Blood, Meth and Tears
Walters größte Fehlentscheidungen

Im vierten Teil unserer Abschiedskolumne zu "Breaking Bad" betrachten wir die größten Fehlentscheidungen innerhalb der fünf Staffeln von Walter White. An welchen Punkten gab es kein Zurück mehr für ihn? Lest hier, welche Entscheidungen unsere Redakteure als die größten Fehler betrachten. Achtung: Spoiler!
Melanie Wolff meint:
Unter all den Entscheidungen, die Walter im Laufe der Serie getroffen hat, die eine herauszufiltern, die sein größter Fehler gewesen ist, ist schier unmöglich. Es könnte bereits die Entscheidung gewesen sein, überhaupt ins Drogengeschäft einzusteigen, denn solch ein Pfad endet für niemanden wirklich mit glorreichen Ruhm, ohne dass gleichzeitig Unmengen an Opfern eingefordert werden. Und Walter musste am Ende eine Menge Opfer bringen, um diejenigen zu retten, die er versehentlich in Situationen gebracht hatte, die lebensbedrohlich hätten enden können.
Die Entscheidung Krazy-8 zu töten, mag aus einem Moment entstanden sein, in dem Walter sich nicht mehr anders zu verteidigen wusste, aber es war eine Entscheidung, die seinen zukünftigen Pfad bestimmen sollte. Von da an gab es für ihn eigentlich nur noch eine einzige Richtung, zurückgeblickt hat er von dieser Sekunde an nur selten.
Immer wieder trifft Walter von da an Entscheidungen, die sein Leben beeinflussen und die ihn tiefer in einen Sumpf aus Lügen hineinführen. Dabei versucht er stets, die Dinge so manipulieren, dass das bestmögliche Ergebnis für ihn dabei heraus springt. So beschließt er beispielsweise, tatenlos dabei zuzusehen, wie Jane an ihrem eigenen Erbrochenen erstickt, weil er weiß, dass Jesse erst dann wieder frei für ihn selbst ist. Dass er Jesse damit in eine tiefe Sinnkrise stürzt, ahnt er hier noch nicht. Und auch wenn er versucht, seine Familie als Rechtfertigung seiner Taten herzuziehen, so ist es doch unglaublich, dass er keinerlei Rücksicht auf diese zu nehmen scheint. Allen voran Skyler muss unter dem neu gefundenen Selbstbewusstsein von Walter leiden, der mal eben in sein eigenes Haus einbricht und sich dort breit macht, ob es seiner Frau passt oder nicht. Er nötigt sie mit der Zeit sogar, seine Komplizin zu werden, auch wenn er immer wieder beteuert, dass er nur das beste für sie und seine Kinder will.
Die Entscheidung, die für Walter jedoch der berühmt-berüchtigte "point of no return" darstellte, war der Moment, in dem er beschloss, einzugreifen, als Jesse kurz davor war, zwei Drogendealer zu erschießen und er stattdessen selbst zur Waffe griff. In diesem Moment rettete er zwar Jesse das Leben, doch er wusste, dass er damit sein eigenes Todesurteil unterschrieben hatte. Und um dieses zu umgehen, musste er zu noch drastischeren Mitteln greifen: er nötigte Jesse dazu, den unschuldigen Gale zu töten und war letztendlich derjenige, der Gus Fring niederstreckte und dadurch ein ganzes Imperium ins Wanken brachte. Durch die fehlende Ordnung brachte er schließlich Hank auf seine Spur, sorgte dafür, dass seine Familie das volle Ausmaß seiner Taten erkannte und es für ihn selbst nur noch einen Ausweg gab – den eigenen Tod.
Rückblickend muss dies wohl der Mord an den beiden Drogendealern wohl die größte Fehlentscheidung gewesen sein, die Walter White in seiner Karriere als Heisenberg getroffen hat, denn diese Entscheidung bereitete ihm zwar den Weg an die Spitze des Drogenkartells, doch sie war auch gleichzeitig die Entscheidung, die ihn am Ende zu Fall bringen sollte, da Jesse sich von dieser Sache und allem was sie nach sich zog einfach psychisch nicht mehr erholen konnte.
Nicole Oebel meint:
Walter entscheidet sich angesichts der Tatsache, dass er an Krebs leidet und nicht mehr lange zu leben hat, sein Leben ordentlich umzukrempeln. Vordergründig muss die finanzielle Vorsorge für seine Familie als Rechtfertigung für diesen Schritt herhalten, in Wahrheit aber will Walter es noch einmal so richtig krachen lassen. Er ist ein 50-jähriger Chemielehrer, der ein biederes, wenig aufregendes Dasein fristet, obwohl er seinem Gefühl nach zu Höherem bestimmt war. Die Chance, Teil eines milliardenschweren Chemiekonzerns zu werden, rann ihm vor Jahrzehnten durch die Finger und angesichts seiner nunmehr niedrigen Lebenserwartung, erkennt er, dass er mehr aus dem Leben herausholen will. Seine erste Fehlentscheidung also liegt im Grunde Jahrzehnte zurück. Er war sich seiner Intelligenz und Fähigkeiten früh bewusst, ließ sich aber vom Weg abbringen und machte nichts aus seinem Talent. Sein schlummernder Wunsch, Selbstbestätigung zu erlangen, wacht also mit einem Schlag wieder auf, als er seine Diagnose bekommt, und wird sofort übermächtig.
Auf seinem Weg, ein Drogenimperium aufzubauen, überschreitet er viele Grenzen, die aus moralischer Sicht absolute Fehlentscheidungen waren, für sein Bestreben, der beste Meth-Produzent und alleinige Herrscher über den Meth-Markt zu werden, aber unerlässlich sind. Erste Morde lassen nicht lange auf sich warten, aber diese Leute standen ihm im Weg und mussten konsequent aus dem Weg geräumt werden, wenn er es wirklich zu etwas bringen wollte. Skrupellosigkeit scheint in Walter bereits veranlagt zu sein, denn er schaut nach seinen Grenzüberschreitungen nie zurück und wird selten von seinem Gewissen geplagt.
Eine dauerhafte Fehlentscheidung mag auf jeden Fall sein Umgang mit seinen Mitmenschen gewesen sein. Jesse ist ein junger Mensch, der noch sehr formbar war. Es hätte vermutlich in Walters Hand gelegen, Jesse zu einem echten Ersatzsohn zu machen, der bis zum letzten Atemzug absolut treu und loyal geblieben wäre. Eine stärkere Vertrauensbasis zu Skyler wäre auch denkbar gewesen. Skyler zeigte durchaus kriminelles Potenzial und starke Loyalität, nachdem sie endlich die Wahrheit über Walter erfahren hatte. Walters Alleingänge und Lügen waren insofern ursprünglich durchaus Fehlentscheidungen, auch wenn er diverse Male damit zum Ziel kam.
Gus gegen sich aufzubringen, indem er zum Schutze Jesses zwei seiner Leute umbrachte, wäre sicherlich keine gute Entscheidung gewesen, wenn er einfach weiterhin als Angestellter seine Millionen hätte verdienen wollen, da er aber selbst zum Drogenbaron werden wollte, war Gus' Beseitigung unerlässlich. Als er das erreicht hatte, war er eigentlich am Ziel angelangt. Aber hier wurde er leichtsinnig, gab nicht mehr genug Acht und pflegte seine Partnerschaft mit Jesse zu wenig. Und seine größte Fehlentscheidung in diesem Moment traf er mit dem Engagement der Nazi-Truppe rund um Onkel Jack. Diese Jungs hatte er nicht unter Kontrolle, sie waren keine eiskalten Profis wie Mike, der einen Auftrag glatt erledigte und eine Abmachung in Ehren hielt, diese Jungs waren nur auf den eigenen Gewinn aus und übervorteilten ihn bei erster Gelegenheit. So kam es zum Mord an Hank und dem Zusammenbruch des gesamten Kartenhauses.
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