Bewertung
Wendy Rogers

Der Elefant des Magiers

Foto: Der Elefant des Magiers - Copyright: 2022 Netflix, Inc.
Der Elefant des Magiers
© 2022 Netflix, Inc.

Inhalt

Peter wächst nach dem Tod seiner Eltern als Waise bei dem Soldaten Vilna auf. Er hat aber eine vage Erinnerung an seine Schwester und will diese unbedingt finden. Zufällig trifft er auf dem Markt auf eine Wahrsagerin, die ihm bestätigt, dass seine Schwester noch lebt und ihm in Aussicht stellt, dass das mit einem Elefanten in Zusammenhang steht. Noch am selben Abend geht der Zauberspruch eines Magiers schief und statt Lilien erscheint ein riesiger Elefant. Für Peter ist das ein Zeichen, doch bis ihm der Elefant helfen kann, muss er drei unlösbare Aufgaben erfüllen.

Kritik

Animationsfilme sind bei Netflix wieder deutlich runtergeschraubt worden, was angesichts einer Teilzielgruppe Kinder durchaus enttäuschend ist. Von daher muss man wohl inzwischen jede Veröffentlichung als Gewinn sehen, darunter auch "Der Elefant des Magiers". Für diese Produktion hat man sich in der Vorlage bei der Kinder- und Jugendbuchautorin Kate DeCamillo bedient, die deutschen Fans vielleicht durch "Winn-Dixie" oder "Flora und Ulysses" ein Begriff sein könnte. Ich persönlich kenne nur Ersteres und die Lektüre liegt meinem Alter geschuldet einige Jahre zurück, was andererseits natürlich auch unterstreicht, dass DeCamillo schon wirklich lange ihr Genre beherrscht und sich immer wieder neue (fantastische) Geschichten für Kinder und Jugendliche ausdenkt. Bei "Der Elefant des Magiers" ist nun augenscheinlich, dass der Film optisch sehr simpel gehalten ist. Das meine ich noch nicht mal unbedingt auf den Branchenriesen Disney bezogen, sondern Netflix hat eben schon einige Animationsfilme an den Start gebracht, wie beispielsweise "Die Mitchells gegen die Maschinen" oder "Die bunte Seite des Monds". Beide sind optisch deutlich aufwendiger produziert worden.

Dennoch würde ich das argumentativ nicht gegen "Der Elefant des Magiers" verwenden wollen, denn ich hatte den Eindruck, dass ich optisch dadurch auch nicht so abgelenkt war und vielmehr beim Inhalt sein konnte. Wenn ich beispielsweise an "Strange World" denke, was im letzten Jahr bei Disney erschienen ist, dann gab es da so viel zu entdecken (manchmal sogar schon zu abstrakt) und zu verarbeiten, dass ich nicht überall sofort mitkommen konnte. Wenn ich dann an die kindliche Zielgruppe denke, dann wird es umso wichtiger, dass die Eindrücke angemessen sind, damit sie auch dem Inhalt folgen können. Die Aufgabe wird "Der Elefant des Magiers" durchaus gut gelöst haben, denn alles ist eine große Nummer runtergefahren. Auch die Handlung ist nicht überdimensioniert worden. So ist das fiktive Städtchen Baltese nicht durch irgendwelche Besonderheiten charakterisiert. Bis auf den Palast mit der Gräfin ist das Leben sehr normal und einfach, so dass man sich gut einfinden kann.

Tatsächlich wirkt das Geschehen aber manchmal im Zwiespalt zwischen Zukunft und Vergangenheit gefangen. Peter wohnt beispielsweise in einem Haus mit den Matiennes, wobei Leo und Gloria unterschiedliche Hautfarben haben und es ist erfrischenderweise überhaupt kein Thema. Das wirkt zukunftsgewandt. Umgekehrt ist aber das durch Vilna verkörperte Soldatensein etwas seltsam, weil sich für Baltese keine konkrete Bedrohungslage erkennen lässt. Warum ist Vilna daher so geeicht darauf, Peter wie einen kleinen Soldaten heranzuziehen? Es ist natürlich eine US-amerikanische Produktion, wo Heimatstolz und Militär ja oft miteinander verbunden sind, aber ich fand diese Nuance eher unpassend für die Geschichte und daher rückwärtsgewandt. Vilna deutet in meinen Augen aber auch an, was ich als Schwäche des Films festmachen wollen würde. Während er auf der positiven Seiten etwas zu sagen hat, dazu aber gleich mehr, so ist es umgekehrt auffällig oft so, dass der Film einige Figuren in ihren Besonderheiten aus den Augen verliert und damit es ihnen schuldig bleibt, sie richtig auszuarbeiten. Zu Vilna beispielsweise fallen mir tausend mögliche Erklärungen ein, um sein Verhalten zu erklären, das wahrscheinlichste wäre wohl PTBS, aber so richtig will der Film das nicht beantworten. Ein weiteres Beispiel sind die angesprochenen Matiennes, bei denen angedeutet wird, dass sie Probleme mit dem Elternwerden haben, weswegen es ihnen so gut tut, wie Peter an einer Stelle ihren Eintopf runterschlingt. Ich hatte daher am Ende eigentlich erwartet, dass es in die Richtung ausgeht, dass die Geschwister Adele und Peter bei den Matiennes unterkommen. Diese Antwort gibt es aber nicht, weswegen ich diese Andeutung eben nur als solche empfinde: eine Andeutung, aber keine eigene vollständige Geschichte.

In diese Richtung gibt es noch weitere Beispiele, aber das würde hier die Rezension einseitig sprengen. Vielleicht ist die Erklärung auch wieder die Zielgruppe, denn es sind eben Themen, die sicherlich auf der Wunschliste von Kindern nicht ganz oben stehen, aber dann hätte ich sie in der Konsequenz auch gar nicht so angedeutet. Kommen wir aber zu dem Positiven, denn ein Peter beispielsweise ist toll ausgearbeitet und er eignet sich auch charakterlich hervorragend als Held. Das hat man besonders an den drei Aufgaben gesehen, die er zu erfüllen hatte. Er hat sie alle auf ganz unterschiedliche Art und Weise gelöst, aber eben nie so, wie man es vielleicht erwartet hätte. So konnte er einige löbliche Eigenschaften unter Beweis stellen, was schließlich auch darin mündet, dass er seine eigenen Pläne für den Elefanten hintenanstellt. Spätestens diese Selbstlosigkeit macht ihn dann zu einer wirklich runden Figur, die ich so ausgearbeitet wirklich als toll empfunden habe.

Es ist auch auffällig, wie viele ruhige Momente sich der Film nimmt. Das kann man schon wieder zu kitschig finden, aber ich würde es eher als Auskosten jedes Details bezeichnen. Dazu gehört beispielsweise auch das Gespräch des Magiers mit Madam LaVaughn, wo er in Selbstzweifeln vergeht, weil seine Zaubersprüche nie das bewirken, was er will. Und ausgerechnet sie, die ihm ständig in den Ohren liegt, dass sie von einem Elefanten begraben wurde, gibt die aufmerksame Zuhörerin und erinnert ihn schließlich daran, dass er statt Blumen einen tonnenschweren Elefanten herbeigezaubert hat, was beeindruckend genug ist, auch wenn es nicht intendiert war. So wird aus vermeintlichen Gegnern in der Sache dann doch ein charmantes Duo, das sich gegenseitig durch die Tiefen des Lebens hilft. Was dagegen letztlich so wirklich die Motive hinter Figuren wie der Wahrsagerin oder des Königs waren, das war für mich nicht ganz so augenscheinlich und da wären wir wieder bei der stellenweise vorhandenen Oberflächlichkeit. Aber dafür werden auch die stummen Blicke zwischen Peter und dem Elefanten ausgekostet. Da muss er nicht auf einmal sprechen können, stattdessen blicken sie sich einfach in die Seele. Da ist neben der Oberflächlichkeit dann doch auch viel Tiefe gegeben.

Fazit

"Der Elefant des Magiers" ist ein sehr simpel gehaltener Animationsfilm, der nun bei Netflix zu streamen ist. Für die Zielgruppe der Kinder finde ich ihn wirklich gut gemacht, weil die Einfachheit der Stilistik nicht unnötig ablenkt und so die Botschaften des Films wirken können. Etwas älter fallen viele Oberflächlichkeiten dann doch ins Auge, aber dennoch insgesamt ein runder Film, den man sich gut angucken kann.

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Lena Donth - myFanbase
22.03.2023

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