Bewertung

Review: #1.04 Gray Hour

Vor einigen Wochen verkündete Joss Whedon, dass #1.04 Gray Hour wahrscheinlich aus der Episodenliste gestrichen werden würde – sie würde nach der Änderung des Piloten nicht mehr in den Handlungsablauf passen. Gut für uns alle (und die Serie), dass er (oder aber die Kreatur mit gottgleicher Entscheidungsgewalt, welche sich hinter drei Buchstaben verbirgt) sich dagegen entschieden hat, denn dies war die bislang beste Folge von "Dollhouse". Sicherlich kein Meisterwerk, das die Gesamtheit der Fernsehlandschaft in ihrem Innersten erschütterte, aber hey – man nimmt was, man kriegen kann.

Tabula Rasa

Der Kernaspekt dieser Folge ist klar (und erneut sehr, sehr wenig stand-alone): Echo, also die wahre Echo, nicht irgendein Imprint, wird mit der harten, kalten, brutalen Welt konfrontiert. Schutzlos ist sie der Realität ausgeliefert und man sieht, wie viel Mensch tatsächlich in dieser Hülle steckt. Ironischerweise habe ich ausgerechnet zu dem Kernpunkt dieser Folge (und der zweit-interessantesten Handlung dieser Serie bislang) wenig zu sagen, da sich der Meister erneut in der Kunst des Offensichtlichen übt.

Wo ich gerade bei Kunst und Offensichtlichkeit bin: Die Huldigung an Picasso und die Interpretation seiner Kunst war wieder einmal der Gipfel der "ich-als-Autor-dieser-Episode-weiß-dass-ihr-als-Zuschauer-nicht-selbst-denken-könnt-also-gestalte-ich-eine-überoffensichtliche-Metapher"-Macherei, die sich in den ersten vier Folgen dieser Serie festgesetzt hat wie diese nervigen Katzenhaare auf meinem schwarzen Lieblingspullover. Wie wir alle als Ganzes geboren werden und dann im Verlauf unseres Lebens ein wenig kaputt – ein ganz klein wenig verrückt – werden. Jep, was soll man dazu sagen? Dass ausgerechnet dieser Metapher die "Ehre" zuteil wurde, als wöchentlicher Erinnerungsfetzen aufzutauchen, hat es nicht besser gemacht.

Schöner war dann schon eher die Übertragung der pre-PotW PotW (wisst ihr was ich meine?) auf das Berg-Gemälde. Wie das Kind, das sie zur Welt bringen half, wird auch Echo im Angesicht der Berge "neu geboren". Und wie das Kind, kommt auch sie schutzlos und hilfsbedürftig auf die Welt – nur leider im Gegensatz zum Baby völlig ohne den Schutz ihrer Eltern (also in ihrem Fall des Dollhouses).

Aber sie hat ja einen Vater (also zumindest etwas Ähnliches) in ihrem Handler, der ihr (mal wieder!) völlig undurchdacht und entgegen offensichtlicher Befehle zur Hilfe eilt. Schön zwar für die Bindung der beiden, die immer noch sehr einseitig ist, aber dennoch immer weiter zu einer wahren Elternteil-Kind-Beziehung wird, aber man muss sich hier (mal wieder!) über die gänzliche Inkompetenz der Dollhouse-Betreiber wundern. Dass Langton ein Sicherheitsrisiko ist, der sich ständig Befehlen widersetzt und nur (also wirklich NUR) die Sicherheit seines Schützlings (gibt es dafür eine weibliche Form?) im Sinn hat, sollte der werten DeWitt schon aufgefallen sein. Naja, wenigstens kommt sie diese Woche drauf. Mal sehen, ob er von ihr abgezogen wird, denn dann würde seine Bindung zu ihr wirklich interessant werden.

Erschaffe nicht, was du nicht kontrollieren kannst!

Spätestens seit "Terminator", "Matrix" oder einer der etlichen anderen SciFi-Odysseen, sollte jedem klar sein, dass er niemals etwas kreieren sollte, das die Möglichkeit hat, ihn zu überflügeln, weil es sonst irgendwann zurückkommt, um ihn in den A...llerwertesten zu beißen (hmm... welche Auswirkungen hätte es wohl, wenn man diese Lehre auf die Kindererziehung übertragen würde?). Aber die Schreiberlinge um Joss Whedon möchten in dieser Serie auf diese Aussage trotzdem nicht verzichten. Denn auch hier kommt es dazu, dass Alpha (ausgestattet mit Herkules plus fetten, saftigen Hirn-Fähigkeiten) durch seine Erschaffer nicht aufgehalten werden kann. Erneut wundere ich mich allerdings über die Logik des Ganzen: Ein Konzern mit schier endlosen Ressourcen ist nicht in der Lage, das größte Sicherheitsrisiko zu eliminieren, das sie sich vorstellen könnten? Naja.

Aber was uns hier deutlich wird, ist, dass Alpha nicht nur ein Schlächter ist, sondern anscheinend ein Mann mit einer Mission und den Kompetenzen diese umzusetzen. Zwar finde ich es wirklich schade, dass hier jegliche Spekulation über den Ursprung dieses Attentates abgeschnitten wird (es wäre doch sicherlich für den Spannungsbogen weit besser gewesen, dies erst zu einem späteren Zeitpunkt aufzulösen), aber auf diese Weise wird der Bedrohung Alpha mehr Gefahr und mehr Bedeutung zugewiesen als noch in den letzten Folgen. Noch besser wäre es sicherlich gewesen, einfach die Aussage Tophers im Raum stehen zu lassen (dass er nur einen Menschen kenne, der zu so etwas fähig sei, dieser aber tot sei) und diesen Strang dann erst in drei, vier Folgen wieder aufzugreifen. Auch an dieser Stelle zeigt sich für mich erneut eine der ganz großen Schwächen dieser Serie (bislang): sofortige Auflösung. Viel zu selten wird bisher Information angedeutet und dann zurückgehalten (außer in einem Fall, der mich wirklich aufregt – ich hoffe nämlich immer noch auf einen weiteren Ausschnitt des "Einstellungsinterviews" von Caroline). Ich erwarte ja nicht, dass das hier "Lost"-esk wird, aber ein wenig Mystery dürfte eigentlich nicht zu viel verlangt sein.

Schafe und Wölfe

Eine der schönsten (und interessantesten!) Szenen dieser Folge wäre fast ein wenig in der Tabula-Rasa-Geschichte untergegangen: der Zusammenschluss von Echo, Sierra und Victor im Dollhouse ist etwas, das sich über die Wochen immer mehr aufbaut. Letzte Woche noch der mysteriöse Kopfschüttler und nun ein Routine, die man eigentlich nicht bei komplett "leeren" Personen vermuten würde (schön auch der Vergleich mit Bison, den ich wirklich sehr witzig fand – auch wenn er wieder ein wenig Tophers Einstellung zu den Actives als nicht-wirklich-Menschen zeigt).

Auch die Geschichte um Ballard wurde diese Woche wieder ein wenig vorangeprügelt und es ergab sich eine wirklich interessante Sache. Nein, nicht dass Ballard anscheinend ein wirklich nachtragender und nicht unbedingt nach den Spielregeln der Nettigkeit spielender Mensch ist, sondern dass nun überall Bilder von Victor verteilt wurden. Das ist etwas, dass Ballard direkt zum Dollhouse führen könnte, da es ja den Einsatz Victors in einer anderen Funktion als der des Lubovs wirklich schwieriger macht. Auch wenn DeWitt und ihr Sidekick diesmal ein wenig darüber gesprochen haben, bleibt mir immer noch unklar, warum man einem eigentlich Ahnungslosen wie Ballard eine solch heiße Spur vor die Nase setzt. Naja, siehe oben: inkompetent.

Fazit

Eine Folge die vor allem durch eine eingebettete PotW den Seasonarc wirklich vorantreibt und dadurch überzeugen kann.

Endlich hat es mal geklappt, dass ich mich bei den PotW-Szenen nicht unsäglich gelangweilt habe. Könnte daran liegen, dass die Hälfte der Folge eigentlich keine PotW vorhanden war, sondern wir es wirklich mit Echo zu tun hatten. Über die Picasso-Metapher und deren Ausschlachtung sehe ich mal hinweg und gebe der Folge acht Punkte. Sie war wirklich die beste bislang und ich hoffe auf einen sich fortsetzenden Trend!

Martin Schultze - myFanbase

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