Bewertung

Review: #1.10 Rot wie Blut

Nachdem die vorangegangene Episode meine mittlerweile doch hohen Erwartungen nicht so recht erfüllen konnte, bin ich mit dieser Folge wieder sehr zufrieden, denn sie treibt die Gesamthandlung ein gutes Stück voran und steckt voller interessanter Details.

Ein Tatort für Dexter

Rudy, der echte und einzig wahre Ice-Truck-Killer, hat sich diesmal ein besonderes Geschenk für Dexter einfallen lassen: ein Hotelzimmer, getränkt in Blut. Bei dem Anblick dieser sehr makaberen Einrichtungsvariante überkommen Dexter Erinnerungen an seine Kindheit, kurz bevor er zu den Morgans kam. Ganz offensichtlich wollte Rudy genau diese Erinnerungen in Dexter wachrufen, was die Frage aufwirft, woher Rudy soviel über Dexters Kindheit weiß. Die Erinnerungsfetzen sind erschreckend und rätselhaft zugleich. Wer war der Tote, der kurz vor Dexters Mutter von dem Kettensägen-Killer getötet wurde? Dexters Vater Joe Driscoll war es nicht, da dieser erst viele Jahre später gestorben ist, wie wir wissen. War Driscoll der Kettensägen-Killer? Das kann ich mir nicht wirklich vorstellen, denn wir wissen, dass Driscoll in den letzten 30 Jahren ein ruhiges Leben geführt, seine Drogensucht erfolgreich bekämpft, seinem Sohn Blut gespendet und viel gebowlt hat. Das klingt nicht nach einem Mann, der Menschen mit Kettensägen massakriert. Wer also war der Killer und was war sein Motiv? In welchem Zusammenhang steht Rudy mit diesem Fall? Logischerweise ist Rudy zu jung, um der Killer gewesen zu sein, denn er ist höchstens vier oder fünf Jahre älter als Dexter, wenn überhaupt.

Weiterhin stellt sich die Frage, welche Bedeutung die Zahl 103 hat, die in Rudys Blutzimmer mehrfach auftaucht. Fand der Mord an Dexters Mutter vielleicht an einem 10. März, also am 10.03. statt? Oder ging es Rudy primär um die Bibelstelle (Levitikus 10,3), deren wortlaut wir als gute Christen natürlich alle auswendig kennen: "Und Moses sagte zu Aaron: Dies ist es, was der Herr geredet hat: Bei denen, die mir nahen, will ich geheiligt, und vor dem ganzen Volk will ich verherrlicht werden. Und Aaron schwieg"? Sehr interessant. Natürlich ist die Idee, dass ein Serienkiller mit Bibelstellen spielt, nicht neu, aber doch immer wieder faszinierend. Die Interpretationsmöglichkeiten sind ernorm, wobei in diesem Bibelzitat wohl der Satz "Bei denen, die mir nahen, will ich geheiligt, und vor dem ganzen Volk will ich verherrlicht werden" entscheidend ist. Wenn Rudy diese Stelle auf sich bezieht, dann ist Dexter wohl der "Nahe", von dem er geheiligt werden will, und die Polizei bzw. die Öffentlichkeit ist das Volk, das ihn verherrlichen soll.

Nur noch eine Frage der Zeit...

... scheint es zu sein, bis Rudy auffliegt. Durch seine Liaison mit Debra ist es ihm zwar gelungen, Dexter näher zu sein, doch gleichzeitig befindet er sich im direkten Kontakt mit der Polizei von Miami. Als Angel nun zu ihm kommt, um ihn über eine bestimmte Sorte Menschen, die Prothesen bei Frauen (oder Männern) erotisch finden, zu befragen, erkennt Rudy, das man ihm dicht auf den Fersen ist, und lässt sich zu einer eher unüberlegten Attacke auf Angel hinreißen. Rudys Auftritt als maskierter Messerschwinger in der Tiefgarage war bei weitem nicht so durchdacht und abgeklärt, wie seine Morde an den Prostituierten oder seine blutigen Spielchen mit Dexter. Rudy verliert offensichtlich Stück für Stück die Kontrolle über sein Mord– und Lügengebilde.

Ob Angel den Angriff überlebt hat, oder bereits mit den Engeln singt, nach denen er benannt ist, erfahren wir in dieser Episode nicht, doch ich vermute, dass er durchkommt und damit Rudys Versagen in dieser Sache personifiziert.

Paul is dead

Im wörtlichen Sinne ist Paul natürlich nicht tot, doch sprichwörtlich durchaus, denn Dexter hat ihm alle Chancen genommen und ihn wieder ins Gefängnis gebracht. Die Story um Paul zeigt sehr schön, dass Dexter tatsächlich viel Vertrauen in Harry verloren hat und kurz davor steht, Harrys Kodex zu brechen. Hätte Dexter Paul getötet, wäre dies ein Bruch mit Harrys Werten gewesen, denn Paul ist zwar ein Drecksack, aber kein Mörder oder Schwerverbrecher. Dass Paul nun für wahrscheinlich sehr lange Zeit im Knast sitzt, heißt nicht, dass er nicht doch noch für ein paar Probleme sorgen kann, denn vermutlich wird ihm klar sein, dass es Dexter war, der ihm die Drogen injiziert und ihn als Junkie präsentiert hat. Möglicherweise gelingt es Paul, vom Gefängnis aus Zweifel in Bezug auf Dexter bei Rita zu sähen.

Machtkampf

Der Machtkampf zwischen Laguerta und dem Captain ist nun offen ausgebrochen, wobei der Captain augenscheinlich am längeren Hebel sitzt, da er nun einmal den höheren Rang bekleidet und Laguerta degradieren kann. Selten zuvor stand ich einem Machtkampf zwischen zwei Charakteren in einer Serie so neutral gegenüber, denn weder Laguerta noch der Captain sind mir sonderlich sympathisch und beide haben Fehler begangen, die ihre Kompetenz in Frage stellen. Laguerta hat Toni Tucci vorverurteilt, um sich auf seine Kosten vor der Presse zu profilieren, während der Captain wiederum Neil Perrys Verhaftung genutzt hat, um sich in den Medien zu inszenieren und Laguerta eins auszuwischen. Letztlich verdienen beide einander und es wird sich zeigen, wer wem erfolgreicher ans Bein pinkelt.

Maret Hosemann – myFanbase

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