörkelloser Art und Weise ohne übertriebene Dramatik vom Untergang einer Zivilisation sowie von der Liebe zwischen Vater und Sohn. Seine Figuren bleiben namen-, aber nicht seelenlos. Mit wenigen Worten zaubert er eine Atmosphäre, die gekonnt Verzweiflung und Glauben miteinander verästelt. Die Brutalität und die Angst, die über allem liegt, wird nicht beschönigt. Es ist, wie es ist.

Das eigentliche Kunststück gelingt Cormac McCarthy, indem er trotz aller Grausamkeit, trotz der ganzen Dunkelheit und dem Tod, der über allem schwebt, die Menschlichkeit seiner beiden Protagonisten zur Geltung bringt. In kleinen, zarten Dialogen erzählt der Vater von dem Guten in der Welt. Und letztendlich redet er dabei von seinem Jungen, dem einzigen Sinn seines Lebens. Die beiden kreisen umeinander, der Ältere schützt das Leben des Jüngeren, der Sohn den Geist seines Erzeugers. "Wir bewahren das Feuer" heißt es immer wieder. Und solange dieses Feuer glüht, lebt der Mensch und bleibt human.

In einer solchen Welt, kurz vor dem jüngsten Gericht, kommt im Menschen das Beste und das Schlimmste zu Vorschein. In diesem Buch wird es gebündelt: Die ultimative Zerstörung, verzweifeltes Durchhaltevermögen, der Überlebenswille, die nackte Gewalt und nicht zuletzt die Zärtlichkeit und Zuversicht, die dem Individuum im Angesicht der Vernichtung Kraft zum weitermachen gibt. Die Apokalypse findet in der Außenwelt statt, den Weg in den Menschen muss sie sich erst bahnen.

Die US- amerikanische Kritik nennt "Die Straße" ein Meisterwerk (Booklist) und Publishers Weekly ließ sich gar dazu hinreißen, diesen Text als "das dem Alten Testament am nächsten kommende Buch der Literaturgeschichte" zu bezeichnen. McCarthy hat damit definitiv eines der besten Bücher unserer Zeit geschrieben. Präzise und kraftvoll in der Sprache mit einer Geschichte voller Wucht und Leben.

Fazit

"Die Straße" ist keine leichte Kost – am Ende wartet kein Happy End, die Grausamkeit entpuppt sich nicht als böser Traum. Doch wer sich auf diese Reise wagt wird belohnt und zwar mit einem wirklich bewegendem Stück Literatur.

Der Autor

Cormac McCarthy wurde 1933 in Rhode Osland geboren und wuchs in Knoxville, Tennessee auf. Für seine Bücher wurde er mit dem William Faulkner Award, dem National Book Award, dem American Academy Award und dem National Book Critics Circle Award ausgezeichnet. Er lebt heute mit seiner Frau in El Paso, Texas. (Klappentext)

Zu seinen weiteren Veröffentlichungen zählen auch zwei Bücher, die es ebenfalls auf die Kinoleinwand gebracht haben: "All die schönen Pferde" ("All the Pretty Horses"), im Jahr 2000 verfilmt unter der Regie von Billy Bob Thornton mit Matt Damon und Penélope Cruz, sowie "No Country for Old Man", im Jahr 2007 verfilmt 2007 der Regie von Ethan und Joel Cohan mit Tommy Lee Jones, Josh Brolin und Woody Harrelson.

Barbara Kotzulla - myFanbase
10.10.2007

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