Bewertung
Tom Dey

Wedding Season

Foto: Wedding Season - Copyright: 2022 Netflix, Inc.
Wedding Season
© 2022 Netflix, Inc.

Inhalt

Unter dem Druck ihrer immigrierten Eltern lassen sich die beiden indisch-amerikanischen Asha (Pallavi Sharda) und Ravi (Suraj Sharma) auf ein Date ein und beschließen, dass sie eigentlich gar nicht zueinander passen. Da sie sich aber immer wieder auf den Hochzeiten der Sommersaison begegnen und dabei von Fragen von ebenso ungeduldigen Verwandten wie ihren Eltern belagert werden, beschließen sie schließlich, dass sie vorgeben wollen, sich zu daten. Dabei verlieben sie sich aber tatsächlich ineinander und stehen vor der großen Herausforderung, entscheiden zu müssen, was sie für sich selbst und was für ihre Eltern tun.

Kritik

Für mich war nach der Sichtung des Films "Wedding Season" vor allem wichtig zu entdecken, dass das Drehbuch von Shiwani Srivastava geschrieben wurde, die selbst indisch stämmige Wurzeln hat. Denn der Film haut durchaus mit einigen Klischees um sich, vor allem was die beiden Elternpaare Suneeta (Veena Sood) und Vijay (Rizwan Manji) sowie Dinesh (Manoj Sood) und Veena (Sonia Dhillon Tully) angeht und so etwas sehe ich der Bewertung doch sehr unterschiedlich, wenn es denn von jemandem aus der eigenen Kultur geschrieben ist, weil es dann leichter als humorvolle Selbstironie zu sehen ist. Sowas gilt beispielsweise auch für die beiden Serienformate "Noch nie in meinem Leben ..." sowie "Ms. Marvel", die auch in ostasiatischen Kulturen spielen und uns vor allem das Familienleben mit vielen Klischees lustig vor Augen führen, ohne aber zu vergessen, auch gegenteilige Szenen anzubieten, die dann den Stolz und die Ehrfurcht vor der eigenen Kultur ausdrücken. Diesen Spagat sieht man auch in "Wedding Season" geboten, denn neben den übertriebenen Heiratsbemühungen der Eltern für ihre Kinder so rückt als Thema auch die berufliche Verwirklichung in den Vordergrund und oft wünschen sich Einwandererfamilien für ihre Kinder die besonders gut bezahlten Jobs, die auch gesellschaftliches Ansehen haben, damit sich die eigenen Opfer gelohnt haben. Der Film zeigt aber auch auf, dass es von dieser eher oberflächlichen Betrachtung hin zu dem Aspekt gehen muss, dass der Nachwuchs einfach glücklich ist.

Nach dieser kulturellen Einordnung kommen wir aber zu den beiden Hauptfiguren. Asha ist eine sehr moderne junge Frau, die zunächst ganz brav den von den Eltern gewünschten Weg gegangen ist. Sie hat im Finanzwesen gearbeitet und sie hatte den perfekten aus Indien stammenden Verlobten an der Hand. Nun einige Jahre später ist davon nichts mehr übrig, denn Asha hat sich nicht mehr die Frage gestellt, was macht meine Eltern glücklich, sondern mich? Im Unternehmen von James (Damian Thompson) ist sie auf der Suche nach Investoren, weil sie in Ostasien für Frauen Kredite für die Selbständigkeit gewähren können möchte. Sie will also dorthin etwas zurückgeben, wo ihre Wurzeln liegen und wo andere vielleicht nicht die Chance hatte, sich im reicheren Ausland ein anderes Leben aufzubauen. Alleine mit dieser Beschreibung ist Asha schnell auf den Punkt gebracht, weil sie sich nicht an Geld und Ehemann/Kindern misst, sondern ihre Hilfsbereitschaft und Wohltätigkeit sie antreibt. Wenn andere glücklich sind, ist sie glücklich. Wenn man sie so erlebt, dann glaubt man ihr, dass sie nichts im Leben vermisst und wirklich schon glücklich ist, auch wenn manche Ziele noch gar nicht erreicht sind. Die Liebe wäre dann für sie einfach nur Bonus, nur für die Eltern eben Pflicht. Vermutlich wünschen sie es sich für Asha auch so sehr und das dann auch noch auf traditionelle Weise, weil die andere Tochter Priya (Arianna Afsar) sich einen Weißen namens Nick (Sean Kleier) ausgesucht hat. Nebenbei bemerkt ist dieser in seiner Art wirklich an Lächerlichkeit kaum zu übertragen, hier wäre weniger mehr gewesen. Dennoch zeigt die Akzeptanz für Priyas Entscheidung, dass die Eltern durchaus moderner in ihren Ansichten werden. Sicherlich noch widerwillig, aber ganz langsam.

Ravi wiederum hat eigentlich ein Bankkonto, bei dem Eltern, Schwiegereltern und zukünftige Frau eigentlich nur neidisch werden könnten, doch er hat es als DJ verdient und dafür sein Studium am MIT abgebrochen. Bei ihm zeigt sich die Absurdität von Tradition und Erwartungen damit am deutlichsten, denn er kann alles bieten, nur das eine nicht: einen Abschluss am Elite-College. Bei Ravi wird aber deutlich gezeigt, dass auch das viele Geld nicht glücklich macht, denn auch wenn er seinen Job liebt, so brennt es ihn auch aus, dass er das nicht mit der Unterstützung seiner Familie betreiben kann und stattdessen heimlich mit Spenden agieren muss, um das finanziell bedrohte Restaurant am Laufen zu halten. Aber auch sonst liegt ihm ähnlich wie Asha Wohltätigkeit sehr am Herzen und man merkt deutlich, dass er seinem Job froher nachgehen kann, wenn er weiß, dass er mit dem verdienten Geld Gutes tun kann. Ich fand es bei beiden einfach schön, dass hier sehr moderne Menschen dargestellt werden und dass zunächst auf humorvolle Art und Weise, aber später auch durch Ernsthaftigkeit die Konflikte mit der älteren Generation angegangen werden. Vor allem Vijay ist wirklich die Figur, die mich am meisten berühren konnte, denn er hat viele Probleme des Generationenkonflikts auf den Punkt gebracht, aber auch eingesehen, dass wie er damals auch, auch Asha – und auch für die andere Familie geltend – Ravi ebenso Neues wagen dürfen und müssen.

In diesem recht ansprechenden Setting ist es dann doch schade, dass die Liebesgeschichte für mich größere Schwächen aufweist. Dass sie sich zunächst überhaupt nicht verstanden haben, auch weil Asha mit einer völlig negativen Einstellung in die erste Begegnung gegangen ist, und es dann dennoch Ravi war, der es abgebrochen hat, das ging für mich eigentlich noch gut los, auch weil es ihr Fake-Daten dadurch noch lustiger gemacht hätte. Doch irgendwie wird nach diesem Pakt so schnell aufs Gaspedal gedrückt, das bis auf die Tanzszenen nicht viel dabei rauskam und plötzlich waren echte Gefühle im Spiel. Hier fühlte ich mich von der Liebesgeschichte nicht mit auf eine Reise genommen, weil die einzelnen Stationen zu abrupt abgefahren wurden, ohne dass aber erkenntlich geworden wäre, wie sie von A nach B gekommen sind. Das ist besonders schade, weil es durchaus genug Chemie zwischen dem Protagonistenpärchen gab und das hat man in den verliebten Szenen auch gesehen. Aber dann fingen auch schon wieder die nächsten Schwächen an, denn ich habe nicht verstanden, warum Asha die echten Gefühle weiter geheim halten wollte. Natürlich hat sie eine Erklärung abgegeben, aber dennoch war sie für mich nicht nachvollziehbar und das obwohl ich ihre Eltern bis dato genug kennenlernen durfte. Aber dieses Störrische bei Asha zieht sich auch noch später durch, als Ravis Geheimnis mit seinem Job und seiner finanziellen Unterstützung für ihr Projekt rauskommt, denn auch dort reagiert sie in meinen Augen völlig über und macht ihr den Vorwurf, dass er nicht an sie glaube, was ich völlig absurd fand. Noch bin ich mir unsicher, ob uns einfach bei Asha einige Szenen ausgelassen wurden, um sie vollends zu verstehen oder ob ihr Handeln einfach nicht zu ihr passte. Aber egal wie, es hat sich definitiv als Hindernis herausgestellt.

Am Ende bekommt der Film noch einmal die Kurve und die Hochzeit von Priya und Nick war eine gute Kulisse, bei der es logisch erschien, wie nun alles zusammenkommt. Zudem stach mir noch eine Szene ins Auge, wo ich dann doch wieder die Asha erleben durfte, die ich im ersten Drittel so interessant fand, denn als sie Ravi mit einer anderen Frau sieht, dreht sie sich nicht einfach enttäuscht weg, sondern sie macht ihm dennoch noch eine indirekte Liebeserklärung, was ich dann wiederum sehr romantisch und mitreißend fand. Der Film hat also in genug Szenen gezeigt, dass es ein ehr guter Liebesfilm hätte werden können, aber die Schwächen in der zentralen Handlung waren zwischendurch für mich leider zu gravierend, um die ansonsten lebensfrohe Stimmung des Films vollends genießen zu können.

Fazit

"Wedding Season" setzt sich auf ironisch-humorvolle, aber genauso auch ernste Art und Weise mit indischen Traditionen auseinander, die auf dem Weg in die Moderne sind. Dazu werden auch zwei sehr moderne Figuren ins Zentrum gestellt, die Lust auf mehr machen, doch leider ist handwerklich ihre Liebesgeschichte leider etwas misslungen. Das trübt den Eindruck des Films unerwartet, dennoch ist es eine Liebeskomödie, die intendiert vieles richtig machen wollte.

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Lena Donth - myFanbase
09.08.2022

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