Bewertung

Review: #6.19 Legen-Dad

Foto: How I Met Your Mother - Copyright: 2010-2011 Twentieth Century Fox Film Home Entertainment LLC. All rights reserved.
How I Met Your Mother
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Natürlich ist die interessanteste Frage in einer Serie, die den Titel "How I Met Your Mother" trägt, diejenige nach der Mutter. Gerade in der sechsten, aktuellen Staffel der CBS-Erfolgssitcom spielt die Frage nach Barneys Vater aber eine ebenso bedeutende, wenn nicht gar noch bedeutsamere Rolle. Die Episode #6.19 Legendaddy erzählt die Geschichte "How Barney Met His Dad", herzzerbrechende Momente garantiert.

Ein legendärer Vater

Wenn man lange die Identität des eigenen Vaters nicht kannte und ihn mehr als drei Dekaden nicht gesehen hat, dann ist eine lässige, coole oder ungetrübte Zusammenkunft wohl ein Ding der Unmöglichkeit. Dies gilt umso mehr, wenn es sich beim Sohn um Barney Stinson handelt, der auch unabhängig von ungelösten Vaterproblemen nicht gerade eine einfache Persönlichkeit ist.

John Lithgow als Jerry Whitaker ist in dieser Geschichte eine absolut geniale Besetzung – man kauft ihm den sesshaft gewordenen, Milch trinkenden Familienvater mühelos ab und kann auch Barneys Enttäuschung bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Dass Barney an dem coolen Tourmanager, der Jerry einst war, eher Gefallen gefunden hätte als am kreuzbraven Biedermann, der er heute ist, ist absolut einleuchtend. Ebenso ist es verständlich, dass Jerry, als er dem Sohn die Enttäuschung anmerkt, eine coolere Rolle zu spielen versucht und einer hübschen Frau an der Bar in einem amüsanten Schachzug sogar eine Nummer abringt, um in Barneys Augen als Womanizer und damit cooler Papa zu bestehen. Doch natürlich kann und will er die Fassade nicht lange aufrechterhalten. Es ist leicht, die Gefühle der beiden nachzuempfinden – der eine enttäuscht, nicht den Vater gefunden zu haben, den er sich erhofft hat, der andere zutiefst traurig, den Erwartungen des Sohns nicht gerecht geworden zu sein.

Dank einer klugen Strategie der Autoren, Jerry Whitaker in einen größeren Serienkontext einzubetten, sucht dieser in seiner Verzweiflung daraufhin Barneys vier Freunde auf, die prompt eine Vermittlungsrunde einläuten. Doch Barney blockt alle Bitten ab, seinem Vater eine zweite Chance zu gewähren. Erst als Marshall in einem bewegenden Moment Barney wissen lässt, wie gerne er eine Möglichkeit haben würde, noch einmal mit seinem Vater zu reden, lenkt Barney ein. Egal wie unentspannt Barneys Beziehung zu seinem Vater auch sein mag – er hat wenigstens einen Vater und es ist im Sinne der Serienkontinuität auch wichtig, dass hier eine Verknüpfung zum Tod von Marshalls Vater hergestellt wurde.

Der Basketball-Korb

Die Szenen im Hause der Whitakers liefern dann skurril-witzige Augenblicke und es fällt schwer, sich ein Schmunzeln zu verkneifen, wenn man Barney dabei zuschaut, wie er sich ernsthaft mit einem Elfjährigen zu messen versucht und in tiefer Eifersucht schwelgt. Als wäre das nicht grotesk genug, lässt sein Vater ihn lange gewähren und unterstützt ihn dabei, um ihm die Eifersucht zu nehmen. Dass Jerome Junior seinen großen Bruder trotz aller Gehässigkeiten und Gemeinheiten toll zu finden scheint, kann als das berühmte i-Tüpfelchen verbucht werden.

Doch die Grenze zwischen skurril und traurig verschwimmt oft, was insbesondere deutlich wird, als Barney in einem verzweifelten Versuch, verpasste Kindheitsmomente nachzuholen, von seinem Vater Jerome Juniors Basketballkorb abmontieren lässt, um ihn mit nach Hause zu nehmen. Im Moment scheint das Tischtuch zwischen Vater und Sohn zerschnitten zu sein.

Man fühlt mit Barney, man fühlt mit seinem Vater, man fühlt mit Barneys Stiefmutter und man fühlt mit Jerome Junior. Man muss nicht ohne Vater aufgewachsen sein, um diese Situation gedanklich nachzuerleben. Was diesen Strang aber etwas problematisch macht, ist Barneys Charakterzeichnung. Wenn man sich eine ohnehin schon total überspitzte Figur vorknöpft und sie dann noch stärker übertrieben und überzeichnet agieren lässt, als es für gewöhnlich ohnehin der Fall ist, dann befindet man sich gefährlich nahe an der Grenze zu einer Karikatur.

Ein oder mehrere Fehler hat der Mensch…

Auch Marshall hat noch mit den Nachwehen einer Vatergeschichte zu kämpfen. Seit dem Tod seines Vaters wird er von seinen Freunden mit Samthandschuhen angefasst und sehr gelungen wird etwas angesprochen, was jeder schon einmal so oder in einer sehr ähnlichen Form erlebt hat: dass Bevorteilung eine Form von positiver Diskriminierung und Isolierung sein kann. Sich gegenseitig necken, sich auf Fehler und Macken hinweisen – was nach dem ersten Hören gemein klingt, ist in Wahrheit das, was Freunde tun, ja, was Menschen tun, die sich in der gegenseitigen Gesellschaft wohlfühlen.

Wenn wir wegen etwaiger Schicksalsschläge in einem Akt der vermeintlichen Rücksichtnahme davon ausgespart werden, dann fühlen wir uns geschnitten, isoliert und alleine gelassen. Dieser Strang enthält aber nicht nur jede Menge Wahrheit und Weisheit, er ist auch in guter Komik-Manier exerziert. Die Rückblenden, die zeigen, wie Marshall in letzter Zeit bewusst die Freunde provoziert hat, damit sie die Samthandschuhe ausziehen ("Hey guys. This is Rex. He's a possum. I found him in the garbage. He lives with us now.")? Brillant, alleine Lilys Blicke sind Gold wert.

Doch auch die anderen sorgen hier für den ein oder anderen heiteren Moment. Dass ausgerechnet ein elender Besserwisser wie Ted das Wort "Chamäleon" nicht aussprechen kann? Unbezahlbar. Lilys motorische Defizite? Zu witzig. Auch Robins Nordpol-Anekdote steht dem in nichts nach, wobei man sich über ihre Allgemeinbildungslücken doch stark wundern muss – von einer Journalistin, die einst hohe Ambitionen hatte, hätte man hier mehr Bildungsfundamente erwartet.

Fazit

Insgesamt eine sehr gelungene Folge, in der sowohl A- als auch B-Plot sehenswert waren. Die Begegnung zwischen Barney und seinem Vater wurde bereits lange im Voraus in den amerikanischen TV-Onlinemagazinen gehypt und vielfach kommentiert. Nicht zu Unrecht, denn natürlich wollte man als Zuschauer Barneys Vater kennenlernen und sehen, wie Barney auf die Begegnung reagiert. Die Serie hat sich dementsprechend auch kräftig ins Zeug gelegt und eine riesige Bandbreite zwischen traurig, skurril und witzig abgedeckt.

Trotzdem hat mir der B-Strang besser gefallen, was auch daran liegt, dass ich Barneys Vaterprobleme schlicht und ergreifend nicht extrem spannend finde. Mit dem Tod von Marshalls Vater hatte man erst kürzlich eine Elterngeschichte intensiv behandelt und so gut ich diese auch fand, so hätte ich so kurz danach nicht auch noch eine neue gebraucht. Dass Barney sich noch überzogener als sonst verhalten hat, hat das Ganze nicht besser gemacht. Der zweite Strang hingegen war lockerer, weniger ernst gemeint und Marshalls Flashbacks waren einfach extrem witzig und unterhaltsam. Die sechste Staffel ist in jeder Hinsicht die Auferstehung von Jason Segel bzw. Marshall Eriksen.

Eva T. - myFanbase

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