Bewertung

Review: #5.03 Die Summe meiner Sünden

"Homeland" nimmt immer mehr Fahrt auf und strickt weiter an der abermals komplexen Storyline, die politische Abgründe genau so offenbart wie persönliche.

"I'm sorry, you had to lie for me!"

Eigentlich hatte ich erwartet, dass man nahtlos an die letzte Episode anschließt und Carrie noch ein paar Szenen in Beirut zeigt, doch man springt ein paar Tage nach vorn und lässt so ziemlich alle Welt nach Carrie suchen. Saul hat extra Kontakt zu Otto Düring aufgenommen, stößt dabei aber auf Granit. Otto gibt keinerlei Informationen preis, um Carrie zu schützen. Da er ihr sein Leben verdankt (obwohl sie ihn ja nach neuesten Erkenntnissen überhaupt erst in Gefahr gebracht hat), macht er natürlich alles, was Carrie verlangt. Unter anderem organisiert er auch, dass Franny zurück in die USA fliegt und und bei Carries Schwester erst mal in Sicherheit ist. Damit entledigen sich die Autoren gekonnt der Problematik, Carrie als Mutter betrachten zu müssen, weil nun ihre mütterlichen Pflichten erst mal wieder in den Hintergrund rücken und sie vollkommen frei agieren kann. Das ist für die Storyline in den nächsten Episoden sicherlich förderlich, weil man dann keine Zeitmanagementfragen stellen muss.

Dass es Carrie nicht leicht fällt, ist auch ein wichtiger Moment gewesen. Es ist ja nicht so, dass sie Franny nur in einen Urlaub schickt. Im Hinterkopf besteht ja auch die Möglichkeit, dass Carrie ihre Tochter nie wieder sieht. Es war ein harter Moment, der allen Müttern und Vätern sicherlich ein mulmiges Gefühl hinterlassen hat. Jonas' gutes Zureden war da alles andere als hilfreich, weil er einfach nicht den richtigen Vergleich erwischt. Dass dieser allerdings noch von Bedeutung sein wird, war ein geschickter Zug im Drehbuch. Dass Jonas nämlich Kinder hat, war in dieser Episode noch an ganz anderer Stelle von Bedeutung, was zu diesem Moment dem Zuschauer eher noch nicht klar war.

"You should have told me before you went off the drugs."

Carrie versucht sich mit Jonas von der Außenwelt abzukapseln, aufs Dorf zu fahren und dort in aller Ruhe alle Puzzleteile zusammen zu setzen. Dafür braucht Carrie aber ihre Topform. Anders als Leistungssportler dopt sie sich aber nicht, indem sie Tabletten nimmt, sondern umgekehrt. Sie setzt ihre Tabletten ab. Das ist vor allem deswegen interessant, weil es dafür sorgt, dass Carrie alle Karten auf den Tisch legt und Jonas gegenüber alles über sich preis gibt. Und obwohl er schon ziemlich viel wusste, weil er Carrie für Düring überprüfte, ist das in der Summe natürlich harter Tobak. Jonas' Aussage "I don't know how you live with yourself." ändert dann quasi alles an ihrer Beziehung. Carrie greift zum Alkohol (was irgendwie klar war, nachdem ihre Abstinenz im "Was bisher geschah" noch mal erwähnt wurde) und nimmt ihr verrücktes Ich wieder an, welches wir inzwischen ja ganz gut kennen. Trotzdem war die Szene von Claire Danes wirklich enorm stark gespielt, als sie den Höhepunkt erreicht und versucht, die Einnahme der Tabletten zu vermeiden. Die Szene war auch deswegen das Highlight der Episode, weil Jonas so souverän und clever agiert und damit der perfekte Gegenpart in diesem Moment ist. Eigentlich ist Jonas fast ein bisschen zu perfekt, aber ich will meine wilden Spekulationen erst mal noch für mich behalten (oder Raum dafür in den Kommentaren lassen, falls es jemand wissen möchte). Carrie glaubt jedenfalls, dass sie nun eben für alles büßen müsse und es gar keine konkrete Person ist, die ihren Tod will, sondern es eher ein Gemeinschaftsprojekt ist. Sie steht eben auf der Liste ganz oben. Ich glaube nicht, dass dies wirklich der Schlüssel war und überlege noch, inwieweit das halluzinatorische Auftauchen von Aayan da nicht doch noch mehr zu bedeuten hat.

"Keine Sorge, bis zum Abendbrot haben sie dich gefunden."

Peter Quinn geht derweil mit starker Kalkulation seinem Auftrag nach, auch wenn man in der ersten Szene noch nicht gleich ahnt, was er vorhat. Als er plötzlich als Polizist getarnt ein Kind gefangen nimmt (und sein Bestes gibt, um deutsch zu sprechen), war schon klar, dass er über Jonas an Carrie heran kommen möchte. Der Plan geht auf und so wird es zum Ende der Episode noch mal richtig spannend. Carrie trennt sich von Jonas, weil dieser sich um sein Kind sorgt und die emotionslose Darstellung von Carrie, es sei ja nur ein Köder, dann verständlicherweise auf Unverständnis stößt. Aber Carrie ist dann eh schon in ihrem Element und versteckt sich im Wald, sodass Jonas auch nichts mehr tun kann. Carrie glaubt sich dann im Vorteil und überwältigt ihren Angreifer, doch sie hat natürlich nicht damit gerechnet, dass ihr Angreifer mit Quinn jemand ist, der einfach genau weiß, was sie tun wird. Quinn ist also vorbereitet und lässt Carrie in die Falle laufen. In Anbetracht der Tatsache, dass bereits am Ende der dritten Episode der Auftragskiller Quinn Carrie in seiner Gewalt hat, ist doch davon auszugehen, dass hier noch verschiedene Interessen aufeinander prallen. Ursprünglich dachte ich, dass man dieses Aufeinandertreffen bis zum Staffelfinale hinauszögert, doch am Ende der letzten Episode war schon absehbar, dass es nicht so lange dauern wird. Nun ist es also schon so weit. Peter will Carrie aber nicht töten, sonst hätte er es direkt getan, sondern eventuell nur warnen, oder aber der Auftrag war nun ein anderer. Oder ist Carrie doch noch mit der CIA involviert? Ich glaube ja noch nicht daran, dass Saul und Carrie schon wieder einen Plan ausgeheckt haben. Die nächste Episode sollte uns da aber bestimmt schon mal ein paar neue Aufschlüsse bringen. Neugierig macht ja auch, was Quinn mit dem Gerät vorhat, welches er bei Astrid bestellt hat.

"Do not tell me, they lost her!"

Politisch geht es auch ordentlich zur Sache. Sowohl Allison als auch Saul sind noch mit dabei, was erst mal verwunderte, weil somit gar keine Entscheidung getroffen wurde. Diese wurde aufgrund von Allisons Einsatz neu überdacht. Der US-Botschafter muss seinen Stuhl räumen und ist ebenfalls not amused. Dass es Allison tatsächlich nicht getroffen hat, weil Saul nicht nur beruflich mit ihr zu tun hat, ist auch ein neuer Aspekt der Episode, der sicherlich noch weitere Folgen haben wird. Auf jeden Fall sehen sich die Szenen aus den ersten beiden Episoden mit diesem Wissen gleich ganz anders.

Allison ist also noch am Werk und gewillt, Laura Sutton das Handwerk zu legen. Diese wähnt sich im Besitz der weiteren Dokumente, doch Numan hat ihr wahrscheinlich unwissentlich nur einen kleinen Virus geschickt, weil sein Kumpane gar nichts davon hält, Informationen einfach so frei zu geben, Er will lieber das große Geld machen und geht Geschäfte mit den Russen ein. Da ist mit Sicherheit auch noch viel Zündstoff in der Geschichte. Laura wird sich nicht so einfach geschlagen geben, Numan steht zwischen den Stühlen, und Allison muss erst mal zusehen, dass es nicht total peinlich wird, weil sie nicht wirklich viel auf die Reihe bekommen. Außerdem ist ja da noch das große politische Ziel, in Syrien den Herrscher Assad zu ersetzen, auch wenn man nach außen wieder so tut, als wolle man das nicht. So ist eben die Politik. Und auch wenn ich von den Graffitibotschaften, die in der Woche für Schlagzeilen sorgten, nicht viel halte, so kann man dem "'Homeland' ist keine Serie"-Spruch in diesem Kontext sicherlich zustimmen.

Fazit

"Homeland" schickt sich an, wieder eine richtig gute und spannende Staffel zu zeigen, die spannend ist, Überraschungen parat hat und auch emotionale Highlights setzen kann. Es ist sehr zu hoffen, dass die Staffel hält, was diese Episode verspricht.

Emil Groth - myFanbase

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