Abschied von "Castle"
Die Storylines

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Während den acht Jahren haben Kate Beckett, Richard Castle und das Team nicht nur Fälle gelöst, die innerhalb einer einzigen Episode beendet und aufgeklärt wurden, sondern haben Geister aus der Vergangenheit gejagt, Verschwörungen aufgedeckt, berufliche Veränderungen begangen und Mörder gefangen, die sie jahrelang gejagt haben. Zwei unserer Autorinnen haben sich mit den episoden- und staffelübergreifenden Storylines in den acht Jahren "Castle" beschäftigt und in einem Text ihre positiven und negativen Ansichten geschildert.


Die Storylines in "Castle" von Melanie Wolff


Foto: Stana Katic, Castle - Copyright: 2010 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.
Stana Katic, Castle
© 2010 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.

Zu jeder guten Krimiserie gehört ein Protagonist, der persönlichen Ballast mitbringt, was nicht selten zu staffel-, manchmal sogar serienübergreifenden Geschichten führt, die stets um ein bestimmtes Thema herum evolvieren. Im Falle von "Castle" war es Kate Becketts Besessenheit, den Mörder ihrer Mutter zu finden beziehungsweise die Umstände hinter dem Tod aufzuklären, die die Serie lange Zeit am Laufen hielt und dazu beitrug, ihren Charakter zu definieren und nuancieren. Richard Castle, der Faszination an Kate Beckett gefunden hatte, war es schließlich zu verdanken, dass Bewegung in den verzwickten Fall kam, denn er ließ nicht locker. Er war es, der sich auch gegen den ausdrücklich geäußerten Wunsch von Beckett, den Fall auf sich beruhen zu lassen, dazu entschied, weiter zu graben. Die Fälle, in denen es darum geht, ein Puzzleteil zu dem großen Ganzen zu finden, waren nicht selten die spannendsten bei "Castle" und zeigten schon sehr früh, dass es Castle nicht alleine darum ging, ein bisschen Polizist zu spielen, sondern dass er eine regelrechte Besessenheit in Bezug auf Kate Beckett entwickelte. Er wollte wissen, wie sie tickt, wie sie die knallharte, weitsichtige Polizistin geworden ist, die er nun bei ihren Ermittlungen unterstützte und dazu musste er in ihrer Vergangenheit graben, auch wenn ihr dies nicht recht war. Gemeinsam schafften sie es letztendlich, die Umstände, die zu Johanna Becketts Tod geführt haben, aufzudecken. Doch anders als erwartet war der Fall damit nicht vorbei – zwar konnte man in #5.01 Nach dem Sturm einen Täter präsentieren, doch bis dieser auch wirklich hinter Schloss und Riegel verschwand und Beckett endlich ihren Frieden in Bezug auf den Tod ihrer Mutter finden konnte, dauerte es noch zwei Staffeln. Erst in #6.22 Veritas war es soweit und Beckett konnte dem Mann, der ihr Leben so nachhaltig verändert hatte, Handschellen anlegen.

Foto: Stana Katic, Nathan Fillion & Jon Huertas, Castle - Copyright: 2013 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.
Stana Katic, Nathan Fillion & Jon Huertas, Castle
© 2013 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.

So interessant dieser Fall um Johanna Beckett auch war, so wenig Raum nahm er in der Serie als Ganzes leider ein. Zu oft wurde er von den alltäglichen Fällen in den Hintergrund gedrängt, so dass die wenigen Folgen zwar zu einem kleinen Highlight wurden, aber insgesamt einfach zu weit auseinander lagen, um richtig Spannung aufkommen zu lassen. Nichtsdestotrotz ist es den Autoren gelungen, über den Fall die beiden Hauptcharaktere Beckett und Castle zu verbinden. Brachten vor allem die alltäglichen Fälle die beiden auf professioneller Ebene zueinander, so war es sicherlich ein Verdienst von Castles Einsatz, dass Beckett erkannte, dass sie an ihrer Seite einen Partner hat, auf den sie zählen kann, der hin und wieder ihre Wünsche ignorierte und selbst nicht nachgab, bis sie endlich Gewissheit hatte und ein Stück weit Genugtuung finden konnte.

Foto: Nathan Fillion & Stana Katic, Castle - Copyright: 2013 ABC Studios; ABC/Richard Cartwright
Nathan Fillion & Stana Katic, Castle
© 2013 ABC Studios; ABC/Richard Cartwright

Mit #6.23 In Guten wie in Schlechten Zeiten wurde ein weiterer Fall angestoßen, der den Rest der Serie begleiten sollte, der jedoch in der Presse weit weniger Zuspruch fand. Dieses Mal stand in erster Linie Richard Castle im Mittelpunkt, doch ich selbst kann darüber leider nichts mehr sagen, denn zu dieser Zeit hatte die Serie mich längst verloren.

Neben der interessanten serienübergreifenden Thematik um Johanna Beckett gab es auch noch etwas kleinere Fälle, die sich nicht binnen einer Episode lösen ließen und immer wieder aufgegriffen wurden. Einer davon war der Fall um den 3XK-Killer Jerry Tyson. Dieser Fall involvierte sowohl Beckett, wie auch im Besonderen Castle, der bereits vor seiner zweiten Karriere als Quasi-Polizist sich im Rahmen einer Buchrecherche mit den Morden des Serienkillers beschäftigt hatte. In einer sehr sehr spannenden Episode #3.06 Der Dreifachmörder gerät er selbst in die Fänge von Tyson und wird von ihm am Leben gelassen, da Jerry weiß, dass es Castle sehr zusetzen wird, dass er ihn hat entkommen lassen und somit jeder Mord, den er verüben wird, nun auf sein Konto gehen wird. Es ist das erste Mal, dass Castle so richtig merkt, was es bedeutet, Polizist zu sein. Auch das nächste Mal, als Castle auf Jerry Tyson trifft, kostet ihn das fast das Leben und bringt ihn sogar für kurze Zeit hinter Gittern. Bis Tyson das Handwerk letztendlich gelegt werden kann, vergehen auch insgesamt vier Staffeln und anders als beim Fall um Johanna Beckett geht es hier nicht um eine Verschwörung, die sich langsam entwirrt, sondern um einen Fall, der sich hochschaukelt und zwischenzeitlich Leib und Leben der Ermittler gefährdet und für spannende und unerwartete Momente sorgte.


Storylines in "Castle" von Maria Schoch


Foto: Nathan Fillion, Castle - Copyright: ABC Studios
Nathan Fillion, Castle
© ABC Studios

Neben den einzelnen Fällen der Woche, gab es in "Castle" auch einige episoden- beziehungsweise sogar staffelübergreifende Storylines, die in mehreren Folgen immer wieder aufgegriffen wurden. Wie auch "Bones" ist "Castle" eine Crimeserie, die auf Case-of-the-week Folgen basiert und sich somit eher selten mit Handlungssträngen auseinandersetzt, die in mehreren Folgen thematisiert werden. Ausgenommen sind hier natürlich die Beziehungen der Charaktere untereinander, die vermehrt aufgegriffen werden. Die eine große Storyline in "Castle", die sich fast über die komplette Serie zieht, ist die Suche nach dem Mörder von Becketts Mutter. Vor allem in den ersten sechs Staffeln ist dies der Handlungsstrang, der meistens im Hintergrund schlummert, die Beziehung von Castle und Beckett stark beeinflusst und ab und an wieder zwei/drei Folgen dominiert. Die Hintergründe der Ermordung von Joanna Beckett wurden immer sehr spannend und mysteriös dargestellt, fanden aber sehr wenig Screentime und zogen sich deshalb wahnsinnig in die Länge. Meiner Ansicht nach hätte man hier viel früher zu einer Auflösung kommen sollen, um danach dem Zuschauer einen neuen Big-Bad zu präsentieren. Aber irgendwie gelang es der Serie nie, sich von dieser Beckett/Bracken Sache zu lösen, so dass Bracken sogar noch in den kommenden episoden- und staffelübergreifenden Storylines erwähnt wurde, beziehungsweise eine Rolle spielte. So wirkten schließlich nicht nur diese kommenden Handlungsbögen verwirrend und manchmal fast lächerlich, sondern auch der einst so spannende und gut aufgebaute Fall um die Ermordung von Joanna Beckett erhielt einen faden Nachgeschmack, wusste man doch zuletzt gar nicht mehr, ob Bracken nun aus eigenem Antrieb gehandelt hat oder alles mit LokSat, das ja auch irgendwie mit Bracken im Zusammenhang stand, eine große Verschwörung ist.

Foto: Stana Katic, Castle - Copyright: 2013 ABC Studios; ABC/Randy Holmes
Stana Katic, Castle
© 2013 ABC Studios; ABC/Randy Holmes

Dabei war bei den Storylines von Staffel 6 bis 8 durchaus Potential vorhanden, das leider aber so gar nicht genutzt wurde. So startete man anfangs der sechsten Staffel mit Becketts beruflichem Wechsel zum FBI. Hier musste sie sich komplett neu orientieren, arbeitete mit einem neuen Team zusammen und stieß mit ihrer bisherigen Arbeitsweise schnell an Grenzen. Obwohl schon zu Beginn klar war, dass Becketts Aufenthalt beim FBI nicht von Dauer sein würde, wäre sonst ihre Zusammenarbeit mit Castle nicht mehr möglich, ließ man der Storyline überhaupt keinen Raum sich zu entwickeln. So beendete Beckett nach nur drei Folgen die Zusammenarbeit mit dem FBI und konnte fast nahtlos die Arbeit beim NYPD wieder aufnehmen. Die Folgen des zerplatzten Berufswunsche FBI Agentin, wurden kaum oder gar nicht thematisiert. Zu Ende der siebten Staffel und vor allem in der achten Staffel wurde dann die FBI Sache in Form von LokSat noch einmal aufgegriffen, jedoch in einem komplett anderen Zusammenhang. Auch Castles Verschwinden, Ende der sechsten und Anfangs der siebten Staffel fing vielversprechend an. Es wurde gerätselt, ob vielleicht ein Erlebnis aus Castles Kindheit mit dem Verschwinden im Zusammenhang stand und aufgrund Castles Erinnerungslücken gestaltete sich dieser Handlungsbogen extrem spannend und geheimnisvoll. Bis zu seiner Auflösung, die sowas von abstrus und nicht durchdacht war, das ich es bis heute noch nicht wirklich kapiert habe und mir die Lust mich damit auseinanderzusetzen relativ schnell verging. Und statt diese Abwesenheits-Storyline wirklich, wie von vielen gedacht, mit dem Erlebnis aus Castles Kindheit zu verknüpfen, schaffte man dafür eine Einzelfolge, in die so eine große Menge an Informationen und Geschehnisse reingepackt wurden, das es durchaus für eine gute folgenübergreifenden Storyline gereicht hätte.

Foto: Nathan Fillion, Castle - Copyright: 2013 ABC Studios; ABC/Ron Tom
Nathan Fillion, Castle
© 2013 ABC Studios; ABC/Ron Tom

Anfang der achten Staffel schien es dann so, als hätten die Autoren kapiert, dass ihre Auflösung von Castles Verschwinden absolut dämlich war, also zauberte man LokSat aus dem Hut, das zusätzlich zu der "Mission Welt retten" auch eine Rolle im Verschwinden Castels, bei dem übrigens für mich bis heute nicht alle Fakten geklärt wurden, gespielt hatte. Wie lächerlich ist das denn? Und nein LokSat hatte nicht nur die Finger in der Storyline rund um Castles Verschwinden, sondern führt auch zu einem Fall den Beckett beim FBI behandelt hat und natürlich, wie könnte es anders sein, auch irgendwie noch zu Bracken und somit in gewisser Weise auch wieder zum Fall Joanna Beckett. Alles eine riesengroße Verschwörung, die acht Jahre angedauert hat und zum Schluss von Mason Wood, einem CIA Agenten und nun Leiter einer renommierten Detektei, geleitet wurde. Und so lässt sich auch gleich noch der Faden zu der letzten episodenübergreifenden Storyline spinnen, nämlich zu Castles Ausflug ins Privatdetektivgeschäft, das er neben seiner Autorentätigkeit gegründet hat. Natürlich hat ihn dies nicht daran gehindert auch immer wieder mit Beckett und dem Team an ihren wöchentlichen Fällen zu arbeiten und Bestseller zu schreiben.

Foto: Nathan Fillion & Stana Katic, Castle - Copyright: 2013 ABC Studios; ABC/Danny Feld
Nathan Fillion & Stana Katic, Castle
© 2013 ABC Studios; ABC/Danny Feld

Lange möchte ich gar nicht erst auf diese Detektivgeschichte eingehen, denn sie war so abstrus, lächerlich und langweilig, dass sie eigentlich gar keine Erwähnung verdient. Scheinbar war sie da, um Hayley, den neuen Hauptcharakter einzuführen, die wohl teilweise Becketts Screentime mit Castle übernehmen sollte, in der ersten Hälfte der achten Staffel aber kaum auftauchte und kaum erwähnenswerte Szenen hatte, in der zweiten Hälfte aber dann mitten ins Geschehen um LokSat involviert wurde, obwohl die Sache doch eigentlich vor allem Beckett betroffen hat. Natürlich bekam auch Alexis Charakter durch die Detektei wieder ein bisschen Aufwind, indem sie sich als Castles oder eher Hayleys neue Partnerin im Detektivgeschäft entwickelte. Durch diese oftmals etwas verwirrenden und merkwürdigen Zusammenhänge dieser Handlungsbögen ab Staffel 6 hat "Castle" für mich als Serie viel Qualität eingebüßt. Ich hätte mir hier wirklich gewünscht, dass man die große Verschwörung mal an den Nagel hängt, sich einen neuen Big-Bad ausdenkt und so eine weitere tolle Storyline schafft, die ähnlich, wie diese um Joanna Beckett, überzeugen kann.

Foto: Castle - Copyright: 2010 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.
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Nicht gerade Vorteilhaft für die achte Staffel war auch, dass Mitte der siebten Staffel die große Storyline um den Dreifachmörder zu Ende ging. Jerry Tyson alias der Dreifachmörder sorgte immer wieder für geniale, spannende und gruselige Folgen, die sich leider meistens auf nur eine Folge pro Staffel beschränkten. Dass diese Storyline, die als sozusagen einzige nichts mit der ganzen LokSat/Bracket/FBI/Verschwinden-Sache zu tun hatte, in Staffel 7 ein Ende fand, war zwar schon längst überfällig, doch blieb für Staffel 8 so nichts mehr als das verwirrende Spiel um LokSat. Zum Schluss bleibt mir nur zu sagen, dass es vielleicht besser gewesen wäre, "Castle" hätte sich wie "Bones" Big-Bads ausgesucht und mit denen über ein/zwei Staffeln eine interessante Storyline geplant, anstatt eine riesengroße Verschwörung aufzuziehen, die zwar eine Zeitlang funktioniert, sich dann aber in mehreren Einzelsträngen verloren hat und sich so unglaubwürdig, langweilig und teilweise leider sogar lächerlich entwickelte.

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