Bewertung

Review: #5.07 Bells Vermächtnis

Foto: Joshua Jackson & Anna Torv, Fringe - Copyright: 2012 Fox Broadcasting Co.; Liane Hentscher/FOX
Joshua Jackson & Anna Torv, Fringe
© 2012 Fox Broadcasting Co.; Liane Hentscher/FOX

Die finale Staffel von "Fringe" ist mittlerweile schon zur Hälfte vorbei und müsste man ein Zwischenfazit ziehen, würde dieses nicht gerade überragend ausfallen. Die Schnitzeljagd nach den einzelnen Teilen wirkt zu schematisch, Entwicklungen gehen zu langsam vonstatten und auch mit der Herangehensweise an die Haupthandlung dieser Staffel kann man nicht vollends zufrieden sein, da einfach noch zu viele elementare Fragen bezüglich der Beobachter unbeantwortet bleiben und man uns Antworten viel zu plump serviert, anstatt sie uns ein wenig mythologisch zu präsentieren.

Nein, ein Highlight ist diese fünfte Staffel bisher mit Sicherheit nicht. Dennoch ist sie in meinen Augen auch weit davon entfernt, ein Komplettausfall zu werden. Dafür weiß bisher fast jede Folge irgendwie zu unterhalten und für Lichtblicke zu sorgen. So auch die Episode #5.07 Five-Twenty-Ten, deren Lichtblicke, wenn ich sie kurz und knapp zusammenfassen müsste, lauten würden: Nina, Walter, Peter.

"You asked me before if I saw him in you. I just did."

Gemeinsam mit Phillip Broyles bildet Nina das Duo der sträflich vernachlässigten Charaktere dieser Staffel, das nicht nur sehr selten zu sehen ist, sondern noch dazu kaum Erwähnung findet. Nachdem Broyles immerhin in #5.04 The Bullet That Saved The World eine kleine Stippvisite einlegen durfte, feiert Nina nun in dieser Folge ihr Comeback. Ninas Rückkehr habe ich auch etwas mehr entgegengefiebert, denn Ninas Beziehung zu den einzelnen Charakteren, besonders zu Olivia und Walter, war immer sehr viel enger und persönlicher und es war schon zu erwarten, dass es entweder Szenen mit Olivia oder mit Walter geben wird, die für die lange Abstinenz entschädigen werden.

Letztendlich waren es dann tatsächlich Momente zwischen Walter und Nina, die die Highlights der Folge ausmachten. Denn Gott sei Dank degradierte man Nina nicht nur zum flüchtigen Helferlein für das Fringe-Team, das Ninas Hilfe benötigte, um die nächsten wichtigen Puzzleteile zu finden. Auch schnitt man zwei Handlungselemente der Serie an, nämlich Walters Angst davor, wieder der Mann zu werden, der er war, bevor William Bell ihm Teile seines Gehirns entfernte sowie Ninas Verhältnis zu Bell. Letzteres wurde ja immer mal wieder in der Serie angesprochen, wodurch mit der Zeit klar wurde, dass Nina Bell liebte. Ob diese Liebe auf Gegenseitigkeit beruhte, wurde nie geklärt. Nach dieser Folge wissen nun nicht nur wir Zuschauern, sondern auch Nina bescheid: Bell hat Nina tatsächlich geliebt. Und so war die Szene, in der Walter Nina das Bild aus Bells Safe überreicht, ein wirklich herzerwärmender Moment. Ich finde es wirklich schön, dass man diese Handlung mit Ninas Rückkehr noch einmal aufgerollt und man Nina somit ein kleines Happy End verschafft hat, nachdem man ernsthaft Mitleid mit ihr bekam, als sie sich von Walter zunächst anhören musste, dass Bell sie niemals geliebt habe.

Somit kommen wir zu Walters Handlung rund um dessen Angst, wieder sein altes unausstehliches Ego zu werden. Eigentlich hätte ich nicht gedacht, dass diese Handlung so sehr in den Vordergrund rückt. Schlussendlich bin ich aber nicht traurig darüber, schließlich sind John Nobles schauspielerische Fähigkeiten während solchen Szenen, in denen er theoretisch zwei verschiedene Persönlichkeiten darstellt, einfach unfassbar beeindruckend. Zudem merkt man förmlich, wie sehr Walter die Angst quält, wieder in seine alte Verhaltensweise zurückzufallen und seine drastische Entscheidung, sich wieder Teile seines Gehirns entfernen lassen zu wollen, ist daher nicht wirklich überraschend. Die Frage bleibt nur, ob der erneute Eingriff auch diesmal so reibungslos verläuft und das Resultat genauso sein wird, wie Jahrzehnte zuvor. Außerdem wundert man sich irgendwo, weshalb die Autoren diese Handlung noch einmal thematisieren, schließlich erweckt das den Eindruck, als wäre das Ganze noch für den weiteren Verlauf der Staffel wichtig. Auf jeden Fall gefällt es mir sehr, dass man in dieser Staffel, die inhaltlich ja mit enorm großen Einschnitten daherkommt, nach wie vor Elemente thematisiert, die bereits in den Anfangsjahren der Serie eine Rolle spielten. Dabei wundert es mich gleichzeitig, dass die ehemaligen Cortexiphanexperimente offenbar wirklich gar keine Rolle in dieser Staffel spielen. Anfangs hatte ich nämlich die leise Vermutung, dass Cortexiphan und die daraus resultierenden Effekte bei Olivia eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Beobachter spielen könnten. Aber da man dank des Cortexiphans ja schon am Ende der vierten Staffel die Welt retten konnte, bin ich ganz froh, dass das Wundermittel in dieser Staffel kein Thema mehr ist.

"Our first Fringe-experience was their last."

Stattdessen scheint wohl eher Peter derjenige zu sein, der durch seine neu erworbenen Fähigkeiten ein großes Problem für die Beobachter darstellen wird. Nach wie vor hinterlässt die Handlung rund um Peter, der sich mehr und mehr in einen Beobachter zu verwandeln scheint, einen bitteren Beigeschmack hinsichtlich der Auswirkungen auf seine Beziehung zu Olivia. Es ist ersichtlich, wie sehr Olivia unter Peters neuem Verhalten zu leiden hat, und das möchte man in dieser Staffel einfach nicht sehen. Ihr verstörter sowie fast schon ängstlicher Gesichtsausdruck, als sie erfährt, dass sich Peter die Beobachtertechnologie eingepflanzt hat und sie zusehen muss, wie er blind vor Wut seinen Plan, Ettas Tod zu rächen, konstruiert, war dann wirklich sehr nahegehend.

Ansonsten konnte der Storyarc in dieser Episode aber vollends überzeugen und fiel extrem unterhaltsam aus. Stellenweise erinnerte das Ganze an die Folge #3.03 Milo, in der ein hochintelligenter Mann namens Milo in der Lage war, die Zukunft perfekt zu berechnen und so mithilfe eines einfachen Kugelschreibers tödliche Unfälle verursachen konnte. So ähnlich ging nun auch Peter an die Sache heran und schaffte es, drei Beobachter mit dem Gas zu töten, das bereits sämtliche Passagiere des berühmtberüchtigten Flug 627 qualvoll umbrachte. Nicht zuletzt dank dieser Hommage fand dieser Teil der Folge einen gelungenen Abschluss. Peters nächstes Ziel ist nun Captain Windmark, der Antagonist dieser fünften Staffel. Ob sich dieser genauso leicht ausschalten lässt, wird erst die nächste Folge zeigen. Spannende Szenen sind aber mit Sicherheit garantiert. Derweil sorgt man sich nach dieser Episode aber zunehmend um Peters Zukunft. Spätestens mit der letzten Szene wird klar, dass Peter dabei ist, die vollständige Wandlung zum Beobachter zu vollziehen. Die Frage ist nur, ob sich das Ganze durch die Entfernung der Technologie wieder rückgängig machen lässt, oder die Veränderungen irreversibel sein werden. Jegliche Sorgenfalten seitens der Peter-Fans bzw. der Polivia-Shipper sind jedenfalls mehr als gerechtfertigt.

"Belly used the same combination for everything. Too much LSD I suppose."

Auch hat die Folge wichtige Fragen beantwortet, die sich rund um William Bell drehten. So wissen wir nun, dass Walter Bells Hand in #4.19 2036 deshalb aus dem Berstein schnitt, um so den Raum betreten zu können, in denen sich die zwei "Beacons" befinden. Außerdem haben wir Zuschauer erfahren, weshalb sich Bell überhaupt mit dem Fringe-Team im Bernstein befand und welche Rolle er kurz nach der Beobachterinvasion spielte. Bell war nämlich ein Verräter, der zunächst vorgab, dem Team helfen zu wollen, sich letztendlich aber herausstellte, dass er mit den Beobachtern sympathisierte. Es ist schade, dass Bell uns nun eher als verräterischer und bösartiger Charakter in Erinnerung bleiben wird. Natürlich muss man stets bedenken, dass wir es hier aufgrund der neuen Zeitlinie nicht mit dem William Bell zu tun haben, der dem Team im Staffel 2-Finale aus der Patsche half und dafür sogar sein Leben hergab, sondern eben mit dem, der im Finale der vierten Staffel ein neues Universum erschaffen wollte. Somit hat man nun die Charaktereigenschaften des "neuen" Bells zwar konsequent fortgesetzt, aber irgendwie hatte man sich schon erhofft, dass innerhalb dieser Staffel geklärt würde, dass Bell nur ein neues Universum erschaffen wollte, um den Beobachtern einen Strich durch die Rechnung zu machen. Somit hätte man meiner Meinung nach auch eine gute Brücke zu den Geschehnissen der vierten Staffel geschlagen.

Zudem hätte ich wirklich gerne das erste Aufeinandertreffen zwischen den Team und Bell seit den Geschehnissen in #4.22 gesehen. Überhaupt ist es schade, dass wir die meisten Hintergründe nur durch Erzählungen erklärt bekommen, anstatt dies mithilfe einer Episode zu tun, die kurz nach der Invasion spielt. Gleichzeitig kann man aber froh sein, dass manche offenen Fragen überhaupt noch mal thematisiert werden.

Nachdem das Team in dieser Folge mit den kapselförmigen Orientierungshilfen der Beobachter, die wir ja bereits aus #1.04 Die Ankunft und #4.15 Das Parfum kennen, zwei weitere wichtige Teile ausfindig machen konnten, steht Walter am Ende dieser Episode vor dem Schrank, in dem er all diejenigen Gegenstände aufbewahrt, die für die Bekämpfung der Beobachter relevant sind. Die Tatsache, dass er jeden Gegenstand (die Steine, die Papierrolle mit der physikalischen Gleichung, das kleine Radio, ...) mit hoffnungsvollem Blick einzeln in die Hand nimmt, schürt die Hoffnung, dass die Autoren uns dadurch mitteilen wollten, dass das Team nun alle wichtigen Gegenstände beisammen hat und es nun richtig losgehen kann und die unspektakuläre, schematisch verlaufende Schnitzeljagd ein Ende hat. Gleichzeitig vermittelte der Schluss aber auch eine sehr bedrückte Stimmung. Keine Frage, das Ende war zusammen mit David Bowies Song "The Man Who Sold The World" ganz wundervoll inszeniert und wie Astrid Walter liebevoll auf die Wange küsste, war wirklich schön mit anzusehen. Dann aber zu sehen, wie sich Walter erschöpft und nachdenklich auf seine Liege fallen lässt, Peter derweil besessen jeden Schritt von Captain Windmark notiert und mit dem Wissen, dass Olivia irgendwo alleine herumsitzen und dank Peter nervlich völlig am Ende sein wird ... puh. Damit hat diese Staffel wirklich einen Punkt erreicht, an dem man sich nur noch wünscht, dass die allgemeine Stimmung innerhalb des Teams wieder etwas lockerer und optimistischer wird.

"I was being tortured. He kept asking me something. He kept asking if it’s safe. Then I escaped. Bell helped me. And then he drove me right back where I was being questioned. He worked for them. He worked for them!"

"Walter, that's from the movie Marathon Man."

In Hinsicht darauf, dass die fünfte Staffel momentan aufgrund sich ständig ähnelnder Abläufe sowie einer unzureichend ausgearbeiteten Grundthematik bei weitem nicht rund läuft, haben die Autoren aus #5.07 Five-Twenty-Ten das Bestmögliche rausgeholt. So überzeugt die Folge nicht nur durch Ninas Rückkehr sowie den Storyarc um Peter, sondern auch durch das Aufgreifen alter Handlungselemente und durch das Füllen so einiger inhaltlicher Lücken, die der große Zeitsprung zwischen Staffel 4 und 5 mit sich brachte. Somit darf man schon sehr gespannt darauf sein, wie es in #5.08 The Human Kind weitergehen wird, auch wenn sich der Autorenstab bisher große Mühe gibt, dem Zuschauer jegliche Hoffnung auf ein Happy End für alle Charaktere zu nehmen.

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:


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