Bewertung

Review: #5.05 In der Höhle des Löwen

Wenn man sich zurückerinnert an die sicherlich nicht perfekte, aber dennoch großartige erste Staffel von "Heroes", dann findet man zwei fundamentale Gründe dafür, warum die Serie zu Beginn so gut funktionierte: Sie funktionierte zum einen auf der Ebene der Charaktere, die allesamt ein gewisses Konfliktpotential und damit eine gewisse Komplexität boten. Zum anderen funktionierte sie in Bezug auf den Plot, der mit der bevorstehenden Explosion in New York und dem Versuch, diese zu verhindern, einen roten Faden besaß und dadurch schnell eine Dynamik entwickelte. In den Folgejahren harperte es dann meist an einem von beiden – oder gar beidem –, wobei die Charaktere oftmals unter dem immer schwächer werdenden Plot litten. Diagnostiziert man nun den Status Quo bei "Heroes Reborn", muss man leider feststellen, dass genau dies wieder eingetreten ist: Weder die Charaktere noch der Plot können wirklich überzeugen. Es ist einfach nichts so wirklich packend.

"What you're doing is godlike. The next big bang without all of the mess."

Am ehesten interessant ist die Renautas-Storyline, da wir hier zumindest ansatzweise eine Art roten Faden haben und von dem Konzern samt seiner Vorsitzenden Erica Kravid eine unmittelbare Gefahr ausgeht. Erica will also tatsächlich 7/8 der Menschheit sterben lassen, vermutlich durch den bevorstehenden Solarsturm (oder was auch immer). Daher will sie auch unbedingt Malina schnappen, die als Einzige dazu in der Lage ist, den Solarsturm aufzuhalten. Für das voraussichtlich überlebende Achtel hat Erica schon mal eine Saatbank angelegt. Doch was führt sie zusammen mit ihrem Wissenschaftler Robert im Schilde?

Erica und Noah kennen sich also von früher, wen wundert's. Leider wird das erste Aufeinandertreffen der beiden aber zum Non-Event. Es wird viel um den heißen Brei geredet, nur wenig wird klar, auf einen wirklichen Schlagabtausch wartet man vergeblich. Schade, hätten Jack Coleman und Rya Kihlstedt hier doch locker eine tolle Szene abliefern können, wenn man ihnen nur die Dialogzeilen dazu gegeben hätte. Stattdessen wird die Szene in Ericas Haus zu einem plumpen Stand-Off-Szenario, das schließlich durch Miko unterbrochen wird. Harris entpuppt sich als ineffizientester Sicherheitsmann ALLER ZEITEN, der trotz seiner Klonfähigkeit gerade mal dazu imstande ist, Erica in Sicherheit zu bringen. Er stoppt aber weder Miko, noch fängt er Hornbrille, Taylor und Quentin, und im kanadischen St. Pierre entwischt ihm auch Malina.

"You don't have to save the world alone."

Malina kann also nicht, wie zunächst angenommen, Dinge zum Leben erwecken, sondern scheint vielmehr die Kontrolle über die Elemente zu haben. Letztes Mal ließ sie einen Baum in die Höhe wachsen, dieses Mal nutzt sie den Wind, um ihre Verfolger abzuschütteln. Dennoch erwischt es Farrah, die somit nach zwei Episoden schon wieder weg ist, doch das tut der Serie nur gut: Sie hat bereits ein Riesenproblem damit, ihre Hauptcharaktere zu profilieren, da ist jeder zusätzliche Nebencharakter (noch dazu so ein unnötiger wie Farrah) nur Zeitvergeudung. Wirkliche Spannung mag bei der Verfolgungsjagd aber leider nicht aufkommen – dazu ist sie zu unspektakulär inszeniert und vor allem zu fragmentiert präsentiert.

Überhaupt ist die Fragmentierung ein großes Problem dieser Episode. Fast minütlich springt die Folge von Storyline zu Storyline und reißt den Zuschauer somit immer wieder aus dem Geschehen. Geschichten, die eigentlich tragisch sein sollten, verlieren somit ihre Wirkung, wie etwa Tommys Misere im Krankenhaus oder Lukes Versuch, mit seiner schmerzhaften Vergangenheit klarzukommen. Die Intention der Autoren ist sichtbar – sie wollen Tommys Enttäuschung mit seiner Mutter deutlich machen bzw. Lukes Trauer und Verzweiflung zeigen –, doch nicht greifbar. Gerade Lukes laaaaaanges Bad im Selbstmitleid ist eine einzige Endlosschleife: Die ganze Folge über sehen wir ihn immer wieder dabei, wie er alte Photos anstarrt und ihm Tränen in die Augen steigen. Ja, wir haben verstanden, dass er um seinen Sohn trauert. Wir haben verstanden, dass er nun auch Joanne verloren hat. Wir haben verstanden, dass seine Ehe am Ende ist. Wir müssen nicht noch eine Szene sehen, die vergangenes Familienglück zeigt. Gähn.

Unglaublich banal bleibt auch die Storyline rund um Pseudo-Batman Carlos, der nun wenigstens einen anständigen Superheldenanzug besitzt und Captain Dearing ordentlich vermöbelt. Doch zunächst einmal muss man ihn wirklich zur dämlichsten Idee überhaupt beglückwünschen: Was erhofft er sich davon, den Captain (!) der örtlichen Polizeistation öffentlich des Kidnappings zu bezichtigen und ihn direkt auf der Arbeit aufzusuchen? Doch bekanntlich haben die Dummen das Glück und so wird Dearing dank der neuen E.P.I.C.-Brillen direkt als unregistrierter Evo ausfindig gemacht. Dies sind die Momente, in denen die Serie wieder interessant wird: eine Brille, die unsere genetischen Geheimnisse offenbart. Oder, wie bei Tommy, ein Chip, der Evos zur Überwachung eingepflanzt wird. Hier könnte die Serie ansetzen, interessant werden, ein bisschen komplexer sein. Doch sie verpasst leider den Absprung und verhaftet in vorhersehbarer Superhelden-Trivialität.

"You have a destiny. Humanity has one last hope for survival, and part of that lies with you."

Trivial ist dann auch das Schlagwort für #5.05 In der Höhle des Löwen. Viele Entwicklungen sind absehbar und spannungsarm, die Storylines bleiben größtenteils nichtssagend und von der Dramatik, die man mit den Geschichten rund um Tommy oder Luke anvisiert, erreicht das Publikum leider so gut wie nichts. Dazu kommt, dass sich "Heroes Reborn" zusehends in geradezu faulem Storytelling verstrickt, das langsam frustriert: Wie kann es sein, dass Noah, Taylor und Quentin so einfach im Renautas-Hauptquartier herumspazieren? Wie kann Renautas reihenweise Evos kidnappen, wenn die Regierung solch ein genaues Auge auf diese hat und ihnen sogar Chips einpflanzt? Wieso schafft Harris es nicht, auch nur eine einzige Person zu schnappen? Hat Rens Cosplay-Aufruf letztlich eigentlich irgendwas genützt? Bekommt Emily bald auch was anderes zu tun, als auf Tommy zu warten/ihn zu trösten/ihm um den Arm zu fallen/ihn mit großen Augen anzusehen? Nun ja, dafür gibt's einen DICKEN Pluspunkt für Joannes Abwesenheit.

"Heroes Reborn" wankt zusehends auf Charakter- und Plotebene: Es fehlt der Serie an starken, interessanten Protagonisten, die den Plot tragen können. Umgekehrt fehlt es an einem packenden Plot, der die Charaktere in Situationen bringt, in denen sie sich profilieren können. Als Zuschauer verliert man langsam aber sicher das Interesse an den Helden, und Tim Kring und sein Team müssen zusehen, dass sie das Ruder wieder herumreißen.

Maria Gruber - myFanbase

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