Bewertung
Carlson Young

First Class

Foto: First Class (Upgraded) - Copyright: Amazon Studios
First Class (Upgraded)
© Amazon Studios

Inhalt

Ana (Camila Mendes) hat ihr Kunstgeschichtestudium geliebt, doch beruflich konnte sie seitdem noch nicht durchstarten. Nachdem sie sich aber bei Direktorin Claire (Marisa Tomei) eines Auktionshauses bewiesen hat, wird sie mit nach London als Assistentin genommen. Da ihre Buchung unerwartet ein Upgrade für die erste Klasse bekommt, lernt sie den charmanten Engländer Will (Archie Renaux) kennen, den sie über das Missverständnis, dass sie die Direktorin des Auktionshauses ist, nicht aufklärt. Diese eine Lüge führt zu vielen anderen und ehe sich Ana versieht, wird sie in Wills Welt mit seiner Mutter Catherine (Lena Olin) eingeführt, doch die hat auch mit Ewings zu tun, so dass auf einmal alles bedroht ist, was sie sich bis dato erarbeitet hat.

Kritik

Im Vorfeld hatte ich angesichts des veröffentlichten Trailers viele Stimmen gehört, dass es ein wenig an "Der Teufel trägt Prada" erinnern würde. Das ist sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen, weil auch "First Class" (im Original "Upgraded") sich mit der Frage beschäftigt, wie weit man bereit ist, für die Karriere zu gehen und ob man dabei auch über sprichwörtliche Leichen geht. Jedoch ist hier der Film noch dadurch erweitert, dass es konkret um ein Doppelleben geht, was die Protagonistin Ana führt, weil sie sich selbst als nicht genügend empfindet. "First Class" ist damit wohl eher eine Mischung aus ganz vielen typischen Handlungen einer RomCom, wobei man auch sagen muss, dass dieser Film ehe das Minimum an Liebesgeschichte nur anbietet, was ich tatsächlich als Kritikpunkt nennen würde. Ich hatte wegen Mendes und Renaux eingeschaltet. Bei ihm war ich aber etwas angespannt, denn ich habe ihn schon in "Die andere Zoey" gesehen, wo er für mich ein echter Totalausfall war. Das ist hier zum Glück sofort ganz anders. Will ist angemessen charmant und überspielt die üblichen Fauxpas, die sich beim Kennenlernen ergeben, um es Ana leichter zu machen. Deswegen habe ich ihn gleich ins Herz geschlossen. Umso bedauerlicher war es dann doch, dass ich stellenweise mehr das Gefühl hatte, dass es um die Beziehung von Ana zu Catherine ging. Die hatte ohne Frage auch ihren Reiz, aber auch angesichts des Posters habe ich mir den Schwerpunkt anders vorgestellt. Ansonsten hätte man es wie bei "Der Teufel trägt Prada" tatsächlich machen müssen, wo Anne Hathaway nicht gemeinsam mit Adrien Grenier zu sehen war. Dann kann man es auch gut als Komödie auffassen, wo rein zufällig auch eine Liebesgeschichte beinhaltet ist.

Ana ist wohl sinnbildlich für jeden, der etwas Geisteswissenschaftliches studiert. Schon am ersten Tag wird einem vermittelt, dass die späteren Betätigungsfelder so breit wie und unspezifisch sind, so dass der erste Dämpfer gleich da ist, selbst wenn man noch so sehr für das brennt, was man sich aneignet. Ana ist eine Kunstliebhaberin, das wird immer wieder sehr deutlich in Szene gesetzt. Sie kann Werke erkennen, sie kennt sich angesichts der Materialität und Epoche aus, aber sie ist nicht nur auf technischer Seite versiert, sondern sie kann sich auch emotional einlassen und eindenken, was die wichtige Kombination ausmacht. Weit gebracht hat sie es damit dennoch nicht, denn leider zählen nicht immer die Fähigkeiten. Die Kunstszene floriert zudem in New York, doch dort ist das Pflaster teuer, so dass sie bei Schwester Vivian (Aimee Carrero) und deren Verlobten Ronnie (Andrew Schulz) lebt und der Platz ist mehr als spärlich. Dass das den Beziehungen untereinander nicht zuträglich ist, geschenkt, aber ich hätte Ronnie gerne im hohen Bogen aus dem auch immer wievielten Stockwerk seines Gebäudes geworfen. Man kann nun wahrlich nicht behaupten, dass Ana es sich dort bequem und einfach gemacht hat. Sie jagt stattdessen einem Traum nach, der Ausdauer und Akribie erfordert, aber kein Hex, hex. Dementsprechend hat er sich völlig idiotisch und anmaßen verhalten. Auch wenn das wohl für Humor sorgen sollte, bei mir kam das nicht an. Das hätte man anders lösen können, indem dann vor allem auch Vivian schwesterlicher gewirkt hätte. Vielleicht war mir Ronnie aber auch zu viel, weil es noch diese ekelhaften Assistentinnen Suzette (Rachel Matthews) und Renee (Fola Evans-Akingbola) gibt, die Ana noch zusätzlich das Leben zur Hölle machen. Aschenputtel mit den bösen Stiefschwestern lässt grüßen. Auch wenn Claire die böse Stiefmutter nur halb erfüllt. Sie ist streng und unnachgiebig, ja. Aber sie unterstreicht schnell, dass sie Leistung anerkennt und sie ist nicht per se Suzette und Renee treu ergeben. Dennoch sind es viele negativen Energien im Leben von Ana (abgesehen von Amy, gespielt von Saoirse-Monica Jackson, die leider aber total im Film untergeht und deren Rolle man genauso gut hätte streichen können), weswegen ich das Lügengebilde, was sie ohne böse Absicht aufgebaut hat, gut nachvollziehen konnte.

Hier geht es dann am Flughafen weiter und es ist der Beginn von Ana und Will, der mir wie gesagt gut gefallen hat. Es geht dann weiter mit dem Kennenlernen von Catherine, die Ana sofort so warmherzig und aufrichtig empfängt, dass es das totale Kontrastprogramm zu dem ist, was sie kennt. Dadurch fällt es ihr logischerweise auch leichter, sich die Aura einer Auktionshaus-Direktorin zu geben. Da, wo Respekt und Anerkennung herrscht, da kann man mehr man selbst sein und auch wenn es auf eine Art Lügen waren, aber sie basierten dennoch auf echten Fähigkeiten. Denn das hat der Film gut hinbekommen, Ana hat nicht Zufallstreffer gelandet. Sie kombiniert ihre Fähigkeiten – und sei es auch Ausnutzen von Vitamin B – und bringt diese zum Erfolg. Und so ein Doppelleben aufrecht zu erhalten, das muss auch erstmal gekonnt sein. Mendes ist für mich ohnehin eine tolle Schauspielerin. Auch wenn "Riverdale" auf seine Art unglaublich verrückt und immer absurder wurde, so waren da doch sehr begabte Schauspieler*innen versammelt, siehe nun auch den unerwarteten Erfolg von Charles Melton in "May December". Sie hat es nun insofern bestätigt, als dass sie sowohl das Aschenputtel als auch die souveräne Direktorin gleichermaßen natürlich gespielt hat und dadurch mit ihrer Art die Qualität des Drehbuchs ausgebessert hat. In Olin hat sie auch eine gute Partnerin, denn es wird so auch über sensible Themen gesprochen, was dann später auch der Schlüssel ist, dass es von Catherine mehr Respekt als Donnerwetter gibt, als das Kartenhaus zusammenfällt.

Kommen wir aber nochmal kurz zur Liebesgeschichte, die zunehmend in den Hintergrund rückt bzw. trotz der Montagen, die ein liebestrunkenes Pärchen zeigen, einen gewissen Beigeschmack hat, denn ja, wirkte es nicht manchmal wirklich so, als nutze Ana Will nur aus? Bei ihrem Streitgespräch war ich da auch ganz bei ihm, denn wer so leidenschaftlich Kinder trainiert und mit ihnen um die Meisterschaft im Fußball hinfiebert, kann man dem wirklich vorwerfen, er mache es sich aufgrund seiner Herkunft einfach? Natürlich stammen Will und Ana aus völlig unterschiedlichen Familien und haben unterschiedliche Geschichten. Aber letztlich ist sie ihm mit mehr Klischees begegnet als umgekehrt. Das hat mich dann so gestört, weil es zu Anas restlichen Seiten nicht so recht passte. Das hat sich deutlich auch im finalen Showdown gezeigt, wo Ana die Möglichkeit gehabt hätte, Claire für das eins reinzuwürgen, was sie ihr im Grunde doch auch 'angetan' hat, hat sie aber nicht. Sie kann also hinter Fassaden blicken. Warum dann nicht bei Will, der es ihr sogar einfacher gemacht hat? Das ist einfach schade, weil es die Liebesgeschichte leider insgesamt zum schwächeren Glied macht. Aber diese ganzen Zeichen von Stärke und wie Ana ihren Triumph mit Catherine gestaltet, das war gut, weil es im Gegensatz zu Claire und den beiden Assistentinnen kein Machtgetue war, sondern einfach Stärke und da können sich Frauen auch gegenseitig erheben als sich niederzumachen. Sicherlich war die Szene am Ende dann zu viel des Guten. Hier wäre ein größerer Zeitsprung sinniger gewesen, aber die Botschaft kam dennoch an.

Fazit

"First Class" ist eine Art zweites "Der Teufel trägt Prada", aber auch mit ganz anderen Nuancen, wo am Ende aber auf jeden Fall die Gemeinsamkeit bleibt, dass die individuelle Betrachtung der Stärken von Frauen, auch wirklich anhand ihrer Fertigkeiten, im Zentrum steht. Auch wenn ich das sehr unterstütze und auch unterhaltsam finde: Die Liebesgeschichte ging mir dennoch zu sehr unter.

Lena Donth - myFanbase
13.02.2024

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