Bewertung
Atom Egoyan

Chloe

Liebe. Eifersucht. Verführung.

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Inhalt

Die Gynäkologin Catherine (Julianne Moore) und ihr Ehemann, der hoch geachtete Musikprofessor David (Liam Neeson), führen ein stabiles, aber etwas in Routine geratenes Familienleben. Als Catherine ihrem Mann zu seinem 50. Geburtstag eine Überraschungsparty geben möchte, verpasst er kurzfristig seinen Flug und erscheint nicht. Ein Tag später findet Catherine auch heraus warum. Eine trügerische SMS von Davids Studentin, das auch ein Foto der beiden zeigt, verrät ihn. Catherine ist am Boden zerstört, da David sie anscheinend betrügt. So beschließt sie, ihn zu testen. Da trifft sie auf das hübsche und junge Callgirl Chloe (Amanda Seyfried) und engagiert sie, ihren Mann anzuflirten, um zu schauen, wie er reagiert. Doch diese spontane Handlung nimmt einen Lauf mit fatalen Folgen.

Kritik

Der schwere Zustand, in dem sich die Familie Stewart befindet, wird im Film äußerst gut dargestellt. Da wäre der beschäftigte Vater und Ehemann David, der als Musikprofessor beliebt und geschätzt wird, was er sehr genießt und so seine Frau vernachlässigt. Seine Charakterzüge sind gut inszeniert, aber Sympathie erweckt er durch seine Affäre nicht. Dagegen ist man hingerissen von dem weiblichen Hauptcharakter Catherine, die zum einen nicht an ihren Sohn herankommt und zum anderen von ihrem Mann betrogen wird. Ihre schwierige Situation ist nachvollziehbar und sehr anschaulich geschildert, sodass man sich zu hundert Prozent in sie hineinversetzen kann. Ihre Rolle als Familienmutter ist alles andere als leicht und in manchen Szenen wünschte man, Catherine irgendwie beistehen zu können, so real und tiefgründig ist ihre Figur.

Die Titelträgerin Chloe jedoch hat einen zwiegespaltenen und auf den ersten Blick recht merkwürdigen Charakter. Doch besonders gegen Ende hin kann man sie verstehen, während sie von Anfang bis fast zum Schluss die typische Männeraufreißerin spielt. Genau das stellt den Kontrast zur deprimierten Mutter Catherine gut dar. Die beiden Frauen, die mit verschiedenen Problemen konfrontiert und schließlich immer abhängiger voneinander werden, werden in "Chloe" realitätsnah geschildert.

Das wäre ohne die brillante Julianne Moore schlichtweg unmöglich. Catherine ist zweifellos einer ihrer stärksten Rollen und obwohl sie in "Die Vergessenen" schon einen ausgeprägten Mutterinstinkt zeigen konnte, hat sie hiermit bewiesen, dass emotional anspruchsvolle Rollen genau das Richtige für sie sind. Der zweite Star ist Liam Neeson, der zu den besten Schauspielern seiner Generation gezählt werden kann. Während der Dreharbeiten ist seine Frau verstorben; der Film ist ihm daher sicherlich nicht leicht gefallen, aber dennoch ist er professionell genug, dass sein Charakter – wie immer – glaubhaft und real rüberkommt. Amanda Seyfried, die immer gefragter wird und immer schwierigere Rollen in Angriff nimmt, kann in "Chloe" ausnahmslos überzeugen und spielt neben Julianne Moore eine sehr tragende Rolle. Vor allem die Chemie zwischen den beiden Schauspielerinnen ist gewaltig und ihre sich durch den Film ziehende besondere Beziehung zueinander ist vollkommen überzeugend. Auch Jungstar Max Thieriot kann sich nach Filmen wie "Mission: Possible – Diese Kids sind nicht zu fassen!", "Der Babynator" oder "Jumper" von den Komödien und den typischen Kinderrollen absetzen und erstmals ernsthaftes, schauspielerisch anspruchsvolles Niveau beweisen. Und zu guter Letzt fasst Serienstar Nina Dobrev, die in der Erfolgsserie "Vampire Diaries" mitspielt, Fuß in der Filmwelt neben diesen Topdarstellern.

Die Voraussetzungen für einen perfekten dramatischen Thriller sind somit schon vorhanden. Es kommt "nur" noch auf den Inhalt, das Drehbuch und die Umsetzung an. Die Themen Liebe, Eifersucht und Sehnsucht, die in "Chloe" behandelt werden, sind definitiv nicht leicht umzusetzen. Auch lautet das offizielle Genre (Erotik-)Drama/Thriller, doch letztlich enthält der Film mehr dramatische als spannende Elemente. Der Inhalt klingt wie ein typisches Liebesdrama, das sich allmählich zu einem richtigen Liebesdreieck entwickelt. Und dieses Liebesdrama wird derart in den Vordergrund geschoben, dass die Story thrillermäßig nicht genug vorangebracht wird. Der Film ist nicht langweilig, im Gegenteil, aber erst ganz zum Schluss kommt es zum Showdown. Als Thriller kann man "Chloe" nicht unbedingt bezeichnen, eher als tiefgründiges, bewegendes Psychodrama, das von dem Zerfall einer Familie und der stillen Sehnsüchte und Hoffnungen zweier Frauen erzählt. Spannung wird nicht durch aktive Action, sondern durch die stillen Szenen erzeugt. Man möchte wissen, wie David auf Chloe reagiert und was Chloes Absichten sind. Dann schlägt der Film plötzlich eine ganz andere Richtung ein und David ist nur noch Nebensache, denn Chloe und Catherine und ihr unerwartetes Verhältnis stehen im Vordergrund. Dabei ist Catherines Handeln ganz und gar nicht unverständlich, denn sie sehnt sich nach Geborgenheit und Liebe, die ihr David nicht geben kann, Chloe aber schon. Die Story gerät in eine völlig andere Richtung, nimmt Wendungen und deckt Geheimnisse auf.

Enttäuschend wiederum ist der Schluss, der mit einem unerwarteten Ereignis und einem Schock endet. Das Ende ist an sich eine gute und spannende Lösung, das jedoch schlecht umgesetzt ist. Ohne viel verraten zu wollen, aber man hätte "Chloe" besser abrunden können und vor allem hätte der Showdown etwas länger anhalten können. Es scheint, als wollten die Macher um jedes Mittel den Film ins Gedächtnis der Zuschauer einbrennen wollen, was leider nicht gelingt, sodass das Ende zu einem fast schon hollywoodartigem Finale abrutscht.

Fazit

Die Tiefe der Charakter und die Leistung der Schauspieler, vor allem Julianne Moore, tragen zu der Größe des Films bei. Dabei ist "Chloe" nicht perfekt und besonders gegen Ende hin nimmt der Film qualitativ ab. Nichtsdestotrotz ist "Chloe" ein spannendes, aber besonderes sensibles Psychodrama, das durch stille Szenen, Verwirrungen, Sehnsüchte und unerwiderte Liebe zu beeindrucken weiß.

Tanya Sarikaya - myFanbase
26.04.2010

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