Bewertung

Review: #9.15 Harte Bandagen

Hier haben wir nun die erste Folge der neunten Staffel, der ich bereit bin, mehr als sechs Punkte zu geben. Ein bisschen erschreckend ist dies ja schon, schließlich handelt es sich bereits um die 15. Episode (!) der Staffel, aber nach dem übertragischen Finale der achten Staffel und dem Wegbruch von 20% der Hauptbesetzung, stand das durchaus zu befürchten.

Diese Episode überzeugt vor allem durch ihre intensive Hauptstory rund um die Zukunft des Seattle Grace/Mercy West. Es gibt mehrere starke Szenen mit spannenden und emotionalen Diskussionen, die wesentlich klarer und realistischer ausfallen, als so manch andere Dinge, die wir bisher in Bezug auf die rechtlichen Konsequenzen des Flugzeugabsturzes gesehen haben. Die neuerdings millionenschweren Absturzüberlebenden geben ihr Geld nicht einfach so her, um das Seattle Grace/Mercy West zu retten, was ich auch furchtbar kitschig und unglaubwürdig gefunden hätte, sondern streiten deswegen heftig, hadern mit sich und müssen unangenehme Entscheidungen treffen. Sie kommen zu dem Schluss, dass sie das Seattle Grace/Mercy West mit Hilfe einiger Tricks kaufen wollen, auch wenn sie damit Kollegen in den Rücken fallen und sich eine Aufgabe aufhalsen, der sie vielleicht gar nicht gewachsen sind. Ihre Absichten sind gut, aber sie reiten nicht als strahlende Ritter ohne Fehl und Tadel in das kränkelnde Krankenhaus ein.

Arizona geht bei den Diskussionen vor allem auf Derek los und wirft ihm einige harte Worte an den Kopf. Dies finde ich zwar nicht unbedingt fair, trotzdem bringt Arizona viele realistische Argumente vor, die in einer glaubwürdigen Geschichte nicht fehlen dürfen. Ihre anfängliche Position, das Geld zu behalten, um damit die eigene Existenz und die der Kinder zu sichern, klingt nicht ehrvoll, ist aber menschlich und genau das, was die meisten von uns in dieser Lage tun würden. Es entspricht dem ganz normalen Selbsterhaltungstrieb. Cristina ist derweil diejenige, die unbequeme Wahrheiten auf den Tisch bringt und keinen Zweifel daran lässt, dass dieser ganze Plan, das Krankenhaus zu kaufen, damit es nicht in die Hände von Pegasus Horizons fällt, nichts romantisches an sich hat, sondern ein großes Wagnis ist. Es wird zudem endlich einmal angesprochen, dass an Marks und Lexies nächste Angehörige, Sofia und Thatcher, ebenfalls Geld ausgezahlt wurde.

Die konspirativen Treffen von Meredith, Derek, Arizona, Cristina und Callie untereinander und mit dem Finanzberater Stan, haben natürlich auch eine komische Komponente, da hier Ärzte ein bisschen auf Geheimagenten machen und dabei etwas tollpatschig wirken. Das ist eben nicht wirklich ihr Metier. Schließlich müssen Meredith und Derek sogar einen Finanzbericht klauen, was ihnen durchaus ein wenig Spass macht, denn wer genießt nicht hin und wieder den Flirt mit der Gefahr? Absurde Komik bieten auch die riesigen Plakate mit Dereks Konterfei, die zwar von PR-Experten als gewinnbringend und vertrauenserweckend eingestuft werden, aber den Mitarbeitern des Krankenhauses an den Nerven zerren. Derek beauftragt sogar Shane damit, die Plakate zu verunstalten, was dieser kreativ erledigt.

Die zwei Personen, die im Moment am meisten unter den Plänen der "Geheimärzte" leiden, sind Owen und Dr. Alana Cahill. Aus rechtlichen und strategischen Gründen dürfen Meredith und Co. Owen nicht einweihen, so dass dieser keine Ahnung hat, was genau vor sich geht und warum ihm seine Ex-Frau und seine Kollegen und Freunde in den Rücken fallen. Für Dr. Cahill ist es noch schlimmer. Natürlich gilt sie in gewisser Weise als die Böse, weil sie das Krankenhaus an ein Unternehmen verkaufen will, das Effizienz über Innovation und Funktionalität über Menschlichkeit stellt, aber letztlich macht Dr. Cahill nur ihren Job. Sie ist kein Fiesling und sie will niemandem im Seattle Grace/Mercy West etwas Schlechtes, sie versucht nur ein erfolgreiches Geschäft zustande zu bringen, wie man es von ihr erwartet. Ihr Ruf und ihre Karriere könnten durch die Ereignisse rund um das Seattle Grace/Mercy West den Bach runtergehen.

Die Schwachpunkte dieser Folge liegen ganz klar in den Nebenstorys. Zwischen Alex und Jo spielt sich immer mehr das Szenario ab, das man erwarten musste, weil es sich in dieser Serie einfach immer so entwickelt: nur Freundschaft geht nicht, es kommen Gefühle ins Spiel. In diesem Fall gehen die Gefühle von Alex aus. Ich zitiere mich selbst aus einer früheren Review: "Den bisherigen Gesetzmäßigkeiten der Serie nach, landen Alex und Jo früher oder später miteinander in der Falle, oder einer von beiden entwickelt massive Eifersucht, weil der andere jemanden fürs Bett findet." Und siehe da, Alex muss erleben, wie Jo einen anderen Mann erwählt, und wirkt alles andere als glücklich. Also bitte, wir sind die Zuschauer, nicht die Autoren, wir sollten nicht vorher wissen, was passieren wird!

Ebenfalls nicht überzeugend finde ich Aprils Romanze mit dem Sanitäter Matthew, da diese nicht den erhofften Fortschritt für April bringt, sondern sie nur weiter auf dieser "Oh mein Gott, ich hatte Sex vor der Ehe, mein Leben ist ruiniert"-Schiene gefangen hält, welche längst nur noch nervt. Wie sich herausstellt, ist Matthew Jungfrau, aus demselben Grund, aus dem April es bis vor kurzem noch war, doch statt ihre sexuellen Erfahrungen mit Jackson zuzugeben, behauptet April, auch noch immer unbefleckt zu sein. Oh Gott!

Maret Hosemann - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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