Bewertung
Berry, Jedediah

Handbuch für Detektive

Ein guter Detektiv versucht alles herauszufinden. Aber ein erstklassiger Detektiv nur so viel, um ans Ende zu gelangen.

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Inhalt

Seit 20 Jahren ist Charles Unwin als Schreiber einer großen Detektivagentur tätig und dokumentiert die Fälle des berühmten Ermittlers Travis Sivart. Mit dieser untergeordneten Rolle ist Unwin mehr als zufrieden, doch eines Tages wird ihm aus heiterem Himmel das legendäre "Handbuch für Detektive" übergeben, zusammen mit der Nachricht, dass er zum Detektiv befördert wurde. Unwin soll den verschwundenen Travis Sivart aufspüren. Nur zu gerne würde der Neu-Detektiv diesen bürokratischen Fehler, als welchen er seine Beförderung betrachtet, aufklären, doch dann findet er eine Leiche und stolpert über Hinweise, dass all die Fälle, die Sivart aufgeklärt und Unwin für die Nachwelt in Worte gefasst hat, nicht das waren, was sie zu sein schienen. Unwin sieht sich mit Machenschaften konfrontiert, die er nie für möglich gehalten hätte.

Kritik

Der Roman "Handbuch für Detektive" verdient beinahe schon sein eigenes Handbuch, denn es stecken unheimlich viele Anspielungen, Verweise, Symbole und Feinheiten in dieser Kriminalgeschichte, mit der Jedediah Berry sein Debüt als Autor gibt.

Bemerkenswert sind beispielsweise die kafkaesken Züge in diesem Roman, die sich besonders stark an Franz Kafkas Werk "Der Prozess" anlehnen. So wie in "Der Prozess" ein Mann namens Josef K. aus heiterem Himmel verhaftet wird, ohne sich dies erklären zu können, erlebt Jedediah Berrys Hauptprotagonist Charles Unwin eine plötzliche, für ihn unbegreifliche Beförderung. In gleichem Maße wie Josef K. bei dem Versuch, aus der Sache herauszukommen, an dem undurchdringlichen, anonymen, labyrinthartigen Gericht scheitert, ist auch die Detektivagentur, die Unwin befördert hat, ein weit verzweigter, undurchschaubarer Ort, an dem jeder nur seine eigenen Aufgaben kennt und keiner weiß, wer über ihm steht und was in den oberen Rängen geschieht. Josef K. und Charles U. kommen beide nur an die unteren Mitarbeiter heran.

Die kafkaeske Ungewissheit erlebt der Leser auch in der räumlichen und zeitlichen Einordnung der Gesamthandlung. Das Buch spielt in einer Stadt, die sich am Meer befindet und in der es ständig regnet, doch wie dieser Ort heißt und wo er genau liegt, wird nicht verraten. Auch die Zeit, in der die Handlung spielt, bleibt vage. Es werden Schreibmaschinen und Plattenspieler verwendet, die Telefone sind nicht mobil und die wichtigsten Medien scheinen Zeitung und Radio zu sein. So hat man das Gefühl, sich in den 1950er oder 1960er Jahren zu befinden, ohne jemals Gewissheit darüber zu erlangen.

Zugleich verweist der Roman "Handbuch für Detektive" jedoch auch auf das Genre der klassischen Gaunerstücke und verwendet mit feiner Ironie das beliebte Bild vom genialen Oberschurken, dessen wichtigster Lebensinhalt das Katz-und-Maus-Spiel mit den Ermittlern zu sein scheint und der dafür obskure Gegenstände stiehlt und doppelbödige Pläne ausheckt. Unwin ist daneben ein echter Gentleman-"Detektiv", der keine Waffe anrührt, nie laut wird und immer höflich und respektvoll bleibt. Damit spielt Jedediah Berry unter anderem auf die berühmten Romanserien um Arsène Lupin und Fantômas an.

Obwohl es nicht wirklich schwierig ist, der Handlung zu folgen, erfordert sie doch viel Aufmerksamkeit und Konzentration. Als Nebenher-Lektüre eignet sich Jedediah Berrys Roman nicht.

Fazit

Der Debütroman "Handbuch für Detektive" bietet intelligente Unterhaltung für den aufmerksamen Leser, der es nicht nur kurzweilig mag.

Maret Hosemann - myFanbase
18.08.2010

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