Review: #2.20 Was wäre wenn
Ich finde es immer toll, wenn Serien damit spielen, dass die Geschichten, die sie erzählen, fiktiv sind und diese Fiktion dann mal so richtig schön auf den Kopf gestellt wird. Sehr beliebt ist dabei natürlich die klassische "Was wäre wenn..."-Frage, die von den Machern von One Tree Hill in dieser Folge umgesetzt wird – womit der deutsche Episodentitel in diesem Fall ein absoluter Volltreffer ist! Die Folge ist außerdem eine schöne Erinnerung an die erste Staffel, da sich die Drehbuchautoren viel Mühe gegeben haben, Schlüsselszenen aus #1.01 Brüder und noch ein paar anderen Folgen der ersten Staffel teilweise wiederzupiegeln, teilweise identisch wiederzugeben.
Do you ever wonder what life would be like if Dan had married Karen?
Das fragt sich vermutlich nicht nur Nathan, sondern jeder Zuschauer: wäre das Leben der Scott-Brüder wirklich so anders gelaufen? Zumindest in Nathans Traum tut es das. Deb hat zwar keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern, weil sie nicht wollten, dass sie Nathan bekommt und ist mit ihrer kleinen Kneipe auch nicht wahnsinnig erfolgreich, aber sie ist glücklich. Nathan und Lucas haben ihre Rollen quasi getauscht: Nathan ist der bescheidene, freundliche Junge, der nichts anderes will als Basketball spielen und Lucas ist der egoistische Star der Ravens. Es ist zwar etwas schade, dass hier der Eindruck vermittelt wird, der Charakter der beiden wäre so extrem von Dan abhängig und austauschbar, aber Chad Michael Murray spielt den Fiesling absolut überzeugend und gefällt mir fast besser als in der Rolle des ewig netten Lucas.
Wirklich überraschend sind dagegen die Traum-Versionen von Karen und Keith. Karen ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, aber anders als Deb in der Realität hat sie nur noch wenig von der liebevollen Mutter, die wir kennen. Auch Keith ist nicht mehr der nette Mechaniker, sondern der arrogante Inhaber des Autohauses, das Dan ohne Debs Geld nicht eröffnen konnte. In diesem Traum haben sich Keith und Karen zwar endlich gefunden, aber sie haben nur eine Affäre, da Karen nicht bereit ist, sich von Dan zu trennen. Ihre veränderten Charaktere wirken sich auch auf ihre Beziehung aus: die Szene zwischen den beiden ist lange nicht so vertraut und innig, wie wir sie von Keith und Karen sonst kennen und Keiths Angebot, Lucas wie einen eigenen Sohn zu sehen, wirkt auch nicht sonderlich aufrichtig. Die beiden haben zwar beruflich und privat scheinbar alles erreicht, aber glücklich sind sie dabei nicht.
Fehlt nur noch der Protagonist des "Was wäre wenn..."-Szenarios, Dan Scott, der durch eine Entscheidung das Leben so vieler Personen verändert hat. Auch er selbst entspricht nicht komplett seiner realen Version: zwar ist er immer noch der Vater, der den von ihm angenommen Sohn zum Basketballstar machen und dem von ihm verstoßenen Sohn die Chance vermasseln will, aber es ist ein fast schon jämmerlicher Abklatsch des realen Dan. Als Angestellter von Keith und Assistenz-Trainer von Whitey lässt er sich von beiden unterbuttern und greift stattdessen zum Alkohol. Eine Verbesserung der Situation gibt es also tatsächlich nur für die beiden Menschen, die nichts mit Dan zu tun haben: Deb und Nathan.
You know you two are going to end up married someday.
Aber wir haben nicht nur gespiegelte Verhältnisse, etwas finden wir in Nathans Traum genau wie in der realen Welt: seine Liebe zu Haley. Zwar ist sie in erster Linie wie bei Lucas nur seine beste Freundin, aber Deb sieht es völlig richtig, wenn sie bemerkt, dass zwischen den beiden mehr als nur Freundschaft ist und diese eine gute Grundlage für eine Beziehung sein kann. Besonders toll fand ich, dass eine der schönsten Naley-Szenen Eingang in diese Folge gefunden hat, als Nathan und Haley am Pier sitzen und er ihr mit denselben Worten wie in der Realität das Armband gibt.
Es ist zwar zuerst etwas seltsam, dass diese Liebe im Traum Bestand hat, während Peyton sich wie von Nathan auch von Lucas trennt, aber dadurch wird auch deutlich, dass wir es hier nicht mit einer objektiven Parallelwelt zu tun haben, sondern mit einem subjektiven Traum Nathans. Er ist es, der diese Welt erlebt und aus diesem symbolischen "Was wäre wenn..." Konsequenzen für die Realität ziehen muss.
Hey, welcome back, little brother.
Als Nathan aus dem Traum erwacht hat er tatsächlich einige Erkenntnisse gewonnen. Zum einen wird ihm klar, dass seine Mutter immer nur versucht hat, ihn vor Dan zu schützen und er verträgt sich wieder mit ihr. Es ist schön zu sehen, dass die Liebe ihres Sohnes Deb die Kraft gibt, den Kampf gegen ihre Tablettenabhängigkeit aufzunehmen und dass die beiden sich wieder gegen Dan zu verschwören scheinen.
Andererseits wird Nathan wieder bewusst, dass auch er ähnlich wie Haley einen großen Traum hat: er will zu den High Flyers, um so den Grundstein für seine Basketball-Karriere zu legen. Ihm ist klar geworden, dass sie beide ihre Träume und damit sich selbst verwirklichen müssen, um einander nicht später die verpassten Chancen vorzuwerfen und sich ebenfalls mit "Was wäre wenn..."-Fragen aufzuhalten. Dass er daraufhin allerdings wieder so extrem handelt, Haley quasi zu verbieten, ihn zu besuchen, verschärft die Distanz zwischen den beiden und macht eine Versöhnung mal wieder ein Stück unwahrscheinlicher.
Sehr schön ist allerdings die Parallelität der Aufwachszene, die sofort an #1.14 Glaube versetzt Berge erinnert, wo Nathan derjenige ist, der an Lucas Bett sitzt als er aus der Bewusstlosigkeit erwacht. So gut mir der fiese Lucas auch gefallen hat, es geht doch nichts über diese Brüderszenen!
Fazit
Eine interessant konzipierte und toll umgesetzte Folge, die aus dem Alltag der Serie ausbricht und eine sehr positive Botschaft hat: die Liebe von Nathan und Haley hat scheinbar immer Bestand! Hoffen wir mal, dass es den beiden auch langsam mal wieder klar wird...
Lena Stadelmann - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Lifetime Piling UpErstausstrahlung (US): 10.05.2005
Erstausstrahlung (DE): 19.04.2010
Regie: Les Butler
Drehbuch: Mark B. Perry
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