Bewertung

Review: #5.02 Drecksarbeit

Foto: Claire Danes, Homeland - Copyright: Stephan Rabold/SHOWTIME
Claire Danes, Homeland
© Stephan Rabold/SHOWTIME

#5.02 The Tradition of Hospitality wirft Fragen auf. Und davon einige. Welche Intrige spinnt Allison Carr? Was führen Saul Berenson und Peter Quinn im Schilde? Und wer hat es eigentlich auf Carrie Mathison abgesehen - und vor allem: warum? Ein Fragezeichen reiht sich an das nächste. Antworten gab es (fast) noch keine. Die Staffel geht ja gerade erst so richtig los. Während #5.01 Separation Anxiety uns noch relativ behutsam in das neue Setting eingeführt hat, nimmt "Homeland" mit Folge zwei langsam, aber sicher Fahrt auf.

"Katze? Habt ihr 'ne Katze gesehen?"

Katze ist ein gutes Stichwort. Katz- und Maus-Spiel besser gesagt. Und das umschreibt ziemlich gut, was sich zwischen Laura Sutton und Astrid entspinnt. Beide lassen sich die Butter nicht vom Brot nehmen. Trotz ihrer Verhaftung gibt Laura nicht klein bei und lässt sich in keiner Weise von der von Nina Hoss verkörperten Astrid in die Enge treiben. Laura kennt ihre Rechte (und die der deutschen Bürger) und lässt sich auch vom BND keine Angst einjagen. Mit der Hacker- bzw. Laura-Geschichte hat "Homeland" seine eigene Edward Snowden-Version geschaffen und plausibel zum Aufhänger der fünften Staffel gemacht. Spannend ist in dieser Episode vor allem, wie sowohl Laura als auch Astrid im Verhörraum ihre jeweilige Sicht der Dinge schildern. Beide klingen absolut nachvollziehbar. Laura sagt, es sei gesetzeswidrig, die eigenen Bürger zu beschatten – egal mit welchen Tricks versucht wird, bestehende Gesetze zu umgehen. Astrid verteidigt dieses Vorgehen mit einer guten Begründung: "700 German citizens have gone to Syria to fight for the Islamic State. It's not what they're doing over there that scares us. It's what happens when they come back." Heiligt der Zweck also die Mittel? "Homeland" greift damit die derzeitige Debatte rund um die Datenschutz-Thematik auf und könnte aktueller und 'zeitgeistiger' nicht sein.

Interessant ist übrigens auch die Perspektive der Hacker: Die beiden sehen Lauras TV-Interview. Einer von beiden denkt sich: "Hm… Moment mal. Wieso verdient sie eigentlich Geld damit? Was sie kann, können wir doch schon lange …" Der andere sieht das etwas anders: "Information is for free." Gut möglich also, dass die beiden 'Hacker-Freunde' bald nicht mehr ganz so gut befreundet sind, schließlich haben sie noch mehr brisante Infos im Gepäck …

"So give them Saul's."

Einen Dämpfer erhält in dieser Folge auch die Beziehung von Saul und Allison Carr. Der 'Überwachungsskandal' ist auf eine Sicherheitslücke bei der CIA zurückzuführen. Die logische Konsequenz ist also, dass jemand von der CIA zur Rechenschaft gezogen wird. Die Deutschen wollen, dass jemand die Verantwortung übernimmt. Saul übermittelt daher Allison die 'frohe Botschaft', dass sie diejenige welche sein soll, die ihren Kopf hinhalten muss. Dass diese damit so rein gar nicht einverstanden ist, ist klar. Sie wirft Saul sogar vor, dass er sie schützen und eine andere Lösung finde würde, wenn sie Carrie Mathison wäre. Saul streitet das ab. Ganz so Unrecht wird sie damit aber wahrscheinlich nicht haben. Carrie und Saul mögen zwar ihre Probleme gehabt haben und auch in Staffel 5 steht ihr Verhältnis bislang nicht zum Besten. Doch wann immer es darauf ankam, passte kein Blatt zwischen die beiden. Da Allison mit dieser Taktik bei Saul jedoch auf taube Ohren stößt, versucht sie es anders und intrigiert mal eben schön gegen ihn. Sie ruft Dar Adal an und fordert, dass dieser nicht sie, sondern Saul versetzen soll. Ob der sich allerdings darauf einlässt? Saul und er sind schließlich auch ganz gut befreundet. Wer weiß also, wie sich diese Geschichte noch weiter entwickelt und was Allison noch alles in petto hat. Fest steht: Wenn es sein muss, kann sie auch ganz andere Saiten aufziehen …

"It's not a debate. I'm staying."

Carrie hat inzwischen auch so ihre Probleme mit den Seiten, auf denen sie angeblich steht. Von ihren alten Weggefährten kauft ihr niemand wirklich ab, dass sie tatsächlich die Seiten gewechselt hat und nicht länger für die CIA arbeitet – weder die Hisbollah noch ihre eigenen ehemaligen CIA-Kollegen, die hinter ihrer Tätigkeit für die Düring Foundation sogar ein 'Trojanisches Pferd' vermuten. Carrie wird nicht müde zu betonen, dass sie mit der CIA nichts mehr zu tun hat und im Grunde auch nichts mehr zu tun haben will. Leicht gemacht wird es ihr allerdings nicht. Nicht, wenn alle Leute, denen sie begegnet, sie um Insiderinfos bitten …

Dabei fällt einem auch prompt wieder der Spruch ein, den Laura Sutton gegenüber Carrie in #5.01 Separation Anxiety geäußert hat: "You can take the girl out of the CIA. But … You know." Die Sache dabei ist nämlich, dass es nicht nur Außenstehende sind, die Carrie noch immer mit der CIA in Verbindung bringen. Trotz all ihrer Beteuerungen, die man ihr auch aufrichtig abkauft, scheint sie selbst es zu sein, die sich nicht lösen kann. Und das ist eine der merkwürdigsten und irgendwie auch kaum nachvollziehbarsten Wendungen dieser Folge. Nach dem Anschlag im Flüchtlingscamp möchte man doch meinen, Carrie sieht zu, dass sie gemeinsam mit Otto Düring Land gewinnt und zurück nach Berlin fliegt – in eine sichere Umgebung, zu ihrer Tochter und Jonas Hollander. Doch was macht sie? Das komplette Gegenteil. Steht am Flugzeug und sagt, sie könne nicht weg. Sie müsse bleiben, um aufzuklären, was es mit dem Attentat auf sich hat. Die Frage ist nur: Warum? Warum muss ausgerechnet SIE die Sache aufklären? Gibt es dafür nicht inzwischen andere Leute? In ihrer Jobbeschreibung für die Düring Foundation war das ganz sicher nicht als Aufgabe vermerkt. Noch skurriler wird es, weil sie in der letzten und in dieser Folge mehrfach betont hat, wie wichtig ihr ihr neues Leben ist, wie gut es ihr geht. Und dann opfert sie das alles einfach so? Dass es ihr nicht leicht fiel, wurde dann – zum Glück, möchte man fast sagen – im Anschluss gezeigt, als sie auf der Toilette ihren Gefühlen freien Lauf lässt. Sie scheint sich selbst zu fragen, was sie da eigentlich gerade macht. Vielleicht ist eine solche Reaktion aber auch 'typisch Carrie'? Dieses Hin und Her, immer zwischen zwei Extremen schwankend. Vielleicht kann sie einfach nicht anders? Vielleicht braucht sie die Gefahr, das Adrenalin? Vielleicht ist sie einfach nicht für ein ruhiges, gut bürgerliches Leben gemacht? Schon in vorherigen Staffeln hat man diesen Kampf, den sie innerlich mit sich austrägt, miterlebt. Vielleicht ist es bei genauerem Nachdenken also gar nicht mehr so unplausibel, warum sie Beirut nicht verlassen kann. Carrie ist ein so hochkomplexer und tiefgründiger Charakter. Hut ab, kann man da nur sagen. Hut ab …

"MATHISO"

Eine andere Figur, bei der man sich derzeit fragt 'Was macht er da eigentlich?', ist Quinn. Und im Prinzip auch Saul. Denn beide stecken unter einer Decke. Als Zuschauer weiß man nur noch nicht, welche Decke das genau ist. Nachdem er eine 'Rekrutiererin' ermordet hat, holt sich Quinn seinen nächsten Auftrag ab. Diesen muss er allerdings erstmal entschlüsseln. Und bei der Lösung des Rätsels mag man seinen Augen kaum glauben: "MATHISO" steht da plötzlich auf dem Papier. Hat Quinn allen Ernstes die Aufgabe, Carrie zu töten? WARUM??? Erst kurz zuvor hat Carrie erfahren, dass das Attentat gar nicht Otto Düring galt, sondern der "CIA Woman". Also ihr.

"Fazit"

Fragezeichen. Fragezeichen. Fragezeichen. So lässt sich diese Folge ziemlich gut zusammenfassen – zumindest die letzten Minuten.

Und das ist toll! Das ist "Homeland" wie es leibt und lebt und richtig Spaß macht!

Franziska G. - myFanbase

Die Serie "Homeland" ansehen:


Vorherige Review:
#5.01 Die Schwachstelle
Alle ReviewsNächste Review:
#5.03 Die Summe meiner Sünden

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Homeland" über die Folge #5.02 Drecksarbeit diskutieren.