Bewertung

Review: #5.07 Merkwürdige Frequenzen

Foto: Cody Christian - Copyright: Kerstin Fries
Cody Christian
© Kerstin Fries

Wenn man bei "Teen Wolf" die Hälfte der Zeit nicht weiß, ob das, was man gerade sieht, echt oder unecht ist, befindet man sich meist mitten in einer großartigen Episode. #2.09 Party Guessed und #3.06 Motel California sind dabei ebenso gute Beispiele wie beinahe die gesamte Staffel 3B. Mit den Dread Doctors bewegt "Teen Wolf" sich erneut auf diesem Terrain und auch wenn die Halluzinationen diese Woche nicht in ultraschicken Filmsequenzen präsentiert werden wie letzte Woche, so beweisen hier nicht nur einige beeindruckende Kamerafahrten und -einstellungen, dass unser Rudel sich nach wie vor in einem dramatischen Alptraum befindet, sondern gerade auch die ruhigen Dialogszenen. Denn hier gibt es endlich Informationen, die umfassendere Spekulationen zulassen.

"All I want, all I ever wanted is for you guys to trust me."

Cody Christian bekommt hier als neuer Darsteller genau das, was Theo als neuer Schüler sich angeblich so verzweifelt wünscht: Quality Time mit den zentralen Figuren. In der vergangenen Episode hatte er die meisten Szenen mit Tyler Posey, in dieser mit Dylan O'Brien, und er braucht sich gar nicht hinter seinen oberkörperfreien Szenen zu verstecken (die aber natürlich jederzeit gerne genommen sind!), denn es fehlt ihm keineswegs an Ausdrucksstärke in den reinen Dialogszenen. So sehr mir die Halluzinations- und Horrorszenen in dieser Episode gefallen haben, am meisten gefesselt war ich von dem Gespräch zwischen Theo und Stiles, denn hier hagelte es nicht nur herrliche Stiles-Paraden, hier gab es Charaktermomente, die tief blicken lassen und meiner Ansicht nach erste Hinweise auf Theos Motivation und damit endlich eine mögliche Grundlage liefern, die Zusammenhänge in dieser Staffel zu begreifen.

Theo hatte Donovan auf Stiles angesetzt und sich das Szenario dann gemütlich aus der Ferne angeschaut. Die Art und Weise, wie er die Dinge mit seinem engelsgleichen Antlitz verzerren kann, um sein Gegenüber glauben zu lassen, er sei auf seiner Seite, lässt ihn wie einen 1a Psychopathen wirken: manipulativ, eiskalt und gewissenlos. Ich denke jedoch nach wie vor, dass seine Aufrichtigkeit nicht durch und durch gespielt ist. Wir wissen, dass er Scott und Stiles in der Little League um ihre Freundschaft beneidet hat. Er gibt an, er wolle zu Scotts Rudel gehören und Teil dieses Freundeskreises werden, wo jeder füreinander einsteht. Er verspricht Stiles, auf ihn aufzupassen, und er rettet ihm tatsächlich auch schon zum zweiten Mal das Leben. Gleichzeitig erfahren wir, dass er seine Schwester hat sterben lassen. Die Schwester, von der er sagt, dass sie immer so für ihn da war, wie Scott und Stiles es füreinander sind. In diesem Zusammenhang fehlen uns wahrscheinlich noch Puzzleteile. Gab es für ihn die Möglichkeit, seiner Schwester zu helfen? War seine Schwester wirklich eine so gute Freundin für ihn? Wo fängt sein Wunschdenken an, wo hören seine Manipulationen auf? Wenn das oben genannte Zitat "All I want, all I ever wanted is for you guys to trust me" ausnahmsweise aufrichtig ist, dann ist es vielleicht entscheidend für alles, was in dieser Staffel geschieht.

Wir bekommen auch ein passendes zweites Puzzleteil in dieser Episode geliefert, nämlich die Entdeckung, die die Eltern machen. Alle Chimären, die wir bisher kennengelernt haben, hatten gemeinsam, dass sie eine Organtransplantation hatten. Wer sich nicht gerne von Spekulationen beeinflussen lassen möchte, überspringt beim Lesen am besten den folgenden kursiv geschriebenen Abschnitt. Theos Schwester starb im passenden Zeitabschnitt und zwar ohne Krankheit, nur mit gebrochenem Bein und Unterkühlung. Beste Voraussetzungen, um als Organspender zu fungieren. Die betreffenden Teenager könnten alle etwas von der DNA von Theos Schwester in sich getragen haben. So hätten wir eine erste Erklärung der Verbindung zwischen Theo, den Doktoren und warum sie gemeinsam in Beacon Hills aufgetaucht sind. Theo hat es auf die Freundschaft von Scott und Stiles abgesehen und kennt zufällig ein paar Personen mit zweierlei DNA, aus denen die Doktoren Chimären basteln und dabei ordentlich Scotts Rudel aufmischen können – wenn das mal nicht der Beginn einer wunderbaren Zweckbeziehung ist.

Fraglos brauchen wir noch mehr Antworten, aber klar ist: Theo hat mittlerweile die Kontrolle über sämtliche Geheimnisse, die das Rudel von innen zu zerreißen drohen. Er sitzt wie die Spinne um Netz. Entweder er will ein Rudel oder er will eines zerstören, in jedem Fall steht dies im Zusammenhang mit seiner Schwester und anscheinend dachte er, er könnte die Dread Doctors für seine Zwecke benutzen. Nach Darth Vaders "Inconsequential!"-Ansage jedoch scheint es, als gleite ihm die Kontrolle über diese wunderbare Zweckbeziehung aus der Hand. Was das für ihn bedeutet, erwarte ich mit großer Spannung. Für mich funktioniert dieser Charakter in vollem Umfang. Wie schon in der Woche zuvor konnte ich gleichermaßen darüber jubeln, dass Parrish ihm mal ordentlich eins mit der Feuerfaust übergebraten hat, wie darüber, dass er erneut derjenige war, der Stiles das Leben rettet.

"Somebody has to save everyone. So somebody's got to be the bait!"

Für diese Episode hatte man sich wahrlich meine beiden Lieblingsschauplätze ausgesucht: Stiles' Jeep und die High-School. Die Action rund um Scott spielte sich in der High-School ab, weil die Jungsumkleide einfach der logische Ort ist, um einen übernatürlichen und bisher unbesiegbaren Steampunk-Killer in Ketten zu legen. Hach, war das herrlich! Aber wie mächtig sind die Dread Doctors eigentlich wirklich? Die phantastische High-Speed-Kamerafahrt durch die Schulflure stand für das Auschecken der Lage durch den Doktor mit der praktischen Taschenlampenhand? Oder wurden hier über die "außergewöhnliche Frequenz" bereits die Halluzinationen losgeschickt? Scott jedenfalls wird sich beim nächsten Mal sicher zweimal überlegen, ob er nicht den Hale-Bunker als Versteck für die Freundin seines Betas wählen sollte, anstatt mehr oder weniger geheim Plan B zu verfolgen, einen der Doktoren mit ihr als Lockvogel einfangen zu wollen. Diese Jungs können mit leuchtender E.T.-Fingerspitze einem Alphawerwolf den Atem rauben und sind immun gegen Malias Fly Kicks, wieso um alles in der Welt sollten sie sich mit ein paar Parkplatzketten in Schach halten lassen?

Bei den Halluzinationen bleibt "Teen Wolf" sich treu und geht direkt ans Eingemachte, nämlich die Unsicherheiten der vier betreffenden Charaktere. Scotts, Lydias und Malias Halluzinationen sind dabei sehr direkt. Scott hat Angst, was von Kira als "Todesbotin" zu erwarten ist, und er erwartet das Schlimmste. Malia musste als Kojote den Großteil ihres Lebens Angst haben, von einer der von ihrem Vater aufgestellten Fallen aufgespießt zu werden. Und Lydia glaubt noch immer, dass ihr Banshee-Schrei das einzige ist, mit dem sie irgendwie hilfreich sein kann. Ihre größte Angst ist es, diesen Schrei zu verlieren. All diese Halluzinationen hatten einen ansehnlichen Gruselfaktor, das Herausreißen Lydias Zunge kann jedoch definitiv mit dem Ekelfaktor von Parrishs nicht ganz so leicht zu entschlüsselnder Halluzination mithalten. Zunächst machte es ja noch Spaß, Parrish überhaupt im Inner Circle zu sehen! So jedoch erreichte ihn, vor der Schule wachend, gleich die erste der Halluzinationen der Doktoren. Dabei spielte der Kartentrick von neulich wieder eine Rolle. Damals sahen wir einmal Lydias Kopf auf der Karo-Dame, einmal einen verbrannten Kopf. Parrish halluziniert (nach dem Staffelauftakt) ein weiteres Mal Lydia und diesmal kommt es zum stürmischen Kuss zwischen den beiden. Plötzlich jedoch wird er von einem verbrannten Kopf kuss-attackiert und in diesem Kopf konnte zumindest ich nicht mehr Lydia erkennen. Wenn es sich bei den anderen um Unsicherheiten drehte, gibt es bei ihm eine Frau, der er nicht helfen konnte und die verbrannte? Oder handelt es sich um eine der Leichen, die er in der Zukunft erst noch zum Nemeton bringen wird?

Randnotizen

  • Stiles davon reden zu hören, welche Strafe er erwartet, ist so ein Moment, in der sich das kalte Händchen um das Herz legt. Dabei ist das, was Stiles im Moment tut, viel giftiger für eine Freundschaft als es die Sache mit Donovan war. Er redet sich selbst ein, dass er Scott verlieren wird. Er lässt Scott sozusagen an dieser Entscheidung gar nicht teilhaben. Er hat das Urteil über sich selbst gefällt und handelt aus dieser Lage heraus, die er für fatal hält. Wie menschlich es ist, froh zu sein, ein geisteskrankes, blutrünstiges Monster besiegt zu haben, erkennt er gar nicht. Die Charakterarbeit ist hier wie immer äußerst feinfühlig und wie Dylan O'Brien den Wechsel darstellt zwischen der Sicht nach außen, wo er genervt ist über Theos Anwesenheit, und der Sicht nach innen, wo er allein ist mit seinem Leid, ist - ebenso wie immer - Gold wert.
  • Kennt ihr das, wenn ihr ein Album eurer Lieblingsband hört und bei jedem Lied das Bedürfnis habt zu sagen, das sei euer Lieblingslied? So geht es mir mit Stiles. Jeder Stiles ist der Beste, aber SassyStiles ist besonders gut! "I want to spend some quality time with you!" oder "Glad we had this talk", all diese Sprüche waren zum Niederknien, da Stiles bei jedem in etwa so begeistert wirkte, als würde man ihm jedes Haar einzeln raus rupfen.
  • Wie Theo Stiles mit umgekehrter Psychologie manipuliert, ist wirklich meisterlich. Nachdem klar ist, dass Stiles ihm nicht im geringsten vertraut, haut er alle vernünftigen Argumente raus, wohl wissend, dass Stiles sie ablehnen wird, weil sie von ihm kommen. Nutzt er dieselbe Taktik bei der Erklärung zu seinen gelben Wolfsaugen?
  • Eine Parallele gab es in dieser Episode zwischen Parrish und Kira. In beiden schlummert etwas, das sich mehr und mehr die Herrschaft über den Rest verschafft. Ob die Schulung in tough love ihrer Eltern, die sich locker mit den Argents messen kann, da so gut getimt ist? Der Kampf war jedenfalls großartig inszeniert mit der Kameraeinstellung von oben. Und Noshikos High Heels. Es gibt hier jedenfalls zwei neue Fragen: Was bedeutet die 115 und wer hat die unbekannte (?) Frau mit Kiras Schwert auf dem Esstisch der McCalls aufgespießt?
  • Liam hatte noch nie eine Freundin, oder? Sein Werwolfsgebrüll entlockt nur Scott in Price Petersons Photo-Recaps ein seliges "ILY", das kann er doch von Hayden nicht erwarten. Viel cooler dagegen, wie Mason den Tag gerettet hat!
  • "Hayden. Hayden. Hayden." Warum immer diese mantraartige, dreimalige Wiederholung?
  • Die Schüler in Beacon Hills sind vorbildlich! Alle am Samstagmorgen in der Schulbibliothek.
  • Was waren denn das bitte für Röntgenaufnahmen in der Tierklinik? Pinky and the Brain?
  • "Do you want to see how the key card works?" Melissa McCall und Sheriff Stilinski sind die Besten! Ich musste die Szene mehrmals anschauen, um den tatsächlichen Dialog zu hören. Nach ihren Mienen zu urteilen, verabredeten sie sich da doch viel mehr zu "7 Minutes in Heaven".

Fazit

Eine hochspannende Episode, die uns größere und kleinere, vor allem aber wichtige Charaktermomente gebracht hat. Bei Scott, Lydia, Parrish, Mason, Stiles und Theo waren diese überzeugend und beeindruckend inszeniert. Bei Kira war die Inszenierung beeindruckend, aber ob ihre Kitsune-Erkenntnisse an dieser Stelle so gut platziert sind, bleibt dahingestellt. Für Haydens und Liams Chemie miteinander gibt es nun zumindest einen Hoffnungsschimmer, aber um beeindrucken zu können, sind die Charaktere derzeit zu wenig ausgearbeitet.

Nicole Oebel - myFanbase

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