Bewertung

Review: #4.15 Blinder Hass

Foto: Yuri Sardarov & Oliver Platt, Chicago Med - Copyright: 2018 NBCUniversal Media, LLC; Elizabeth Sisson/NBC
Yuri Sardarov & Oliver Platt, Chicago Med
© 2018 NBCUniversal Media, LLC; Elizabeth Sisson/NBC

Das Muster bei "Chicago Med" ist in dieser Staffel bisher unheimlich starr gewesen: Streit, Versöhnung, Streit, Versöhnung und das bei gleich drei potenziellen Paaren. Erst die letzte Folge hat in Form von Maggie Lockwood und Dr. Daniel Charles die dringend benötigten neuen Impulse gegeben. Und wer hätte es gedacht? Die aktuelle Folge bietet nicht eine gemeinsame Szene (im klassischen Sinn zu verstehen) der Standardpaarungen Dr. Natalie Manning / Dr. Will Halstead, April Sexton / Dr. Ethan Choi und Dr. Connor Rhodes / Dr. Ava Bekker und ich hätte nicht gedacht, dass das überhaupt möglich sein kann!

Dieser Verzicht auf die üblichen Verwicklungen tut der neuen Episode unheimlich gut, da es wirklich mal wieder zu anderen Storylines kommt. Dadurch wirkt die Folge in jedem Fall sehr frisch. Dennoch kann ich gleich vorwegsagen, dass dafür der andere klassische Fehler dieser Serie begangen wurde, da die Episode mit zu vielen unterschiedlichen Handlungen vollgestopft wurde. Als Beispiel sei nur das Outing von Terry McNeal genannt, das eher nebenbei wirkte, das aber sicherlich noch ein größeres Potenzial gehabt hätte, da ich mir vorstellen könnte, dass dies auch mit ein Grund war, warum er seine Profikarriere im Sport nicht weiterverfolgt hat. Insgesamt muss ich jedoch sagen, dass mir zu viele Handlungen nicht so negativ ins Auge fallen, wie es ständiger Einheitsbrei tut.

Ebenfalls etwas zu kurz gekommen sind die OP-Nachwirkungen bei Maggie. Seit der letzten Folge haben wir einen Zeitsprung gemacht, da sie schon wieder dienstfähig ist. Gemeinsam mit Natalie schlendert sie über einen Flohmarkt, als plötzlich ein Auto durch die Menge schießt. Da sich später herausstellt, dass der Fahrer dies aus rassistischen Gründen gemacht hat, wurde hier ein aktuelles Thema interessant verpackt. Dennoch hätte mir die Dramatik dieser Situation noch besser gefallen, wenn man mehr Sendezeit aufgewendet hätte. Dass alles etwas zu viel war, sieht man auch deutlich daran, dass nicht ein Kollege mal fragt, ob es Natalie oder Maggie gut geht. Die beiden Seite an Seite fleißig arbeiten zu sehen, hat mir gut gefallen, da ihre Freundschaftsmomente hinter Natalies Beziehung zu Will immer zurückstehen mussten. Am Ende des Tages muss Maggie der anstrengenden Arbeit Tribut zollen und so bricht sie zusammen, da ihre OP-Narbe aufgeplatzt ist. Ich fand es gut, dass hier noch einmal Schwierigkeiten eingebaut wurden, auch wenn doch auch hier wieder etwas Dramatik verschenkt wurde, da sie ja schnell gerettet werden konnte.

Etwas Sorgen bereitet mir, dass Phillip Davis so konstant ein Thema ist. Nachdem man Will die Flausen in den Kopf gesetzt hat, dass Natalie ihm fremdgeht, hätte man auf ihn ja eigentlich verzichten können, aber Natalie hat immer noch durchweg Kontakt mit ihm, was Maggie kritisch bemerkt. Da sie selbst aber die Grenzen der Professionalität gerne mal überschreitet, nimmt sie sich in ihrer Kritik letztlich zurück und fordert sie auf, Phillip mit seiner Neugeborenen beizustehen. Wenn aber der besten Freundin die Sache schon suspekt erscheint, dann befürchte ich, dass die Autoren wirklich etwas anbahnen lassen könnten zwischen Natalie und Phillip, aber warten wir erstmal ab!

Nachdem Daniel in der letzten Woche schon mit seiner neuen Bekanntschaft Jackie eine sehr persönliche Storyline bekommen hat (die komischerweise in dieser Episode überhaupt nicht zur Sprache kommt), wird es diesmal sogar noch persönlicher, da Robin Charles zurückkehrt und im Gepäck gleich ihre Mutter Caroline dabei hat, somit also Daniels Ex-Frau. Diese Dame war vier Staffeln lang ein Thema, nun ist sie endlich aufgetaucht, nur leider aus einem traurigen Anlass, da ihr Krebs zurückgekehrt ist und sie sich für eine experimentelle Studie bewirbt. Zum einen fand ich es schön, dass wir bei Robin sehen durften, dass es ihr wieder gut geht und zum anderen hat es mir sehr gefallen, Daniel mit ihr, aber auch mit Caroline zu erleben. Hier sieht man deutlich, dass die beiden sich im Guten getrennt haben und dass sie vor allem über Robin einen respektvollen Umgang pflegen. Noch ging es aber eher weniger um Carolines genauen Gesundheitszustand, aber dieser wird uns sicher in den kommenden Folgen begleiten.

Ein Beleg für die vollgestopfte Folge ist zudem, dass Daniel sich in noch zwei weiteren Teilhandlungsbögen befindet. Will behandelt einen Polizisten, der am Anschlagsort heldenhaft mitgeholfen und seinen Gesundheitszustand außer Augen gelassen hat, so dass er schließlich im OP verstirbt. Will und Daniel nehmen sich dessen Sohn an, der sehr an seinem Vater gehangen hat, da er nur noch von ihm großgezogen wurde. Dieser Handlungsbogen war insgesamt eher überflüssig, aber es war ein klassischer Moment, der auf die Tränendrüse drücken sollte und Daniel war mit seinen Eigenschaften hierfür natürlich perfekt. An der Stelle will ich ganz nebenbei noch erwähnen, dass Will erfreulicherweise in dieser Episode größtenteils vernachlässigt wurde, so dass es über ihn mal nichts Schlechtes zu berichten gibt. Zurück zu Daniel, dem durch Carolines Auftauchen auch bewusst wird, dass er im Gegensatz zu ihr, seit seiner Verlobung nicht mehr den Kontakt zu seinen Eltern gesucht hat, mit denen er damals gebrochen hatte. Nun lebt nur noch seine Mutter im Pflegeheim und Daniel entschließt sich, diese aufzusuchen, um die Versöhnung mit ihr zu finden. Dieser Moment war sehr emotional und perfekt gesetzt für die letzte Szene einer Folge, aber ich finde doch, dass man diese Nebenhandlung über eine ganze Episode hätte strecken können.

Robins Wiederkehr ist natürlich nicht nur für Daniel schön, sondern auch für Connor. Ihre Umarmung habe ich als unheimlich innig empfunden. Hier hat man doch deutlich gemerkt, dass er zwar nach ihrem Weggang in eine Sinnkrise gestürzt ist, dass er das aber längst überwunden hat und einfach froh ist, dass ihr Weggang ihre gesundheitliche Verbesserung gesichert hat. Eindeutig weniger erfreut über Robins Rückkehr ist Ava. Robin geht sehr unbedarft mit ihr um, da sie vermutlich auch gar nichts von ihr und Connor weiß, schüttet damit natürlich Öl ins Feuer, da Ava automatisch denken muss, dass ihr Ex-Freund sich wieder mit Robin versöhnt. Hier wird es nun spannend werden, ob die Autoren diese Zuspitzung wirklich dafür nutzen, dass sie Ava als psychische Manipulatorin entlarven oder ob sich doch alles ganz harmlos entwickelt. Ich bin in jedem Fall sehr gespannt.

Patienten, die ein Spenderorgan brauchen und dann Glück haben, dass genau passend ein hirntoter Patient eingeliefert wird, das sieht man in Arztserien zuhauf, auch "Chicago Med" hat das schon mehrfach gebracht. Der Empfänger spielt jedoch eher eine unwichtige Rolle, der Fokus liegt auf der jungen schwarzen Frau, die von Amokfahrer Baker genau das erhoffte Opfer war, da er ihre Rasse ausrotten will. Damit erhält ihre Hirntod-Diagnose eine besondere Brisanz, da die Mutter vor der schwierigen Entscheidung steht, ob sie die Organe freigibt oder nicht. Zwar kann ich den Gedanken nachvollziehen, dass man sich am liebsten aussuchen würde, wer die Organe des Angehörigen bekommt, aber da die Manipulationsgefahr dadurch steigt, ist es logisch, dass diese Praxis nicht durchgeführt werden kann. Dennoch fand ich den inneren Konflikt der Mutter sehr gut dargestellt, da man gut nachvollziehen kann, dass sie die Organe ihrer Tochter nicht an einen Rassisten vergeben sehen will, wenn genau so einer den Tod von Jayda verursacht hat. Connor mischt hier zwar auch mit, aber eigentlich ist es der Fall von Sharon Goodwin, die sofort eine innige Beziehung zu Jalissa aufbaut und ihr bei jedem Schritt beisteht. Ich fand es erneut herzerwärmend, dass Sharon ihre menschliche Seite ausleben darf, sei es als Daniels Freundin oder sei es als Gewissen einer trauernden Mutter.

Fazit

Nicht ein konkreter Pärchenmoment war in dieser Folge zu erleben, das gleicht schon fast dem siebten Weltwunder. Die Episode wirkte dadurch frisch, voll von neuen Ideen und Entwicklungen. Leider wollte man etwas zu viel, so dass einige Potenziale nicht vollends ausgeschöpft werden konnten.

Lena Donth – myFanbase

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