Bewertung

Review: #2.10 Eine Art Liebe

Wenn man den Autoren von "Homeland" eines nicht absprechen kann, dann ist das ein Händchen für äußerst spannendes Storytelling. Dass man dabei aber auch mal an die Grenzen des Glaubhaften geht, zeigt diese Episode sehr deutlich. Widmen wir uns aber zunächst den eher behäbigen Geschichten.

"Tell me about Peter Quinn."

Saul ist weiterhin sehr misstrauisch Peter Quinn gegenüber und hat nun einen Kollegen um Hilfe gebeten. Dar Adal ist irgendwie ein seltsamer Charakter. Er wirkt wie ein Weiser, der Tipps gibt, und das aus dem Nichts heraus. Ich bin gespannt, inwieweit er noch eine größere Rolle spielen wird. Hier macht er jedenfalls erst mal deutlich, dass Peter nicht nur ein normaler Agent ist, sondern eine eigene Aufgabe hat. Wir wussten das bereits und Saul weiß im Prinzip nicht mehr als vorher, hat aber den Mut, nun Estes darauf anzusprechen. Ich bin ja noch nicht so wirklich glücklich mit der Rolle von Peter Quinn. Das wirkt auf mich alles unausgereift. Mir fehlt da sowohl von den Autoren aus gesehen als auch von den Charakteren selbst die klare Linie, die deutlich macht, was denn nun die Absicht ist. Auch am Ende der Episode gibt es da keine Aufklärung. Saul wird nur abgeführt, weil er befragt werden soll. Es ist weder klar, warum ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt, noch worum es überhaupt gehen wird. Sicherlich werden wir da in der nächsten Episoden mehr erfahren, aber diesen Cliffhanger finde ich ziemlich überflüssig. Die gesamte Storyline um Saul lässt mich doch eher unbefriedigt zurück.

"It's good that Mike was here."

Auch in der Familie Brody passiert nicht wirklich viel. Es wird noch mal kurz darauf eingegangen, dass Jessica und Mike eigentlich wieder zusammen sein wollen, Brody ihnen aber im Weg steht. Der bedankt sich immerhin bei Mike, dass er seine Familie wieder unterstützt hat. Mehr Raum hat man der Geschichte nicht gegeben. Es ist immer schwierig mit solchen Kleinigkeiten. Als Zuschauer wollte man natürlich, dass man in dieser Episode die Ereignisse der vorherigen Folge aufgreift, weil man sonst gemeckert hätte, dass man so etwas unter den Tisch hat fallen lassen oder künstlich aufschiebt. Nun hat man es angerissen und man ist unglücklich, dass es so wenig Raum bekommen hat. Man kann da den Zuschauer wohl nur schwer zufrieden stellen, zumindest eben nicht jeden.

Dana durfte auch ein paar Szenen haben. Da ich diesen Charakter wahnsinnig toll finde, war mir das auch zu wenig, aber dafür hat sie die richtigen Entscheidungen getroffen. Sie beendet quasi die Beziehung zu Finn, der gesteht, dass es ihm doch Leid tut, was ich zu diesem Zeitpunkt für unwesentlich und irgendwie auch unspannend halte. Wichtig ist, dass Dana ein Gewissen hat und vollkommen richtig agiert und man froh ist, dass dieses Techtelmechtel mit Finn nun vorüber ist, weil es eigentlich nie wirklich begeistern konnte. Dafür war Finn einfach zu sehr der verwöhnte Sohn einer mächtigen Familie. Pluspunkt also für die hoffentlich Beendigung einer der am wenigsten geglückten Storylines der zweiten Staffel.

"His pacemaker can be wirelessly excessed with that number."

Während der Einstieg in die Episode relativ ruhig war, kam mit Carries Entführung durch den geplanten Crash ein notwendiger Paukenschlag, um richtig in der Episode anzukommen. Abu Nazir hat sich die einzige für ihn verfügbare Person geschnappt, die Brody wichtig genug ist, um seinen Plan zu vollführen. Die Konstellation war unglaublich spannend und intensiv. Insbesondere Brody lässt sich die Nervosität wieder wahnsinnig in Mimik und Gestik anmerken, was die Anspannung gelungen auf den Zuschauer überträgt. Auch Carries Angst trägt die Stimmung mit. Allerdings hat diese Geschichte einen großen Makel. Der Ansatz, den Herzschrittmacher von außerhalb ausschalten zu können, ist schon eine sehr unglaubwürdige, verrückte Idee. Geht so etwas wirklich? Und vor allem, warum sollte so etwas möglich sein? Ich bin da als Laie gewiss nicht auf dem neuesten Stand der technischen Möglichkeiten und zum Glück auch noch recht weit davon entfernt, mich mit dem Thema Herzschrittmacher auseinander setzen zu müssen, aber die Idee ist einfach abstrus. Zumal man doch ziemlich gut auch zurückverfolgen können musste, dass das Gerät von extern angesteuert wurde und dann doch wieder klar wird, dass es Mord war. Leider muss man hier also alle vorhandenen Augen zudrücken, um den Rest genießen zu können.

Und der hat es dann auch in sich. Das übliche Spiel, wer seinen Teil der Vereinbarung zuerst erfüllt, bestimmt einige Minuten der Episode. Die Lösung finde ich dann doch äußerst gelungen. Brody schwört auf Issa und hat damit eine sehr glaubwürdige Zusage gemacht. Ich habe jedenfalls nicht mehr an seiner Aufrichtigkeit gezweifelt, als Brody einen Moment inne hält und den Schwur wiederholt.

"Who is the terrorist?"

Bevor Carrie in Freiheit gekommen ist, gab es aber noch einen sehr gelungenen Dialog, auf den ich hier eingehen möchte, Carrie und Abu Nazir diskutieren über die Vorgehensweise der Gegenseite und machen deutlich, was sie jeweils davon halten. Ich bin erneut begeistert, welches Händchen die Autoren hier hatten. Man schafft es erneut, Verständnis für Abu Nazir aufzubringen, aber auch die Extremität zum Ausdruck zu bringen, die ihn dann doch ein Stück weit zum Antagonisten darstellt. Es gibt eben kein Schwarz-Weiß bei diesem Thema, aber die Autoren haben die Grautöne sehr gut getroffen. Zwei Sätze von Nazir blieben dabei bei mir hängen. "We fight with what we have." als Rechtfertigung für die Brutalität der Selbstmordanschläge und "We will never loose our faith." als Ausdruck der Ausweglosigkeit der gesamten Situation. Es ist schwer, für Terroristen auch nur einen Hauch Sympathie zu empfinden, aber "Homeland" schafft es, empathisch zu sein und zumindest zu verstehen, was die Beweggründe sind. Das rechtfertigt die Mittel nicht, aber es zegit, dass es auch nur Menschen sind, die in ihrer Verzweiflung für ihre Gerechtigkeit kämpfen. Und das wird sich wohl nie ändern, wenn man nicht anfängt, dem anderen zuzuhören.

Dass Carrie nach ihrer Flucht Hilfe holt und dann nach den Strapazen alleine wieder zurückkehrt, zeigt mal wieder, wie sehr sie ihre Arbeit lebt und wie selbstlos sie ihre Ziele verfolgt. Das mag in erster Linie auch wieder verrückt wirken, aber es ist für den Charakter sehr nachvollziehbar und stimmig.

"You still don't get it, do you?"

Brody bzw. Damian Lewis glänzt in dieser Episode sowieso schon mit seinen Telefonaten mit Abu Nazir. Er darf aber auch das Highlight der Episode haben. Walden kommt zurück ins Büro und Brody wartet regelrecht auf den finalen Schritt, den er eigentlich schon am Ende der ersten Staffel umsetzen wollte, auf den er letztlich seit Jahren hinarbeitet. Für Walden ist die Zeit gekommen und Brody ist damit wirklich glücklich und auch das kann man verstehen. Natürlich wird hier jemand ermordet, aber es trifft eben jemanden, der es aufgrund seiner Entscheidungen auch verdient hat. Das ist wie der Ansatz in "Dexter". Für Brody ist wahrscheinlich das beste Gefühl auch noch, dass Walden keinen Schimmer hatte und auch in den letzten Sekunden seines Lebens nichts ahnte. Der Schock der Wahrheit kommt dann unmittelbar mit dem Tod. Das ist auch noch mal sehr krass und intensiv gewesen.

Fazit

Es gibt ein paar Phasen in der Episode, die langatmig und uninteressant wirken, weil die klare Linie fehlt. Dafür sind weite Teile der Episode aber äußerst spannend und gehen unter die Haut. Dank des Brody-Carrie-Nazir-Gespanns kann man also noch gerade so befriedigende sieben Punkte geben.

Emil Groth – myFanbase

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