Bewertung
Jaume Collet-Serra

Non-Stop

Ich entführe dieses Flugzeug nicht! Ich will es retten!

Foto: Copyright: 2014 STUDIOCANAL GmbH
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Inhalt

Für Bill Marks (Liam Neeson) ist der Job als U.S. Air Marshal mittlerweile zur quälenden Routine geworden. Stets mit an Bord kommen deshalb eine Packung Zigaretten und ein mit Alkohol befüllter Flachmann. Beides schmeckt allerdings nicht mehr, als Marks auf dem Non-Stop-Flug von New York nach London plötzlich anonym verschickte Textnachrichten auf seinem Handy empfängt. Die Botschaft: Entweder man überweist dem anwesenden Fluggast 150 Millionen Dollar auf ein geheimes Konto oder alle 20 Minuten wird einer der anderen Passagiere sterben. Marks macht sich sofort auf die Suche nach dem Erpresser und geht jedem, der sich auch nur ansatzweise verdächtig benimmt, an den Kragen. Seine Vorgesetzten jedoch halten die Angelegenheit zunächst für einen schlechten Scherz, bis sich die Todesopfer häufen und die Spur in eine überraschende Richtung führt...

Kritik

Wer in seinem Leben schon einmal geflogen ist, kennt dieses mulmige Gefühl, wenn das Flugzeug abhebt und man scheinbar in der Falle sitzt. Schließlich schätzt man die Überlebenschancen bei einem Absturz eher gering ein. Und was, wenn das Flugzeug entführt wird? Beispiele für klaustrophobische Szenarien über den Wolken gibt es reichlich, ob real oder fiktiv. Fakt ist: Seit dem 11. September 2001 hat sich einiges getan in puncto Flugsicherheit. Ein planmäßiger Flug ist deshalb aber noch lange nicht garantiert. Das attestiert auch die neueste Zusammenarbeit – nach "Unknown Identity" (2011) – von Regisseur Jaume Collet-Serra und seinem heldenhaften Hauptakteur Liam Neeson.

"Ihr habt uns absolute Sicherheit versprochen, aber das war eine Lüge. Das könnt ihr nicht!" Mit diesen Worten begründet der Antagonist in den letzten Filmminuten unter anderem seine Taten und damit hat er vielleicht gar nicht mal Unrecht. Sicher ist jedoch: Dieser Non-Stop-Flug von New York nach London ist verdammt spannend! Das ist nicht zuletzt "96 Hours"-Star Liam Neeson geschuldet, der wieder einmal bescheinigt, dass er die Lizenz zum kompromisslosen Actionhelden besitzt. In seinem Handeln legt Neeson nämlich nicht unbedingt feine Manieren an den Tag. Als problembeladener U.S. Air Marshal Bill Marks sieht er sich mit einem Gegner konfrontiert, der die Fäden gekonnt im Hintergrund zieht, indes der Held selbst in den Kreis der Verdächtigen gerät und – wie einst Jodie Foster in "Flightplan - Ohne jede Spur" – von den ermittelnden Behörden nicht für bare Münze genommen wird. Dabei ist die Botschaft auf Marks "gesichertem" Handy eindeutig: Die Airline soll 150 Millionen auf das Konto des Erpressers überweisen, andernfalls stirbt alle 20 Minuten ein Passagier. Da kann man schon mal die Contenance verlieren...

Was wie ein Routineeinsatz beginnt, mutiert also kurz nach dem Start zu einem tödlichen Katz-und-Maus-Spiel auf 12.000 Metern über dem Boden. Wer der Böse ist, bleibt ein Geheimnis. Anfangs ist nämlich jeder verdächtig. Es genügt ein kurzer Kameraschwenk auf einen harmlos aussehenden Passagier. Dann eine komische Geste. Ein seltsamer Blick. Plötzlich glaubt man den Täter zu kennen. So gerät auch Julianne Moore als redselige wie gleichermaßen unnahbare Sitznachbarin Jen Summers ins Visier des aufmerksamen U.S. Marshals. Dicht gefolgt von Kollege Jack Hammond (Anson Mount aus der US-Serie "Hell on Wheels"), der sich höchst suspekt verhält, während die misstrauischen Blicke einiger Passagiere bereits beim Check-in automatisch auf Dr. Fahim Nasir (Omar Metwally) haften bleiben. Da den Überblick und einen kühlen Kopf zu behalten, ist kein Kinderspiel. Entsprechend überfordert tappt der gnadenlose Air Marshal dem listigen Killer mehrfach in die Falle, auf dass er die heimliche Zigarette in der Bordtoilette bald nicht mehr genießen kann. In der Zwischenbilanz ergibt sich daraus ein mörderisch unterhaltsames Popcornkino der ersten Klasse!

Die Uhr tickt. Der Druck wächst. Demgemäß rasant gestaltet sich das Tempo, unterdessen optisch hervorgehobene Textnachnachrichten direkt ins Geschehen integriert werden. Eigentlich perfekt, würden die Filmcharaktere nicht überwiegend eindimensionalen Ursprungs sein. Das Konzept von "Non-Stop" mag dadurch wunderbar aufgehen. Parallel wird aber eine Distanz erzeugt, die dafür sorgt, dass talentierte Darsteller wie Michelle Dockery aus der preisgekrönten TV-Serie "Downton Abbey" und Oscargewinnerin Lupita Nyong'o ("12 Years a Slave") unterwegs verloren gehen. Sogar zwischenmenschliche Belange werden auf ein Mindestmaß reduziert, wie die überflüssig angedeutete Affäre zwischen der mutigen Stewardess Nancy (Michelle Dockery) und dem folgsamen Co-Piloten Kyle (Jason Butler Harner). Neeson und Moore wiederum schlüpfen in die Rollen zweier vom Schicksal gezeichneter Menschen, die mit der eigenen Wahrheit behutsam umgehen und sich dadurch verwundbar für Anschuldigungen machen. Die Charakterbögen lohnen keinen gründlichen Blick. Dafür überzeugt die jeweilige Performance und das argwöhnische Zusammenspiel der ehemaligen "Chloe"-Kollegen.

Das Ende ist dann wieder eine andere Geschichte. Dass bei einem Actionthriller manches wie aus der Luft gegriffen wirken kann, ist keinesfalls ungewöhnlich. Da verzeiht man ein weniger glaubhaftes Finale nach dem "Im Film ist alles möglich"-Prinzip gerne. Hauptsache es kracht gewaltig. So sei es! Ein No-Go ist da schon ein hanebüchenes Motiv, wie es bei "Non-Stop" auf den letzten Metern aus dem Hut gezaubert wird. Selten erlebt man eine Bruchlandung sondergleichen, wird endlich Tacheles geredet und die Wurzel allen Übels ans Tageslicht gezehrt. Die feierlichen Erklärungen fällen schon arg dürftig aus und können dem clever inszenierten Plan kaum die Stirn bieten. Zumal sich die eine oder andere Ungereimtheit in den Plot schleicht, ist die Katze endlich aus dem Sack. Enttäuschend!

Fazit

Ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel über den Wolken, das allerhand überraschende Wendungen bereit hält und mit einem namhaften Cast punkten kann. Leider geht der Story zum Ende hin die ideenreiche Luft aus und das ernüchtert. Dennoch ein durchaus sehenswerter Psycho-Thriller, der vor allem eines bietet: Non-Stop-Action der unperfekt aufregenden Art. Wer Filme wie "Einsame Entscheidung" mit Kurt Russell oder "Flightplan - Ohne jede Spur" mit Jodie Foster mochte, könnte auch diesen turbulenten Flug genießen.

Doreen B. - myFanbase
08.03.2014

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