Bewertung

Review: #5.04 Die Kugel, die die Welt rettete

Foto: Lance Reddick, Fringe - Grenzfälle des FBI - Copyright: 2012 Fox Broadcasting Co.; Kharen Hill/FOX
Lance Reddick, Fringe - Grenzfälle des FBI
© 2012 Fox Broadcasting Co.; Kharen Hill/FOX

Als Beobachter könnte man nicht wirklich etwas mit dem Begriff "Gefühle" anfangen, als Mensch mit Körperbehaarung sowie ohne Vorliebe für Jalapeños und gut geschnittene Anzüge ist man natürlich zumeist in der Lage, Gefühle wahrzunehmen. So wird man gerne mal Opfer rücksichtloser Drehbuchautoren, die sich gnadenlos an der umfangreichen Gefühlspalette bedienen. In #5.04 The Bullet That Saved The World waren es diesmal wir "Fringe"-Zuschauer, die solch eine Gefühlsachterbahn durchleben mussten, welche von Freude und Angst, über Hass und Liebe, bis hin zu Trauer und Wehmut reichte. Eine Kotztüte war bei dieser Achterbahnfahrt nicht unbedingt vonnöten, eine Packung Taschentücher für den einen oder anderen vielleicht schon.

"Don't you understand? This is Greek to me! Except that I speak Greek. This is Aramaic to me! Not the western dialect, I do speak it."

Der Fokus der Handlung lag auch in dieser Folge auf der Beschaffung eines weiteren Elements, welches das Team benötigt, um Septembers Plan in die Tat umzusetzen und die Beobachter zu schlagen. Nach wie vor bin ich kein großer Freund der Idee, aus der finalen Runde eine Schnitzeljagd zu machen, da sich das Ganze zu schnell festfahren könnte. In dieser Episode bot die Suche nach einer ellenlangen Gleichung aber immerhin mehr Unterhaltung als in der vorherigen Folge die Suche nach den Energiesteinen. Statt nämlich einen belanglosen Nebenplot in die Handlung einzubauen, fixierte man sich hauptsächlich auf die eigentliche Suche nach dem neuen Puzzleteil und lieferte dabei einige sehr ansehnliche, actionreiche Szenen ab, die besonders aufgrund der Verwendung des Pulvers, welches sämtliche Körperöffnungen zuwachsen lässt, das "Fringe"-Herz höher schlagen ließ. Denn die festen Zuschauer der Serie erinnern sich dabei selbstverständlich an die Episode #1.14 Das Manifest zurück, in der David Robert Jones genau mit diesem Pulver das Fringe-Team auf Trab hielt. Überhaupt lösten die zahlreichen Anspielungen auf vergangene Fälle des Teams (da gab es unter anderem noch das "Stachelschwein" aus #1.13 Conrad und #4.16 Nichts ist, wie es scheint, den Parasiten aus #2.09 Snakeheads sowie die kristallisierte Hand aus #2.03 Der Colonel) natürlich Nostalgie pur aus und durch Walters Aussage, dass es an der Zeit sei, nun selbst ein paar Fringe-Fälle zu kreieren, kann man zurecht hoffen, dass wir auch im weiteren Verlauf der Staffel immer wieder an alte Fälle zurückerinnert werden, auch wenn sich dadurch aufgrund der neuen Zeitlinie einige Logiklöcher auftun. Die erhoffte Brücke zwischen Staffel 5 und all den vorherigen Staffeln wird dadurch zwar (noch) nicht geschlagen, aber dennoch ist es eine nette Idee, um so in der finalen Staffel noch einmal die vergangenen Jahre zu zelebrieren.

Derweil haben wir nicht nur zusehen dürfen, wie das Team mal wieder einigen Loyalisten und Beobachtern in den Hintern tritt, sondern auch ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten stand an der Tagesordnung. Die Rede ist natürlich von Phillip Broyles, der endlich seinen Weg zurück in die Serie gefunden hat. Durch #4.19 2036 wussten wir Zuschauer schon, dass Broyles auch in der Zukunft noch existiert und weiterhin Leiter der Fringe Division ist, die unter der Aufsicht der Beobachter steht. Somit war also klar, dass wir ihn auch in Staffel 5 wieder zu Gesicht bekommen würden. Auf das erste Zusammentreffen zwischen Broyles und den anderen durfte man sehr gespannt sein, schließlich wusste man erstens nicht vollends, auf wessen Seite Broyles eigentlich steht und zweitens wusste man auch nicht, inwieweit sich die Beziehung zwischen dem Team und seinem Vorgesetzten in der Zeit zwischen 2012 und 2015 entwickelt hatte. Diese offenen Fragen waren vielleicht der Grund, weshalb ich das Zusammentreffen letztendlich fast schon bewegender fand, als das Zusammentreffen zwischen Olivia und Etta im Staffelauftakt. Olivias herzhafte Umarmung brachten einen wirklich zum Grinsen und überhaupt hatte ich in dieser Folge das erste Mal das Gefühl, dass Olivia nicht ihrem Vorgesetzten, sondern einem guten Vertrauten gegenübersteht. Somit hoffe ich, dass Broyles ab nun ein fester, aktiver Bestandteil des Widerstands sein und öfter zu sehen sein wird.

Ein weiterer Pluspunkt der Episode war die häufige Präsenz von Captain Windmark, der allerspätestens nach dieser Folge das Hassobjekt aller Zuschauer sein, aber sich gleichzeitig auch als würdiger Antagonist dieser finalen Staffel bewiesen haben dürfte. Doch natürlich ist nicht nur er der Antagonist dieser Staffel, sondern alle Beobachter, die es in dieser Folge wirklich en masse zu sehen gab: Hier ein Beobachter, der plötzlich Peter im Schmuckladen bedrängt, da ein Beobachter, der einen enttarnten Widerstandskämpfer auf grausamste Art und Weise verhört und zahlreiche andere Beobachter, die wie aus dem Nichts plötzlich auftauchen und das Fringe-Team zu beseitigen versuchen. Nachdem wir in den vergangenen beiden Episoden wirklich wenige Beobachterszenen bekamen, fühlte man sich in #5.04 wieder vollends an die Quintessenz dieser Staffel erinnert und die Beobachter wirkten durch ihre scheinbare Omnipräsenz bedrohlicher denn je. Abgesehen davon fiel in dieser Episode der Name "Die weiße Taube" ("The Dove"), hinter dem sich eine Person befindet, die offenbar eine wichtige Schlüsselrolle im Kampf gegen die Beobachter zu spielen scheint. Ein interessantes Mysterium, bei dem ich bezweifle, dass es sich dabei um einen vollkommen neuen Charakter handelt. Momentan tippe ich eher auf ein bekanntes Gesicht hinter dem Namen und mutmaße deshalb einfach mal, dass in den nächsten Folgen eine ganz bestimmte, schon bekannte Figur auftauchen wird, welche in dieser Staffel bisher unerwähnt blieb.

"Etta, I love you so much."

"I Know."

Am Ende dieser Episode werden die Charaktere und wir Zuschauer nicht mit einem wohltuenden Gefühl von Hoffnung zurückgelassen, was bisher in allen Folgen der Staffel der Fall war, sondern mit einem Gefühl von Trauer und Hass. Denn im letzten Drittel wartete die Folge mit dem ersten richtigen Schocker der Staffel auf, nämlich dem vollkommen überraschenden Tod von Etta. Dass Etta nicht bis zum Schluss in der Staffel zu sehen sein würde, hätte man kommen sehen können, da es ansonsten ein wenig unverständlich gewesen wäre, weshalb man Darstellerin Georgina Haig immer nur als Gastdarstellerin aufgelistet hatte. Dass wir uns aber schon nach dieser Folge von Olivias und Peters Tochter verabschieden müssen, kam absolut unerwartet und war einfach nur eine unfassbar schockierende Entwicklung. Noch nicht einmal das schöne kleine Gespräch zwischen Etta und ihrer Mutter über "the bullet that saved the world" hatte irgendwie darauf hingewiesen, dass dies eines der letzten Gespräche zwischen den beiden sein könnte. Es gibt Serien, da merkt man es einfach schon zu Beginn der Folge, ob und welcher Charakter in jener Episode das Zeitliche segnen wird. Im Fall von "Fringe" aber definitiv nicht, weshalb der Schock wirklich tief sitzt.

Dabei hätte man die Szene zwischen Etta und Windmark gar nicht mitreißender gestalten können. Besonders Windmarks Unverständnis darüber, was es mit ihrer Kette auf sich hat, die dazu parallel ablaufenden Flashbacks, in denen man Etta als kleines Mädchen mit ihren Eltern sieht und ihr ängstlicher Blick, als ihr nach ihrer missglückten Attacke auf Windmark klar wird, dass sie jetzt sterben muss, waren absolut packend. Besonders bitter wird das Ganze noch, bedenkt man, dass mit ein Grund, weshalb Etta nun tot ist, die Kette war, die Peter Etta zu Beginn der Folge geschenkt hatte. "Well, you know the expression: No good deed goes unpunished", sagte sie dann zu Peter. Auf welch tragische Weise sie Recht behalten sollte ...

Dahingegen enttäuschten dann fast schon die Reaktionen von Peter, Olivia und Walter. "Fringe" ist zwar eine Serie, die emotionale Szenen gerne sehr subtil darstellt und keine der Charaktere, vor allem nicht Olivia, sind bekannt dafür, enorme Gefühlsausbrüche zu zeigen, doch wenn ich mir in "Fringe" einen Moment aussuchen dürfte, in dem ich gerne gesehen hätte, wie insbesondere Olivia in Tränen ausbricht und auf klischeehafteste Weise verzweifelt Ettas Namen ruft, dann wäre es dieser hier gewesen. Auch das Ende dieser Episode vermittelte zu stark den Eindruck, dass Olivia und Co. den Schalter zu schnell von Trauer auf Hass und Vergeltung umgestellt haben. Letztendlich hoffe ich, dass in #5.05 An Origin Story, wenn Olivia und Peter vielleicht wirklich realisieren werden, dass sie gerade ihre Tochter verloren haben, eine emotionalere Reaktion nachgeholt wird. Aber bitte nicht auf Kosten der Polivia-Beziehung, denn eine Ehekrise zwischen den beiden ist das allerletzte, das ich in dieser Staffel sehen möchte.

Über Ettas Tod bin ich natürlich nicht besonders glücklich. Abgesehen davon, dass sie mir innerhalb der kurzen Zeit wirklich extrem ans Herz gewachsen ist, hatte ich eigentlich gehofft, dass Olivia keine weiteren Schicksalsschläge erleiden muss und sie ihre zweite Chance mit Etta, der sie ja gerade in der letzten Folge noch freudig entgegenblickte, genießen kann. Andererseits war Ettas Tod natürlich in der Hinsicht wirksam, dass die Beobachter und insbesondere Captain Windmark nun nur noch abscheulicher wirken und vielleicht auch der letzte Zuschauer aus dem heimlichen Loyalistenlager am Ende der Serie nur noch sehen möchte, wie Captain Windmark und die restlichen Beobachter ihre Hüte vor dem Fringe-Team ziehen und sich geschlagen geben.

"You electrocuted me!"

Septembers Plan betreffend sind wir zwar erneut nicht schlauer und die Schnitzeljagd nach den Puzzleteilen droht sich abzunutzen, doch Ettas unerwarteter Tod könnte dem Team vielleicht einen neuen Impuls und neue Motivation geben, sodass die kommenden Episoden ähnlich spannend ausfallen könnten, wie diese hier. Vorrausgesetzt natürlich, dass mit Ettas Tod sinnvoll umgegangen wird und er auch für den weiteren Handlungsverlauf bedeutsam bleibt. Am Ende ist #5.04 The Bullet That Saved The World trotz ihrer Handlungsarmut eine sehr ereignisreiche Episode, die die Gefühle der Zuschauer und Protagonisten besonders stark beansprucht. Und für alexithyme Menschen gab es immerhin ordentliche Actionszenen und einen toll aufgelegten Walter.

Manuel H. - myFanbase

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