Bewertung

Review: #5.10 Begraben

"Breaking Bad" steuert immer weiter auf sein Ende zu, zieht das Tempo schon früh in der zweiten Hälfte der fünften Staffel merklich an und lässt dem Zuschauer dadurch keine Sekunde zum Durchatmen. Bekam der Zuschauer schon in der letzten Folge die direkte Konfrontation zwischen Hank und Walt serviert, so setzte sich diese Folge mit den Konsequenzen von Hanks Durchbruch und dem Aufbau verschiedener Allianzen auseinander. Dabei steht neben Walts verzweifeltem Versuch seine Spuren zu verwischen, vor allem Skyler im Zentrum des Geschehens, die sich in dieser Folge vorläufig für eine Seite entscheidet. Daneben kommt noch eine dritte Partei ins Spiel, die die Figurenkonstellationen nur noch komplexer macht.

"You're done being his victim"

Die Folge setzt in ihrem Hauptplot genau dort wieder an, wo sie in der letzten Folge stehen geblieben ist, und zwar in Hanks Garage, wo sich Hank und Walt noch kurz gegenüberstehen, um dann sich voneinander zu entfernen, um beide auf ihre Weise die nächsten Schritte einzuleiten. Hank ist dabei ein bisschen schneller und schafft es als erstes Skyler zu erreichen und ein Treffen mit ihr zu vereinbaren. Dieses Treffen ist dann auch der erste große Höhepunkt einer Folge voll von Höhepunkten und konsequenten storytechnischen Weiterentwicklungen. Das Gespräch zwischen Hank und Skyler in einem Café ist geprägt von der "Breaking Bad"-typischen Intensität und zeigt zunächst einen Hank, der übereifrig und unkontrolliert beginnt auf Skyler einzureden und sie bereits im Café um eine Zeugenaussage bietet. Hank steht mit dem Rücken zur Wand, für ihn zählt jede Sekunde und er braucht Skyler und zunächst ist er sich auch sicher, dass Skyler mit ihm kooperiert, doch Skyler entscheidet sich anders und zeigt dadurch unerwarteter Weise Walt ihre Loyalität. Diese Entwicklung überrascht und ist eine zentrale, für die weitere Entwicklung der Handlung elementare Entscheidung. Es kann viel darüber spekuliert werden, warum sich Skyler für Walt und gegen die Kooperation mit Hank entscheidet. Will sie ihre Familie beschützen? Hat sie Angst, dass sie bereits zu tief in Walts kriminellen Handlungen drinsteckt oder ist sie auch langsam schon dabei einen ähnlichen Weg wie Walt einzuschlagen?

Eine weitere bemerkenswerte Szene erfolgt zum Schluss der Folge, als Walt vor ihr zusammenbricht und sogar so weit ist sich freiwillig der Polizei zu stellen und Skyler ihn in diesem Moment davon abhält und ihm rät, die Ruhe zu bewahren. Skyler ist es hier die dazu beiträgt, dass Walter keinen Schlussstrich zieht und die Konsequenzen aus seinen Handlungen trägt. Skyler hat sich schlussendlich auf die Seite von Walt geschlagen. In einer weiteren intensiven Szene wird sie von einer schockierten Marie auch mit ihren eigenen Taten konfrontiert und auch in dieser Szene sind die Fronten geklärt: Hank und damit auch Marie auf der einen Seite und Walt und Skyler auf der anderen. Was Skyler genau antreibt bleibt dabei aber wage und schwammig. Ihre Entwicklung, in der sie Walt schon offen den Tod gewünscht hat und ihre gemeinsamen Kinder vor ihm beschützen wollte, hat dies nicht unbedingt angedeutet, trotzdem ist diese Entwicklung im Gesamtkontext der Serie nicht unglaubwürdig und wird sicher in den nächsten Folgen noch genauer thematisiert und ausgearbeitet. Die Figur der Skyler bleibt also hochspannend und dominiert mit ihrer Entwicklung diese Folge. Die Szene im Café war dabei auch herausragend von Anna Gunn gespielt, dessen Leistung neben denen von Bryan Cranston und Aaron Paul leider immer ein wenig in den Hintergrund gedrängt wird.

"It's over for me"

Wie bereits erwähnt steht Hank momentan mit dem Rücken zur Wand. Mit Skyler hätte er eine Kronzeugin im Prozess gegen Walt gewinnen können, die ist ihm dann aber überraschenderweise abgesprungen und so wird auch Hank, genau wie Walt immer verzweifelter, weiß er doch selbst, dass seine Karriere nun im Grunde vorbei ist, hat er doch viel zu spät bemerkt, dass der von ihm fast manisch gejagte Heisenberg sein eigener Schwager ist. Hank gerät nun in ein brutales Spannungsfeld verschiedener Loyalitäten: Familie und Job sind nun untrennbar miteinander verbunden und er muss nun gegen die Schwester seiner eigenen Frau vorgehen, Beweise finden, um sich damit selbst auch ein Stück weit zu retten. Die Verzweiflung und Wut Hanks kam schon in der letzten Folge überdeutlich zum Ausdruck und finden auch in dieser seine Fortsetzung. Das Ende der Folge ermöglicht dann aber eine ungeahnte Chance: Jesse scheint aussagen zu wollen. Hier beginnen sich die verschiedenen Loyalitäten dann noch wilder und schneller zu drehen. Der brutale Cliffhanger dieser Folge deutet an, als ob Jesse nun endgültig aufgibt und sich Hank vollkommen ausliefert. Jesse, der in dieser Folge kein einziges Wort sagt und auch sonst nur in der wunderbar inszenierten ersten und letzten Szene der Folge auftaucht, scheint nun endgültig und vollkommen am Ende. Ob er dann aber wirklich mit Hank kooperiert, zu dem er auch nicht wirklich ein gutes Verhältnis hat und ob er damit dann auf die Seite Hanks wechselt und damit ins Schussfeuer von Walt gerät, wird sich zeigen müssen, ist nach momentanem Stand aber mehr als wahrscheinlich.

"I don't wanna see"

Der einzige Handlungsstrang, der recht isoliert ist von dem übrigen Geschehen der Folge, ist der um Lydia, die sich mit der momentan qualitativ nicht wirklich gehobenen Ansprüchen gerecht werdenden Meth-Produktion auseinandersetzten muss und schließlich zu drastischen Mitteln greift. Die ganze Inszenierung des darauffolgenden Massakers, von dem der Zuschauer, genau wie auch Lydia aber wenig zu Gesicht bekommt, ist großartig inszeniert und zeigt auch wieder die Persönlichkeit von Lydia, die zwar selbst tief in die kriminellen Strukturen verstrickt ist, trotzdem mit der brutalen und widerwärtigen Seite des blutigen Geschäfts nichts zu tun haben will und davor einfach die Augen verschließt. Ganz anders, als der immer etwas zurückgeblieben wirkende Todd, der mit seiner Sippschaft zusammen nun den Meth-Betrieb in Zusammenarbeit mit Lydia wohl an sich reißen will. Wie bereits erwähnt stehen diese Ereignisse momentan noch in keinem direkten Zusammenhang mit den Geschehnissen um Walt und Hank und bisher ist auch noch nicht wirklich abzusehen, welche Rolle diese dritte Partei schließlich noch spielen wird. Dies wird sich zeigen müssen, fest steht aber, dass man mit Lydia und auch Todd zwei weitere, ambivalente und aufregende Charaktere in den Reihen hat, die auch in der Lage sind, noch für ordentlich Zündstoff zu sorgen.

"Just kill me"

Abschließend soll hier natürlich auch noch genauer auf Walt eingegangen werden, dessen panische Verhaltensweisen nur noch wenig mit dem abgebrühten Soziopathen aus der näheren Vergangenheit zu tun haben, sondern vielmehr dem ähneln, wie sich der Chemielehrer Walter White aus den Anfangstagen der Serie verhalten hat. Walt ist panisch, fährt aufgeregt hin und her, versucht Skyler zu erreichen, schafft dies aber nicht rechtzeitig, da ihm Hank zuvor kommt und kümmert sich dann um das Verstecken der einzigen wirklich aussagekräftigen Beweise und dies ist das Geld. In Zusammenarbeit mit Sauls Handlangern, die für eine tolle humoristische Auflockerung sorgen, in dem sie sich beim Abholen des Geldes zunächst darauf herumwälzen, gelingt es Walt schließlich auch das Geld in die Wüste zu bringen und es dort in einem Akt erhöhter körperlicher Anstrengung, die für den Zuschauer selbst fast fühlbar wird, das ganze Geld in einem tiefen Loch zu vergraben. Rasant wird auch auf dieser Ebene die Handlung vorangetrieben. Am interessantesten ist hier aber die Gebrochenheit Walts, der körperlich und auch psychisch am Ende ist und kurz vorm aufgeben, davon, dann aber aber von Skyler abgehalten wird. Walt ist in dieser Folge bereits an dem Punkt angelangt, in dem er sich fast schon nach dem Tod sehnt, ein Umstand, der ihn nur noch gefährlicher macht, hat er selbst doch eigentlich nichts mehr zu verlieren.

Fazit

"Breaking Bad" prescht weiter mit einem bemerkenswerten Tempo in Richtung Serienfinale: Allianzen bilden sich, Entscheidungen werden getroffen, Blut fließt und die Fronten werden immer härter. Eine Folge, voll wichtiger Entscheidungen und zentraler Gespräche, filmisch stark umgesetzt, wird in dieser Folge doch überdeutlich, dass "Breaking Bad" das hohe Niveau der vergangenen Jahre spielend halten kann.

Moritz Stock - myFanbase

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