Bewertung

Review: #3.04 Und jetzt ist seine Wache zu Ende

Wenn man mit offenem Mund gebannt auf den Abspann starrt und die Genialität einer Folge rekapituliert, weiß man, dass man es hierbei mit einer außerordentlichen Episode zu tun hat. Und wer der Meinung ist, "Game of Thrones" plätschere von einem Dialogduell zum nächsten dahin, der hat die Serie noch immer nicht begriffen.

"What are you doing?" – "I’m dying."

Es geht genau so schockierend weiter, wie es in der letzten Episode endete. Als wäre die Schändung von Jaime nicht schon schlimm genug, wird er gnadenlos weiter gedemütigt. In der Anfangsszene wird dem Zuschauer viel abverlangt und zu keiner Zeit war die Sympathie und das Mitleid Jaime gegenüber so groß wie zum jetzigen Zeitpunkt. Umso emotionaler verlief das Gespräch zwischen Brienne und Jaime am Lagerfeuer. An sich sind beide Einzelkämpfer, die sich in der Welt behaupten müssen. Doch in diesem Moment sehen beide ein, dass sie einander helfen müssen, um stärker zu sein, um der Brutalität von Locke standhalten zu können. Es sind die kleinen Szenen, die weder gekünstelt noch erzwungen werden, um die wunderbar tiefgründige Freundschaft aus der Situation heraus zu zeigen. Beispielsweise indem Brienne Jaime auffordert zu essen, sich für seinen Rettungseinsatz bei ihm bedankt und Jaime auf die Frage nach dem Warum nachdenklich ins Feuer blickt. Bisher haben die beiden in der zweiten und Anfang der dritten Staffel durch die witzigen Dialoge überzeugt, doch jetzt sind sie zu einer Einheit im Kampf ums nackte Überleben zusammengeschweißt. Jaime und Brienne bergen enormes Potential, das den Anschein macht, jede Episode großartig ausgeschöpft zu werden.

"I made a choice...and I chose wrong."

Sehr emotional ging es auch bei Theon zu. Wie oft habe ich Theon dafür verflucht, was er den Starks und Winterfell angetan hat? Wie oft habe ich ihn zusammen mit Joffrey als völlig durchgedrehten Charakter beschrieben und ihn für seine Taten verabscheut. Ich war mir sicher, nie wieder Sympathien für Theon entwickeln zu können, doch mit dieser Szene hat mich Alfie Allen in seinen Bann gezogen und nach allem was, Theon in der zweiten Staffel angerichtet hat, bin ich bereit, ihm zu verzeihen. Sein Geständnis in der Höhle war unendlich überwältigend und emotional. Er ist der tragische Antiheld, der seine Taten bereut und in erster Linie sich selbst eingesteht, dass er die falsche Entscheidung traf. Diese Einsicht kann seine Taten nicht revidieren, aber Einsicht ist der beste Weg zur Besserung und Theon hat einen enorm großen Schritt gemacht. Was folgt, ist abermals ein Umschwung der Gefühle. Gerade noch in Theons Gefühlschaos gefesselt, landet er durch seinen vermeintlichen Retter abermals in der Folterkammer. Die Macher von "Game of Thrones" sind noch nicht bereit, das Katz-und-Mausspiel aufzulösen und lassen den Zuschauer rätselnd und ohne auch nur den Hauch einer Ahnung zurück.

"The Tyrells are a problem."

Diese Folge strotzt von Highlights und ein weiterer fand in Königsmund statt. Die Tyrells scheinen die Lannisters unter Kontrolle zu haben und die einzige, die sich dieser Gefahr vollkommen bewusst ist, ist Cersei. Im vergeblichen Gespräch mit Tywin Lannister ist sie auf sich allein gestellt und muss erschreckend erfahren, dass Joffrey derweil Margaerys Manipulation vollkommen erlegen ist. Zusammen mit Margaery bekommen wir durch Joffrey nicht nur eine exklusive Führung durch die Hallen von Königsmund, die wie ein gigantisches Museum die Geschichte von Westeros wiedergeben, sondern auch einen tiefen Einblick in ihre Beziehung. Eine grandiose Szene, in der Margaery Joffrey dazu bewegt, sich der Menge zu zeigen und die freudigen Grüße winkend anzunehmen. Doch diese gelten nicht ihm. Sie hat es geschafft, das Volk auf ihre Seite zu bringen und an Joffreys Seite könnte sie unvorstellbar viel Macht ausüben. Joffrey nicht mehr als Bestie, sondern hoffnungslos ihrem Charme verfallenen Jungen zu sehen, ist eine andere Facette, die Jack Gleeson beeindruckend auf den Bildschirm bringt. Schön auch die Szene zwischen Sansa und Margaery von Frau zu Frau. Unter anderen Umständen könnten die beiden wirklich Freundinnen sein, aber durch Margaerys undurchschaubares Spiel ist es nicht sicher, wie ernst ihre Absichten bezüglich eines besseren Lebens für Sansa sind.

Varys ist und bleibt die undurchschaubare Spinne. Ein weiteres Mal spinnt er seine Netze und bandelt sich sowohl mit Ros als auch Lady Olenna an. Bei letzterer haben sich die Macher der Serie wieder ein Mal selbst übertroffen, denn die Szene mit Varys und Olenna deckt von herrlich amüsant bis beängstigend intrigierend alle Paletten eines grandiosen Dialogs ab. Beide sind sich im Klaren über dieses Nutzbündnis, um Kleinfingers Spiel um Sansa Stark zu unterbinden. Wunderbar amüsant zudem die Szene, in der Lady Olenna über das Motto ihres Hauses herzieht. Auch Varys und Tyrions Nutzfreundschaft konnte mich überzeugen. Zwar erfährt Tyrion nicht direkt, was er wollte, dafür aber erfahren wir mehr aus Varys’ Vergangenheit. . Ob Tyrions Rache zur gegebener Zeit ebenfalls wie bei Varys kommt, bleibt mit Spannung abzuwarten.

"You are a Bastard."

Bei der Nachtwache kommt es zur absoluten Eskalation. Während die Nachtwächter Craster herausfordern und seinen Tod verursachen, womit die Konfrontation gerecht hätte enden können, kommt Ser Jeor Mormonts Tod schockierend und unerwartet. In der vierten Folge muss nun ein weiteres Urgestein aus "Game of Thrones" sein Leben lassen. Dass es ausgerechnet Rast ist, ein Bruder der Nachtwache, macht diesen Verlust nur noch schmerzlicher. Mit dieser Wendung wird die gesamte Institution "Nachtwache" in Frage gestellt, denn ohne den Lord Kommandant fehlt die Führungsperson und wie wir wissen, sind die Wildlinge auf dem direkten Weg zur Mauer.

Ein weiterer Charakter wurde in die Handlung eingeführt. Beric Dondarrion rollt den Religionskonflikt auf und outet sich als Anhänger des Herrn des Lichts. Doch ob er Stannis als Lichtbringer akzeptiert oder seine eigene Vorstellung dieser Gottheit hat, ist reine Spekulation. Fest steht, dass im Kampf mit dem Bluthund einer sein Leben lassen wird. Es ist schön zu sehen, dass auf Ereignisse der ersten Staffel Bezug genommen wird und der brutale Tod des Metzgerjungen nicht in Vergessenheit gerät. Arya beweist erneut durch die Anklage an Clegane ihren Mut und dürfte spätestens jetzt die bannerlose Bruderschaft beeindruckt haben.

Ebenso hat mir der Kurzauftritt von Bran und Jojen in ihrem Traum gefallen. Auch wenn sich die Charaktere an den verschiedensten Orten befinden, so ist es immer wieder eine emotionale Angelegenheit, wenn in Träumen oder Visionen Charaktere wie Bran und Catelyn aufeinandertreffen. Die Mystik um den dreiäugigen Raben und Brans Dasein als Warg bleibt bestehen und hoffentlich bekommen wir in der nächsten Episode mehr davon zu sehen.

"A Dragon is no Slave."

Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss und so war es dann auch. Das ultimative Highlight dieser Episode gipfelt in den Schlussminuten bei Daenerys Targaryens Storyline. Hat man die ganze Episode lang auf die Fortführung des Handels mit Kraznys gewartet, werden hier alle Erwartungen übertroffen. Mit diesem Satz "Valyrian is my mother tongue" dreht sie Schlag auf Schlag den Spieß um und offenbart nicht nur, dass sie die ganze Zeit über Kraznys Beleidigungen stillschweigend zur Kenntnis genommen hat, sondern dass sie wahrhaftig eine Targaryen ist. Was folgt, ist eine epische Inszenierung vom Feinsten.

Die Ausdrucksstärke in Emilia Clarkes Augen und Worten, der Startschuss "Dracarys" für Drogons Feuerinferno, der triumphierende Soundtrack Ramin Djawadis, welche die Dimension der Armee der Unbefleckten unterstreicht und das Auge fürs Detail, indem Dany symbolisch die Peitsche in den Staub fallen lässt. Besser hätte man es nicht machen können. Emilia Clarke hat bewiesen, was in ihr steckt, wenn man sie nur lässt und ihr die Screentime und die Storyline gibt. Mit ihrer Führungsstärke hat Dany sich den Respekt der Unbefleckten verdient und das epische Schlussbild mit den drei Drachen in den Lüften und unter ihnen die gigantische Armee sorgt für Gänsehautfeeling pur. Wie in #2.09 Schwarzwasser geben die CGI Effekte den letzten Schliff für ein perfektes Abschlussbild.

Spätestens jetzt ist Dany eine mehr als ernstzunehmende Anwärterin auf den Thron und meiner Meinung nach auch am besten geeignet. Auch ich konnte mir wie Missandei ein kurzes Grinsen nicht verkneifen, als sie ihr perfektes valyrisch auspackt und Krazyns zeigt, was es heißt, die Mutter der Drachen herauszufordern. Noch bedeutsamer aber ist die darauffolgende Szene, in welcher Dany den Unbefleckten die Freiheit anbietet. Im Kampf um den Thron hätte sie mit den Unbefleckten, die ihr aus freien Stücken folgen und allein für sie kämpfen, keine bessere Armee hinter sich haben können. Genau das hat sie in ihrem ausgeklügelten Plan bedacht und die Sklavenarmee vor die Wahl gestellt. Die Geste, die sie von den Unbefleckten zurückbekommt, sagt mehr als tausend Worte. Danys Ausgangsstellung ist mehr als zufriedenstellend und auch wenn sie noch etliche Meilen von Westeros entfernt ist, so war sie noch nie eine präsentere Bedrohung für die anderen Thronanwärter wie in diesem Augenblick. Nach nur vier Folgen ist diese Storyline dermaßen in Fahrt und man selbst so gefesselt von Danys unglaublicher Präsenz. Es war die beste Szene der gesamten Folge und meiner Meinung nach auch einer der besten Moment aus der gesamten Serie.

Es ist beeindruckend, wie "Game of Thrones" weder an Qualität noch an Intensität einbüßt, wenn fast die Hälfte der Hauptcharaktere fehlt. Auffällig ist auch, dass die Zugpferde aus der zweiten Staffel wie Tyrion und Cersei sich dieses Mal eher im Hintergrund aufhalten und der Fokus auf anderen Storylines liegt. Somit bleibt "Game of Thrones" nicht nur enorm vielfältig spannend, sondern ist immer für eine Überraschung gut.

Fazit

Diese Episode lässt die Zuschauer elektrisiert und voller Erwartungen, die bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nie höher hätten sein können, zurück. Von einem Höhepunkt ins nächste gipfelt die Folge in einem herausragenden Spektakel in Daenerys Targaryens Storyline, bei welchem die Macher alle Register ziehen. #3.04 And Now His Watch is Ended ist die beste Folge der dritten Staffel und wenn mit diesem Tempo weitergemacht wird, wird diese Staffel episch werden.

Tanya Sarikaya - myFanbase

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