Bewertung

Good Grief

Foto: Good Grief - Copyright: 2024 Netflix, Inc.
Good Grief
© 2024 Netflix, Inc.

Inhalt

Nach dem Tod seiner Mutter hat sich Marc (Dan Levy) in die Ehe mit dem charmanten, wohlhabenden und älteren Autor Oliver (Luke Evans) gestürzt, der dann ausgerechnet zu den Festtagen bei einem tragischen Unfall verstirbt. Marcs Welt bricht entzwei und ein Jahr lang zieht er sich weitestgehend zurück, bis kurz vor dem Jahrestag eine alte Karte von Oliver an ihn bei Marc Wunden aufreißt. Ohne ehrlich zu seinen besten Freunden Sophie (Ruth Negga) und Thomas (Himesh Patel) zu sein, überredet er die beiden zu einem Trip nach Paris, um endlich Frieden mit seinem Trauerprozess machen zu können.

Kritik

"Good Grief" – was für ein toller Titel! Das war mein erster Gedanke. Oft ist es ja seltsam, was einen zu Projekten zieht und bei diesem Film, den ich als Tragikkomödie bezeichnen würde, habe ich alleine schon aufgrund der Titelwahl gleich gedacht, das könnte gut werden. Und zwar genau wegen des Widerspruchs, den der Titel in einigen Aspekten enthält. Wohl niemand würde auf Anhieb mit Trauer etwas Positives verbinden. Niemand sehnt sich sicherlich auch einen Trauerfall herbei, denn Trauer ist tief, sie setzt sich in alle Poren und kann alles lahmlegen. Gerade den Anfang, den will niemand. Aber nicht umsonst hat sich zum Thema Trauer inzwischen ein Modell mit Phasen 5 durchgesetzt und über die einzelnen Phasen hinweg schleichen sich irgendwann die Aspekte ein, die dem Prozess auch etwas mitgeben, was einen wachsen lässt und wo man irgendwann auch wieder an dem Punkt ist, dass man die Dinge sehen kann, die einen zusammen glücklich gemacht haben. Und ja, das ist irgendwann Good Grief, wie ich finde. Ich war aber nicht nur gespannt, wie das Thema nun in diesem Film umgesetzt wird, ich war auch genauso interessiert, wie sich Levy bei seinem Filmdebüt schlägt. Bei "Schitt's Creek" war er bereits ein großer Name. Auch wenn ich von der Serie nichts bislang gesehen habe, so ist sie doch intuitiv eine, wo ich mir gewünscht hätte, sie schon gleich früh zu entdecken, bevor dann der ganze Hype kam, weil auf einmal auch Award-Shows die Produktion entdeckt hatten. Ich habe Levy dafür aber in anderen Projekten wie "Happiest Season" und zuletzt "Sex Education" gesehen und deswegen war ich jetzt gespannt, diesen sehr persönlichen Film zu entdecken.

Die Eingangssequenz für den Film ist gut gewählt, denn die Weihnachtsfeier gibt einen guten Einblick in die Aspekte, die vor allem die menschlichen Beziehungen ausmachen. Zum einen ist das eben Marc mit seinem Ehemann Oliver und zum anderen Marc mit seinen besten Freunden Sophie und Thomas. Auch wenn sich Marc durch das Leben seines Mannes hat einnehmen lassen und sich in der Art des Stils wohl eher an ihn angepasst hat, so ist es sein sozialer Zirkel, der diese Party bereichert. Dennoch schließen sich die Aspekte nicht aus, denn man merkt eine Harmonie. Oliver ist vermutlich auch jemand, der überall eine Portion Charme hinterlassen kann und sich natürlich überall anpassen kann. Dieser Einblick, der zwar nur über einen sehr langen Moment hinweg währt, ist dennoch wichtig, denn wenn man sich dem Thema Trauer annimmt, dann kann das nur über eine persönliche Ebene funktionieren und dafür braucht man etwas, was man fassen kann, wo man sich als Zuschauer*in sofort involviert fühlt. Das hat Levy als Drehbuchautor und Regisseur hier also clever gelöst. Dennoch ist der fatale Unfall dann natürlich ein Einschlag, weil das sind die Momente, die man niemandem wünscht, wo mitten in die Feierstimmung hinein dann Augen- und Ohrenzeuge von etwas so Schrecklichem wird. Die Art, wie ein Trauerprozess in Gang gesetzt wird, ist sicherlich auch sehr entscheidend und hier so sinnlos aus dem Leben gerissen werden ist definitiv etwas anderes als friedlich für immer einschlafen.

Nach diesem Schicksalsschlag für Marc arbeitet der Film zunächst vor allem über Zeitsprünge. Wir haben die Beerdigung, die emotional sehr gegensätzlich aufgefangen wird. Da haben wir Kaitlyn Dever als Lily Kayne, eine Schauspielerin, die Bekanntheit durch Olivers Verfilmungen seiner Werke gefunden hat, und eher bedauert, dass die Filmreihe nun wohl nicht mehr weitergeht, und dem gegenüber haben wir noch Olivers Vater Duncan (David Bradley), der dagegen eine wirklich warme Rede hält, die von einer typischen Vater-Sohn-Beziehung zeugt. Tiefe Liebe auf beiden Seiten, aber dennoch auch viele Missverständnisse, weil unterschiedliche Generationen, unterschiedliche Lebensperspektiven. Deswegen war es schön, dass auch Marc in seiner eigenen Trauer Duncan begreiflich machen konnte, dass alles, was er gesagt hat, bei Oliver auch zu Lebzeiten angekommen ist. Danach geht es eher fix mit den Zeitsprüngen und nach kürzeren Einblicken, in denen wir erleben, wie leer Marc ist, aber auf die Unterstützung seiner beiden Freunde vertrauen kann, ist ein Jahr auch schon rum. Ich habe dieses Tempo zwischendurch nicht als schlimm empfunden, denn ich hatte den Eindruck, dass "Good Grief" sich auf die Kernpunkte eines Trauerprozesses fokussieren will und es ist auch nicht der erste Film mit dieser Thematik, so dass Levy auch nicht gezwungen ist, das zu erzählen, was andere schon gebracht haben. Letztlich wird dann auch schon ein großer Endspurt eingeleitet, der aus dem Freundestrip nach Paris besteht. Die Freundschaft mit all ihren Facetten wird nun ins Zentrum gestellt, aber auch alle drei individuell bringen ihr Päckchen mit. Marcs Päckchen kennen wir, denn er hat die Weihnachtskarte von Oliver ein Jahr später geöffnet und erfahren, dass sein Mann ihn wohl verlassen wollte. Das verrät er Sophie und Thomas nicht, so dass eben in Paris wirklich alles zusammenkommt.

Der Teil in Paris war ohne Frage der stärkste Teil des Films, weil es dort sie stärkste Charakterarbeit gab und erfreulicherweise nicht nur für Marc, sondern auch für Sophie, die sich ihre Beziehungsängste eingesteht und Thomas, der endlich der Eine für jemanden sein will. Natürlich ist Marcs Geschichte am intensivsten, denn er hat nach dem Tod seiner Mutter den Trauerprozess nicht durchlaufen, weil er sogleich Oliver hatte und sich an das Glück geklammert hat, ohne ein Kapitel erstmal abzuschließen. Und nun hat er wieder einen Trauerfall und die Enthüllung rund um Oliver stellt alles auf den Kopf. Wie trauert man auch richtig um einen Mann, der einem im Tod quasi so einen rohen Schmerz zufügt? Ich fand es im Endeffekt gut, dass die Botschaft vorrangig war, dass es den einen Trauerprozess nicht gibt, aber dass es wichtig ist, ihn zu durchlaufen und dass auch aus höchst unterschiedlichen Erfahrungen stets etwas Gutes entstehen kann. Das wurde auch über die Kunstthematik und speziell die Claude Monet-Ausstellung in Paris transportiert. Da ich selbst vor anderthalb Jahren in einer Ausstellung zu dem Künstler war, weiß ich, wie sein Schicksal aussah. Dieser Mann kannte sich auch mit Trauer aus und hat aus der Trauer heraus Bilder geschaffen, die bis heute überdauern und vielen Menschen etwas schenken, oft auch denen, die selbst Trost suchen. Kunst ist hier ein wirklich passender Bereich, um aufzuzeigen, was die Seiten von Trauer sind, die als positive Eckpfeiler bleiben. Daher auch eine schöne Wahl für das Filmposter, das im Stil von Monet gehalten ist. Ich fand aber auch genauso die kleineren Rollen wie Imelda (Celia Imrie) und Theo (Arnaud Valois) sehr wichtig. Trauer sollte auch niemand etwas für einen alleine sein, man braucht einfach gewisse Menschen auf dem Weg und treten sie auch noch so kurz in das eigene Leben, die aber dennoch Spuren hinterlassen. Ich fand die Botschaften alles in allem extrem passend.

Fazit

"Good Grief" hat mir ein insgesamt bewegendes Seherlebnis beschert, mit dem ich mich in vielen Belangen sehr identifizieren konnte. Es waren nicht alle Teile gleich stark, aber es war eindeutig ein Film mit Konzept und es war schön, meine eigenen Erfahrungen mit Trauer dort so gut widergespiegelt zu sehen. Daher vor allem ein Lob an Dan Levy, der ein wirklich schönes Filmdebüt feiert.

Zum Netflix-Special auf myFanbase

Lena Donth - myFanbase
14.01.2024

Diskussion zu diesem Film