Bewertung

Review: #6.05 Das Tor

Foto: Kae Alexander, Game of Thrones - Copyright: Helen Sloan/HBO
Kae Alexander, Game of Thrones
© Helen Sloan/HBO

#6.05 Das Tor steht seiner Vorgängerepisode um nichts nach, schlägt allerdings einen vollkommen anderen Ton an. Während man zuvor an vielen Stellen Hoffnung schöpfen konnte, indem sich aus den Augen verlorene Geschwister wiederfanden, Daenerys uns ihre Stärke bewiesen hat und man jeder Handlung einen wohligen Beigeschmack gegeben hat, ziehen nun dunkle Wolken auf. Diese dunklen Wolken wirken sich bedrückend auf die Episode aus und zeigen uns, dass trotz der hoffnungsschwangeren Grundstimmung noch keine der Schlachten tatsächlich geschlagen ist und man sich daher voller Vorfreude auf einen baldigen Showdown einstellen kann.

"The north remembers."

Erneut startet die Geschichte an der Mauer, wo man sich einerseits Mühe gibt, das geschwisterliche Band zwischen Jon und Sansa zu stärken, andererseits zeigt man aber auch auf, dass Sansa mittlerweile ihren eignen Kopf hat. Still und heimlich trifft sie sich mit Kleinfinger, in den sie nun nicht länger ihr Vertrauen steckt. Gleich zu Beginn der Folge versiegt damit ein klein wenig Hoffnung, dass alles gut ausgehen könnte, da Sansa und Jon die Hilfe von Kleinfinger und der hinter ihm stehenden Arme durchaus gebrauchen können. Auch schauspielerisch grenzt sich die Szene sehr von dem ab, was wir bisher zwischen Sansa und Kleinfinger gesehen haben. Das etwas schräge Vater-Tochter-Verhältnis mit romantischem Unterton von Seiten Kleinfingers besteht nun nicht länger. Als Sansa beginnt, von den Qualen zu berichten, die sie durch Ramsay erleben musste, möchte man sich am liebsten die Ohren zu halten, denn auch ohne die Misshandlung im Detail wiederzugeben, kann man sich sehr gut vorstellen, was Sansa durchleben musste.

Zum Ende hin bringt man den Stein ins Rollen und die Gemeinschaft bricht auf, um für den Kampf gegen Ramsay mehr Männer hinter sich zu einen. Es ist schade, dass sich die gerade erst geknüpften Bande nun wieder lösen und man nicht weiter sehen kann, wie zum Beispiel Sansa und Brienne mit einander agieren.

"The girl has no desires."

Die Geschichte rund um Arya ist für mich seit langem eine Schwachstelle der Serie, da ich nicht sehe, dass sich ihre Figur weiterentwickelt. Ihre Beteuerungen, niemand zu sein, werden nun zum wiederholten Mal auf die Probe gestellt und dass auf eine Art, die gleichzeitig geschickt jedoch auch wenig subtil ist. Dass man Arya ausgerechnet zu einem Theaterstück schickt, in dem man einen Teil der Leidensgeschichte ihrer Familie erzählt, ist für mich einfach etwas zu dick aufgetragen. Es wundert mich daher garnicht, dass Arya nun wieder an ihr früheres Leben erinnert wird, das sie in meinen Augen nie wirklich hinter sich gelassen hat. Für mich ist es jetzt lediglich eine Frage der Zeit, bis sich Arya vom Haus von Schwarz und Weiß abwendet, um wieder ihrem alten Leben nachzugehen.

Auch wenn ich die Handlung in Bezug auf die Charakterentwicklung von Arya nicht sonderlich begrüße, hat es mir dennoch Spaß gemacht, das Theaterstück mit anzusehen. Wie man die Geschichte in geringem Maße verzerrt und dadurch den Zuschauern den Eindruck vermittelt, dass die Starks keinen guten Knochen in sich haben, ist erstaunlich. Für uns Zuschauer waren die Starks von Beginn an eine ehrliche und aufrichtige Familie, die aufgrund ihrer Gutgläubigkeit allerdings keinen Platz im knallharten Kampf um den Thron gefunden hat. Für die Zuschauer des Theaterstückes entsteht allerdings der Eindruck, dass die Lannisters die Gutherzigen sind und man fragt sich, ob auch nur ein Bürger als Königsmund, sie waren bei vielen Teilen der Geschichte schließlich live dabei, dieses Theaterstück in Frage stellen würde.

"What is dead may never die."

Zuletzt haben wir sehr wenig von Theon gesehen, doch in dieser Episode geht es auch auf den Eiseninseln hoch her. Beim Königsthing beweisen die kaltherzigen Eisenmänner, dass in ihnen nicht viel Loyalität steckt. Denn das Auftauchen von Euron Graufreund wird auch dann noch gefeiert, als er ohne zu Zucken gesteht, seinen Bruder kaltblütig und hinterrücks ermordet zu haben. Die Eisenmänner, die sich zuvor Theon und Yara anschließen wollten, scheinen keinen Sinn für Recht und Unrecht zu haben. Für sie zählt allein die Stärke und sie wählen Euron als ihren neuen König. Auch dieser Handlungsstrang wirkt düster und dass nicht nur, weil sich das Glück abermals von Theon abzuwenden scheint, auch der Initiationsritus der Eisenmänner hat es in sich. Das Ertränken von Euron hat einen gefährlichen Unterton. Es ist beeindruckend, dass er sich nicht gegen das schmerzhaft in seine Lunge eindringende Wasser wehrt und kurz darauf dann von den Toten aufzuerstehen scheint. Nicht weniger düster ist der Teil der Handlung, in der Euron sofort beschließt, Theon und Yara aus dem Weg zu räumen. Die Flucht der beiden während des Ertränkens von Euron war sehr gut gestaltet, da man auf beiden Seiten sofort das Gefühl hatte, dass etwas Schreckliches bevorsteht.

Nachdem man die Geschehnisse in Westeros nun langsam alle mit einander zu verknüpfen beginnt, freue ich mich sehr, dass die Autoren hier noch einmal auf die Handlung der Bücher zurückgreifen und andeuten, dass Euron plant, seine Flotte mit dem Heer von Daenerys zusammen zu legen. Damit kombiniert man in der Zukunft hoffentlich noch mehr Geschichten mit einander.

"Terrible things happen for a reason."

Auch wenn sich bei Daenerys in dieser Episode nicht sehr viel ereignet, sorgt man auch bei ihr dafür, den düsteren Unterton der Episode fortzuführen. Nachdem Jorah Mormont ihr gestanden hat, mit Grauschuppen infiziert zu sein, trennen sich die Wege der beiden abermals. Der Abschied ist nicht weniger schmerzhaft als zuvor, denn auch wenn die beiden dieses Mal im Guten auseinander gehen, hat man wenig Hoffnung, dass sie sich noch einmal begegnen werden. Wie wahrscheinlich ist es, dass Jorah ein Heilmittel findet? Werden wir ihn auf seiner Suche begleiten?

Wenig anfangen konnte ich mit dem Auftauchen der zweiten Roten Frau in Meereen. Ebenso wie Melisandre scheint jene über magische Kräfte zu verfügen, doch mir ergibt sich noch nicht recht, weshalb Tyrion sie nach Essos zitiert hat. Auch dass sie nun meint, dass Daenerys die Prophezeiung erfüllt, erscheint mir etwas seltsam, da Melisandre ja ihrerseits der festen Überzeugung war, dass Stannis der Auserwählte war. Genau diese Zweifel deutet auch Varys an und spricht mir damit aus der Seele.

"Hold the door."

Der wohl beeindruckendste Part der Episode drehte sich dieses Mal um Bran und die Ereignisse jenseits der Mauer. Wir erfahren zwar nichts über die Vergangenheit der Familie Stark, doch auch wenn man hier unbedingt Antworten haben möchte, waren die Rückblenden keinesfalls enttäuschend. Dass die Kinder des Waldes die weißen Wanderer erschaffen haben, hat mich sehr überrascht. Man hatte jedoch nicht wirklich viel Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, da man anschließend mit einer viel fataleren Entwicklung auftrumpfte. Das Aufeinandertreffen von Bran und dem Nachtkönig war so furchteinflößend, wie kaum eine andere Szene bisher. Man erkennt nun, dass Bran keinesfalls nur Visionen hat, sondern dass an ihnen im wahrsten Sinne des Wortes etwas Greifbares hat. Seine Neugierde resultiert schließlich im Tod der Dreiäugige Krähe, die sich opfert, während Bran, Meera und Hodor den weißen Wanderern entkommen können. Die ganze Zeit über hatte ich eine Gänsehaut, angefangen mit der Szene, in der Bran durch die Armee der still stehenden weißen Wanderer geht, die sich dann plötzlich zu ihm umdreht. Dass Bran anschließend bei der Jagd erneut in eine Vision abtaucht, verstärkte das immer deutlicher werdende Gefühl der Hilflosigkeit. Es war unglaublich fesselnd inszeniert, wie Meera und Hodor versuchten, sich selbst und Bran zu retten und man baute außerdem etwas ein, womit ich an dieser Stelle nicht gerechnet hätte: die Erklärung für Hodors Wortkargheit. Indem Bran die Kontrolle über Hodor übernimmt, dabei aber gleichzeitig noch in einer Vision steckt, wirkt sich der Leitspruch 'Hold the door' fatal auf Hodor alias Wyllis aus. Der Versuch, die weißen Wanderer aufzuhalten, zerstört den jungen Wyllis der Vergangenheit und auch den Hodor der Gegenwart, was unglaublich schmerzhaft anzusehen war. Zu dieser Szene muss man den Autoren einfach gratulieren, auch wenn es ein großer Verlust ist.

Doch nicht nur der Tod von Hodor ist tragisch, es sieht ganz so aus, als müssten wir uns gleichzeitig von einem weiteren Schattenwolf verabschieden. Nach Lady, Nymeria, Grauwind und Struppel haben wir nun auch Sommer zum letzten Mal gesehen und er wird im Kampf gegen die weißen Wanderer von seinen Feinden überwältigt. Dieser Verlust verdeutlicht den traurigen Touch, den diese Episode mit sich bringt.

Kleine Lacher

Nicht an vielen Stellen hatte man in dieser Folge Grund zum Lachen, doch in winzigen Szenen konnten uns die Autoren dennoch ein Schmunzeln entlocken. Dazu gehören:

  • Der Versuch von Tyrion, die Zweifel von Varys an der neuen roten Frau weniger drastisch aussehen zu lassen. Er versucht angestrengt, Varys' Worte etwas charmanter zu verpacken.
  • Die kurze Unterhaltung zwischen Sansa und Jon zu ihrem neuen Kleid. Einen Mann wie Jon in Sachen Mode zu befragen, kann einfach nur nach hinten losgehen, aber er rettet sich mit einem netten Kommentar.
  • Der Blick, den Tormund Brienne kurz vor Aufbruch zuwirft. Er scheint wohl tatsächlich Gefallen an ihr zu finden, was Brienne aber mit einem Augenrollen abtut.

Fazit

Diese Episode ist genau so kraftvoll wie ihr Vorgänger, man schlägt allerdings einen dunkleren Ton an, um uns zu zeigen, dass den momentan einigermaßen glücklichen Figuren noch schwere Zeiten bevorstehen.

Marie Florschütz - myFanbase

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