Bewertung

Review: #3.20 Das andere Universum

Es war ein anstrengendes Wochenende für "Community"-Fans, an dem nach der US-Ausstrahlung der letzten drei Folgen der 3. Staffel bekannt wurde, dass Dan Harmon als Showrunner der Serie gefeuert wurde und in der 4. Staffel nicht mehr involviert sein wird. Wenn sich der Schreck über diese Nachricht einmal gelegt hat, wird sicher jeder einzelne Anhänger der Serie selbst zu einem Entschluss kommen, was das für ihn persönlich bedeutet. Ich selbst werde damit wohl diese drei Finalfolgen als meinen Abschied von "Community" betrachten. Zumal #3.20 Digital Estate Planning wieder einmal demonstriert, warum ich lieber eine krude und durchgeknallte Episode mit meinen Lieblingscharakteren in einer erfundenen Videospielewelt sehe, als wie sie diversen Liebschaften nachgehen oder anderen alltäglichen Serienthemen, die einen sonst so in der Welt der Sitcoms erwarten. Diese Ausflüge in andere Stilwelten und die absolute Hingabe zu diesen Ideen, wenn auch nicht immer mit der gelungensten Umsetzung, sind für mich die Seele der Serie. Und ohne Harmon erscheint mir der Gedanke an eine 4. Staffel rund um die Greendale Seven wie ein Projekt aus dem Reich der Fan-Fiction und nicht zum Gesamtwerk gehörend.

Diese recht pathetischen Gedanken, die mir nun leider beim Schauen dieser Folge immer wieder durch den Kopf schwirren, können zwar nicht davon ablenken, dass sie trotz des insgesamt sehr positiven Eindrucks durchaus auch einige Schwächen hat. Aber die werden für mich durch den Ideenreichtum, den guten Abschluss der Pierce-Entwicklung in dieser Staffel und durch den mit Abstand großartigsten Gastauftritt der gesamten Season durch Giancarlo Esposito wieder wett gemacht. Ob Digital Estate Planning ein Meisterwerk ist, wird erst die Wirkung der Zeit zeigen, aber es ist definitiv eine Episode von "Community" mit all den Dingen darin, die mich die Serie so lieben lassen.

Kommen wir aber zunächst zu den Details, die nicht so gelungen sind. Dazu gehört für mich in erster Linie die Platzierung der Episode im Verlauf der Staffel. So direkt nach der Erkenntnis, dass der Dean seit Wochen gekidnappt ist und ohne irgendeine Referenz dazu, wirkt sie für mich völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Und es wäre sicher günstiger gewesen, diese Episode noch vor dem Einsetzen des Chang-Diktatur-Handlungsstrangs zu senden, aber wahrscheinlich standen hier die Realitäten der Produktion im Weg, denn sicher hat die Produktion der Folge einiges an Zeit und Budget in Anspruch genommen und konnte wohl nicht eher gesendet werden. Ideal ist dieser Moment daher wohl nicht, nimmt sie der restlichen Handlung doch etwas das Momentum und auch die Bedeutung für Pierce geht für mich dadurch etwas unter. Dennoch war es ein wichtiger Baustein für ihn, nach dem Tod seines Vaters wieder mit diesem konfrontiert zu werden, und noch wichtiger, ein Bündnis mit seinem neu entdeckten Halbbruder Gilbert Lawson zu schließen. Wie bereits erwähnt, hat Esposito aus diesem kleinen, aber feinen Part das Bestmögliche herausgeholt, was natürlich jeden "Breaking Bad"-Zuschauer wenig überraschen kann. Besonders beeindruckt hat mich dabei aber, dass hier in diesem kurzen Auftritt seine Paraderolle gar nicht so präsent war, sondern dass er aus Gilbert schnell einen eigenständigen Charakter schaffen konnte. Natürlich sind gewisse Züge von Gus Fring subtil darin eingeflossen, bei jedem wortlosen Auftritt und schüchternen Brillenputzer von Gilbert wurde man an "Breaking Bad" erinnert (und das kleine Hippie-Massaker hat sicher auch nicht zufällig an ein bestimmtes Teppichmesser erinnert), aber all dies war so dezent, dass es auch für einen Zuschauer funktionierte, der "Breaking Bad" nicht kennt. So sind die Greendale Seven am Ende der Folge fast ein wenig in den Hintergrund gerückt, auch wenn natürlich die Geste, sich um ihn zu scharen und ihm am Ende zu helfen, wirklich rührend war.

Doch, rein inhaltlich hat mir das Ganze wirklich sehr gefallen. Zwar gibt es hier nicht viel zwischen den Zeilen zu lesen, aber das mindert nicht den guten Eindruck, denn was erzählt wird, hat Hand und Fuß. Es geht um Pierce, der zwar spöttisch und gemein wie eh und je ist, aber im Grunde seines Herzens doch froh, dass seine Freunde ihm zur Seite stehen. Die Mischung aus bösen Sprüchen, die er über den gesamten Verlauf abgibt, und ehrlichen Emotionen ist sehr ausgewogen und machen dies zu einer sehr guten Episode für den Charakter Pierce. Besonders die Bereitschaft, über all den oberflächlichen Rassismus, den Pierce von seinem Vater eingeimpft bekommen hat, hinwegzusehen und seinen Bruder als Familie zu akzeptieren, war ziemlich sentimental, aber auf die gute Art und Weise.

Über den Charakter der Videospielparodie kann ich als nicht einmal Gelegenheitsgamer wenig sagen, für mich jedenfalls war es eine gelungene und amüsante Hommage. Das Highlight war dabei wohl unzweifelhaft das Massaker durch Annie und Shirley, aber auch der kleine Subplot um Abed und seine wohl erste große Liebe Hilda konnte überzeugen. "Community" ist mittlerweile so weit mit seinen Genre-Parodien gegangen, dass die pure Ambition dahinter niemanden mehr zu Begeisterungsstürmen animieren kann, aber das soll die Leistung dahinter, aus diesen auf dem Papier wie bloße Schnapsideen wirkenden Konzepten solch gute und konsistente Episoden zu zaubern, nicht schmälern. Es ist definitiv viel schwieriger, dieses Maß an Ausgefallenheit und Abwechslung über einen langen Zeitraum aufrecht zu erhalten, als mit einem Novum einmalig für Aufregung zu sorgen.

Und nachdem ich nun #3.20 Digital Estate Planning zum wiederholten Male gesehen und mich immer mehr in die Details, die putzige Optik und die vielen Nebenbeigags verliebt habe, bringe ich es einfach nicht übers Herz, hier nicht die volle Punktzahl zu geben. Zwar werden die Probleme auch noch einmal deutlich, wenn man darüber nachdenkt, dass die Szene mit Troy, Abed und dem Baby am Ende hier gar nicht stattfinden kann, denn sie dürfen sich dem Campus ja nicht nähern. Hier liegt der Grund aber in der berüchtigten Szene, die Chevy Chase wegen seines Streits mit Harmon nicht zu Ende gedreht hat, so dass man auf eine Ersatzszene ausweichen musste. Es sind alles Kleinigkeiten, die mit dem Wissen über ihren Hintergrund leicht zu verzeihen sind. Nein, #3.20 Digital Estate Planning gehört definitiv zu meinen absoluten Lieblingsfolgen der Serie und muss dementsprechend geehrt werden.

Cindy Scholz - myFanbase

Die Serie "Community" ansehen:


Vorherige Review:
#3.19 Mit Abed auf der Coach
Alle ReviewsNächste Review:
#3.21 Changs Diktatur

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "Community" über die Folge #3.20 Das andere Universum diskutieren.