Bewertung

A Tourist's Guide to Love

Foto: Rachael Leigh Cook & Scott Ly, A Tourists Guide To Love - Copyright: 2022 Netflix, Inc.; Sasidis Sasisakulporn/Netflix
Rachael Leigh Cook & Scott Ly, A Tourists Guide To Love
© 2022 Netflix, Inc.; Sasidis Sasisakulporn/Netflix

Inhalt

Nach einer unerwarteten Beziehungspause nimmt Amanda Riley (Rachael Leigh Cook) den Auftrag ihrer Chefin Mona (Missi Pyle) bei Tourista an, um nach Vietnam zu reisen, da dort ein Unternehmen für Tourismusführungen verkauft werden soll. Amanda soll die Augen offenhalten, ob diese Ausrichtung zu ihrem Arbeitgeber passt. So lernt sie Cousin Sinh (Scott Ly) und Cousine Anh (Thanh Truc) kennen, die der siebenköpfigen Reisegruppe ein Abenteuer abseits der üblichen Tourismustouren bieten. Amanda hinterfragt dadurch nicht nur zunehmend ihr Leben, sondern es gedeihen auch zarte Gefühle für Sinh.

Kritik

Auch wenn wir "A Tourist's Guide to Love" getrost als RomCom verbuchen können, so fand ich es hier sehr angenehm, dass die Komödie der deutlich zurückstehende Teil des Films ist. Das ist kein Urteil, was ich per se fällen würde, denn herzhaft lachen bin ich gegenüber nie abgeneigt. Aber bei "A Tourist's Guide to Love" steht für Protagonistin Amanda im Fokus, zu sich selbst zu finden und das verlangt trotz allem Charme zwischendurch eine nötige Portion Ernsthaftigkeit. Da der Film zudem nahezu komplett in Vietnam gedreht wurde, verlangt die Stilistik auch Respekt ein für dieses Land und die damit verbundene Kultur ein. Auch wenn ich noch in Asien gewesen bin und es mich ehrlich gesagt dorthin auch nicht zieht, so ist mir doch das Gefühl vermittelt worden, einen sehr authentischen Blick auf Vietnam erhalten zu haben. Ich lasse mich da gerne auch belehren, aber es kam zumindest bei mir an, dass der Film wirklich nicht das zeigen wollte, was Millionen von Touristen jährlich zu sehen bekommen, sondern dass es vor allem darum ging, von der Bevölkerung in ihr Land eingeladen zu werden und das Land durch ihre Augen zu erleben und nicht mit Standards, die die westliche Kultur aufdiktieren. Natürlich sind Sinh und Anh eher international gestaltet, zumindest von ihm erfahren wir explizit, dass er in den USA aufgewachsen ist, aber mir hat in diesem Kontrast gefallen, dass man bei beiden Figuren dennoch gemerkt haben, dass sie zwar den Vergleich haben, aber dadurch keinesfalls aus den Augen verlieren, was ihre Heimat ausmacht und dementsprechend Stolz empfinden.

"A Tourist's Guide to Love" geht sicherlich sehr typisch für eine RomCom los. Amanda wird uns in ihrem Tourismusunternehmen mit ihrer Chefin Mona vorgestellt und sie scheint über allem zu stehen und auch privat scheint sie alles erreicht zu haben. Da kommt es genau passend, dass Mona den Eindruck gewonnen hat, Amandas langjähriger Freund John (Ben Feldman) wolle ihr einen Antrag machen. Es tritt aber das völlige Gegenteil ein, denn dieser verliert sich in einer absurden Rede darüber, dass sie in ihrer Beziehung ein zuverlässiges Auto sind, zu dem man scheinbar jederzeit zurückkehren kann, auch wenn man es vorher über die Klippe gestoßen hat. Das kommt für Amanda natürlich vollkommen aus dem Nichts, weswegen sie dann bereit ist, nach Vietnam zu reisen, um dort das touristische Potenzial auszuloten. Zugegeben, der Anfang des Films hat an alle Anforderungspunkte für eine RomCom mit Enthusiasmus einen Haken gemacht. Auch als Amanda dann gelandet war und dank Übersetzungsapp einen halb-korrekten Satz an Sinh richtet, war ich noch überzeugt, dass diese Reise durch Vietnam vor allem die Lachmuskeln strapazieren soll. Doch gleichzeitig ist diese Szene auch der Bruch in der Geschichte. Natürlich wird immer noch eine sehr typische Liebesgeschichte erzählt, über der das Geheimnis schwebt, was Amanda beruflich macht und was die Hintergedanken der Reise sind, aber gleichzeitig strahlen Amanda und Sinh zusammen etwas so Ruhiges und Inniges aus, dass ich an einen typischen Verlauf gar nicht gedacht habe.

Es ist nicht nur der Erfolg von "Everything Everywhere All at Once" in diesem Jahr bei den Oscars, der für asiatisch stämmige Schauspieler*innen und Produzent*innen einen Trend eingeläutet hat. Das ist zum Glück schon ein paar Jahr länger der Fall, aber man muss sich wirklich immer wieder bewusst machen, wie kurz diese Zeitspanne ist. Aber es ist nicht nur die Repräsentation, die entscheidend ist, sondern auch das Bewusstsein dafür, dass Asien zwar ein riesiger Kontinent ist, aber dass es absolut kleingeistig wäre, dort alle Völkergruppen und Kulturen über einen Kamm zu scheren. Dementsprechend ist es löblich, dass es hier wirklich rein um Vietnam geht und dass keine parallele Aussage über ein anderes asiatisches Land getätigt werden soll. Ich fand auch die dargestellte Mischung aus Großstadt und Unterkünfte abseits des Spektakels und ganz intim bei Großmutter Ba Noi (Nsut Le Thien) sehr ansprechend, weil so auf offensichtliche Weise unterstrichen wurde, wie groß die Gegensätze sind. Aber das Beste bleibt eben, dass vermittelt wurde, dass Sinh aus einer persönlichen Perspektive heraus sein Land für Touristen öffnet und hat man speziell an Amanda gesehen, die sich auf dieses Abenteuer mit allem eingelassen hat, wie sehr sie davon berührt und beeindruckt war und wie sie daran auch gewachsen ist. Auch wenn die restliche Reisegruppe deutlich zurückstand, so fand ich es dennoch gelungen, dass auch bei ihnen kleine Geschichten erzählt wurden, die davon zeugten, dass der Film in allen Nuancen das Herz am rechten Fleck hat. Seien es dann Brian (Glynn Sweet) und Maya (Alexa Povah), die im hohen Alter ihre Flitterwochen nachholen, aber sich eingestehen, dass immer nur zählte, dass sie einander haben oder eben auch Alex (Andrew Barth Feldman), der die Reise stellvertretend für seinen Großvater macht und diesen digital mitnimmt.

Fazit

"A Tourist's Guide to Love" ist eine sehr entspannte und tiefsinnige Rom-Com geworden, die auch uns Zuschauer*innen auf eine authentische Reise mit nach Vietnam nimmt, so dass unweigerlich eine Faszination entsteht. Der etwas überspitzte Einstieg ist dadurch schnell vergessen und schafft Platz für einen wirklich empfehlenswerten Film.

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Lena Donth - myFanbase
26.04.2023

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