Bewertung

Review: #3.15 Vampire und andere Dämonen

Würde ich mich mit meiner Beurteilung von #3.15 Origins of Vampire Mythology nur auf den Teil der Handlung, der in Abed und Troys Apartment stattgefunden hat, beschränken, dann würde diese Episode von mir volle Punktzahl bekommen. Denn dieses kleine Kammerstück, was sich dort zwischen den Anwesenden abspielte, hat mich restlos begeistert. Das war vielleicht nicht der ausgeklügelte und gleichzeitig tiefsinnige Blödsinn so mancher Experimentalfolge, aber hat doch in vielen Elementen so genau den Kern menschlicher Eigenheiten getroffen, dass ich tief beeindruckt bin. Dabei werden solche grundlegenden Themen wie Freundschaft, Liebe und Abhängigkeit darin verwoben, und auch wenn man seine obersten Leitmotive wieder einmal in einer Jeff-Winger-Rede klar und deutlich ausspricht, lauern darunter noch einige unangenehme Wahrheiten für unsere Protagonisten, die aber auch auf den Zuschauer zurückstrahlen. Wenn dieser es zulässt, sich selbst einen Spiegel vorzuhalten.

Jeffs Rede, die den Konflikt der Folge gekonnt auflöst, fasst zusammen, dass wir Menschen uns manchmal genau an die Personen klammern, die uns am schlechtesten behandeln. Da wir uns selbst nicht lieben, manchmal derart von Selbstzweifeln geplagt sind, dass es in Verachtung umschlägt, dass wir unser Gegenüber genau mit dieser Verachtung strafen, sollte er eben genau das Gegenteil in uns sehen. Britta ist natürlich das vordergründige Beispiel in dieser Episode, mit ihrer irrationalen Abhängigkeit vom Jahrmarktsbudenbetreiber Blade. Aber auch Annies blinde Verehrung Jeffs, obwohl dieser sie am ausgestreckten Arm verhungern lässt, aber ebenso genau dieses Verhalten seinerseits, da er Annie nicht ernst nimmt, weil sie ihn so unumwunden anhimmelt, gehört in diese Kategorie. Der einzige, der versucht aus diesem Kreislauf auszubrechen und ihn offensichtlich von Anfang an als destruktiv erkennt ist Troy, der zum stillen Helden der Episode wird. Wenn man genau aufpasst, werden die ersten Anzeichen dafür schon in der ersten Szene offensichtlich, als er sich mit immer größerem Unbehagen an den Lästereien über Britta beteiligt.

Geradezu genial finde ich die wirklich subtile Verbindung zum Vampirgenre, die über den Titel und natürlich über die Referenz zum Film "Blade" hergestellt wird. Beim Lesen des Folgennamens hätte man vielleicht im ersten Augenblick eine Referenz zu einem Beispiel des viel aktuelleren Vampirtrends erwartet, sagen wir dem "Twilight"-Hype oder den diversen TV-Vertretern, aber diese Verbindung wird ganz untergründig hergestellt. Denn die vielen kleinen Mädchen, die den ach so bösen Vampir-Bad-Boys nachschwärmen, begehen genau diese Version der Selbstentwertung, wie sie von Britta demonstriert wird. Die Pop-Kultur suggeriert den Teenie-Mädels, dass ihre Erfüllung im Anhimmeln und -schwärmen aufregender, aber sie verachtender Jungs liegt. Solches Verhalten mag in diesem jungen Alter noch harmlos sein und etwas, wo man mit ein wenig Intelligenz und Selbstachtung hinauswachsen kann, aber die Tendenzen auch bei Erwachsenen bleiben dennoch immer öfter weiter in dieser Richtung. Ob es nun die wert- und reflexionsfreie Verehrung von coolen Massenmördern ist, oder die Verherrlichung von menschenverachtender Selbsterhöhung; auch die Männer sind davor nicht gefeit. Und natürlich bin ich es selbst auch nicht, bevor sich noch jemand auf den Schlips getreten fühlt, aber ich bin ein großer Anhänger davon, wenn mir meine Serien für meine eigenen Fehler einen Spiegel vorhalten, um diese klarer zu erkennen.

Und wieder einmal verbirgt sich in all den Motiven und Themen der Episode das Erwachsenwerden als Kern, denn wie Britta, Annie, Troy und auch Jeff mit den hier gestellten Aufgaben umgehen, ist ein Reifeprozess. Dabei hat mir besonders gefallen, dass wir uns Konstellationen der Gruppe gewidmet haben, die lange nicht mehr im Mittelpunkt standen. Allen voran Annie und Britta, die als beste Freundinnen so viel Potential bieten, welches sich nicht primär um Männer drehen muss (und auch ihre Szenen hier galten für mich nur oberflächlich den Männern, sondern vielmehr ihrem Umgang miteinander). In all dem Ringen um Brittas Sucht ist Annies Bemühen um deren Freundschaft etwas untergegangen, aber ich habe das Gefühl, dass genau dieses Element auf lange Sicht davon hängen bleiben wird. Auch hat die Konzentration der Serie auf Annies Schwärmerei für Jeff, die ja in letzter Zeit immer wieder Thema war, für mich langsam einen Sinn erhalten. Ich habe mich in meinen Texten mehrfach darüber beschwert, hauptsächlich weil ich das Gefühl hatte, dass man sonst nicht so recht weiß, was man mit Annie anfangen könnte. Und sollte sich dies am Ende der Staffel als korrekt herausstellen, würde ich wieder zu meinem Missfallen darüber zurückkehren, keine Frage. Aber hier hatte ich das Gefühl, dass man diese Momente bewusst einbaut, um zu demonstrieren wie ungesund dies für Annie ist und wie sehr es sie in ihrer eigenen Entwicklung behindert. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, was ich von dem letzten Blick zwischen Jeff und Annie in dieser Folge halten soll, aber wenn man deren nutzlose Schwärmerei längerfristig überwindet, und zwar nicht, indem man sie einfach unter den Tisch fallen lässt, dann wäre ich voll an Bord.

Ebenso interessant, wenn nicht sogar noch viel spannender, ist die aufkeimende Beziehung zwischen Troy und Britta, die ja durchaus immer mal wieder angedeutet wurde. Was ich besonders toll daran finde, ist, dass es sich trotz einer sehr ähnlichen Ausgangslage wie in so vielen hirnlosen romantischen Komödien – Frau, die nicht weiß, was gut für sie ist; bester Freund mit Herz aus Gold und natürlich heimlich in sie verliebt – in der Ausführung ganz anders anfühlt. Und das erreicht man ganz allein damit, dass Troy sich hier voller Würde verhält und niemals lächerlich gemacht wird. Gerade dass seine Worte an Britta, die sie aus Blades Fluch befreien, für den Zuschauer ungenannt bleiben, verleihen ihm eine wirklich heldenhafte Aura, die wieder einmal tief in Donald Glovers Souveränität verwurzelt ist. Ich bin wirklich gespannt, wohin uns die Autoren mit dieser aufregenden Konstellation führen werden, auch in Anbetracht dessen, dass "Community" nur selten zur reinen Beziehungs-Comedy wird.

Mit dem wirklich starken Grundgerüst der Folge rund um Brittas Abhängigkeit, konnte der Teil der Geschichte, der auf dem Jahrmarkt spielte, leider nicht ganz mithalten. Einerseits haben Jeff und Shirley mal wieder bewiesen, was für überraschend gute Freunde sie sind, aber Jeffs Ringen um das Geheimnis Blades war irgendwie der langweiligste Aspekt der Episode. Auch war die Auflösung dessen für meine Begriffe etwas lahm, wobei die Art, wie man sie in Brittas, Annies und Troys Geschichte eingebunden hat, sie noch vor der totalen Belanglosigkeit rettete. Dennoch ist mir wieder einmal klargeworden, dass es eigentlich wirklich Shirley ist, die Jeff so sieht wie er ist und auch wenn es hier nicht primär um die beiden als Freunde ging, hat die entspannte Chemie zwischen Joel McHale und Yvette Nicole Brown über einige Schwächen hinweggeholfen.

Pierce und Chang hingegen, die mehr oder weniger dafür da waren, um das Leitmotiv der Freundschaft mittels offensichtlicher Musikmontagen für alle aufs Tablett zu bringen, waren einfach irgendwie nur da. Und wäre da nicht der gerade hoch kochende Streit (oder nennen wir es lieber Pseudoskandal der Entertainmentindustrie) rund um Chevy Chase, würde ich meine Erwähnung der Sache hier wahrscheinlich beenden. Aber diese Handlung für Pierce, die wieder einmal nur an der Peripherie der anderen Charaktere stattfindet – er ist irgendwie da, aber nie so recht involviert – ist durchaus typisch für Pierce in der Serie. Wenn man dies so sieht, dann kommt man nicht umhin zu denken, dass das alles auch gut ohne Pierce funktionieren würde und wahrscheinlich käme "Community" auch gut damit zurecht, wenn Chase und Harmon sich dauerhaft verkrachen und Staffel 4 ohne Pierce stattfinden würde. Aber wenn ich so zurückdenke, dann fallen mir doch einige Beispiele ein, in denen Pierce ein wichtiges Element der Dynamik war (allein die Mockumentary-Episode und das Paintball-Finale von Staffel 2 sollten als Beispiel genügen), so dass ich es doch wirklich schade fände, wenn sich die Animositäten der beiden schwierigen Kreativen nicht beseitigen ließen.

Cindy Scholz - myFanbase

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