Bewertung
Kimmy Gatewood

Good on Paper

Foto: Good on Paper - Copyright: 2021 Netflix, Inc.
Good on Paper
© 2021 Netflix, Inc.

Inhalt

Andrea (Iliza Shlesinger) hat ihre Karriere immer an erste Stelle gesetzt, denn sie will unbedingt den Sprung vom Stand-Up zum fiktionalen Fernsehen schaffen. Doch eines Tages steht der vermeintlich perfekte Kerl (Ryan Hansen) vor ihr. Zunächst wehrt sie ihn ab, weil er nicht ihrem gewöhnlichen Typus entspricht. Doch nachdem Andrea einmal Dennis eine Chance gegeben hat, muss sie regelrecht darauf gestoßen werden, dass einiges an ihm zu gut ist, um wahr zu sein.

Kritik

Stand-Up boomt und das vor allem auch durch den Streamingdienst Netflix. Dort sind schon diverse Comedians mit ihren Programmen vertreten, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Dazu gehört beispielsweise auch die Comedian und Schauspielerin Iliza Shlesinger, die inzwischen schon fünf Specials sowie eine Sketchshow bei Netflix untergebracht hat. Nun folgt also mit "Good on Paper" auch ein Film, dessen Prämisse relativ kurz erzählt ist. Shlesinger lässt ihre Erlebnisse ohnehin immer in ihre Programme einfließen und für diesen Film wurde speziell ein Erlebnis ausgewählt, das nun detaillierter, aber auch mit einigen fiktiven Ergänzungen ausgebaut wurde, so dass es für einen Spielfilm reicht. Nachfolgend könnt ihr nachlesen, wie zufrieden ich mit dem Ergebnis bin.

Wenn Comedians, die stetig ihre eigenen Inhalte produzieren, sich an größere Projekte wagen, dann ist schnell klar, dass man gewiss nicht eine Idee vorgesetzt bekommt, die es schon unendliche andere Male in anderer Verpackung an die Öffentlichkeit geschafft haben. Dafür gehen Comedians ja gerade dahin, wo es wehtut, und verbergen das unter einem lustigen Grundton. In "Good on Paper" packt Shlesinger nun gleich zwei Themen an. Das Erste ist relativ schnell abgehakt, da es den deutlich geringeren Bedeutungsanteil einnimmt. In dem Film wird das Seriengeschäft näher unter die Lupe genommen, denn Hauptfigur Andrea möchte es endlich in eine Serie schaffen, was sie als nächsten Schritt nach ihren erfolgreichen Stand-Up-Auftritten ansieht. Zumal sie eben immer ihre gleichaltrige Kollegin Serrena (Rebecca Rittenhouse) vor Augen hat, die in einer Produktion nach der anderen zu sehen ist, während Andrea überhaupt keine Chance eingeräumt bekommt. Man erlebt die Hauptfigur dabei, wie sie mehrere Castings aufsucht, man sieht sie in mehreren Begegnungen mit Serrena und man sieht sie schließlich bei einem Table Read. Es gibt also durchaus einige Szenen, die einen Blick mit scharfer Zunge ins TV-Geschäft erlauben. Sei es, wenn Andrea beim Casting das Drehbuch kritisiert und alleine deswegen schon keine Chance hat, sei es, wenn sie konsequent älter geschätzt wird, als sie tatsächlich ist oder sei es, wenn sie Begeisterung für eine Serie heucheln muss, bei der sie endlich engagiert wird, die aber nicht die absolute Erfüllung ihres Traumes darstellt. Auch wenn diese Szenen zusammengenommen nun wahrlich nicht den Hauptanteil des Films darstellen, so ist doch zu merken, dass Shlesinger hier mit hoher Wahrscheinlichkeit eigene Erfahrungen verarbeitet. Und auch sicherlich solche, die definitiv an den Haaren herbei gezogen sind.

Die zweite Thematik ist schließlich die Parodie eines klassischen Liebesfilms. Das ist gewiss auch der stärkere Teil des Films, weil hier klar der Fokus darauf liegt und weil hier auch Hansen als Dennis ins Spiel kommt, der diese extrem unsympathische Figur dennoch immer so interpretiert bekommt, dass man nicht doch immer noch Hoffnung hat, dass der Kerl doch auch gute Seiten an sich hat. In einem ersten Schritt wird sicherlich auch mit Rollenbildern gespielt, denn normalerweise ist es der Mann, der sich für die Karriere nicht binden will und für den die Partnerwahl vor allem eine optische Angelegenheit ist. Hier haben wir aber Andrea, die sich durch einen Mann an ihrer Seite keinesfalls aufhalten lassen will, aber dann kommt Dennis um die Ecke, der von der Kleidung her wie ein braver Beamter wirkt und Stabilität und Sicherheit vermittelt. Zudem hat er ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen, was Andrea eigentlich gar nicht attraktiv findet. Doch Dennis ist aufmerksam, er ordnet sich treu unter und kann zunächst damit leben, dass sie nur Freunde sind. Dabei bemerkt Andrea aber nicht, dass Dennis längst sein Netz an Lügen und Verschleierungen ausgeworfen hat und sie nach Strich und Faden hintergeht. Damit sind wir dann auch am zweiten Kniff dieses Themas angekommen, denn hier wird nicht der Frosch zum Märchenprinzen, sondern der Märchenprinz wird zum Frosch. Zwar war eigentlich schon mit der ersten Begegnung mit Dennis zu merken, das mit ihm etwas nicht ganz koscher ist, aber dennoch werden diese Zweifel zunächst ausgeräumt, weil er durchaus viel gute Dinge für Andrea tun darf, doch nach und nach bröckelt die Fassade.

Spätestens im letzten Drittel, wo dann klar ist, dass Andrea mithilfe von ihrer besten Freundin Margot (Margaret Cho) und ihrer Widersacherin Serrena Dennis auf die Spur kommen muss, ergibt sich ein sehr widersprüchlicher Eindruck. Während ich es wie gesagt großartig finde, wie Hansen mehr und mehr Dennis sich in einen richtigen Ekel verwandeln lässt, wird die bis dahin clevere Erzählung doch etwas zu hektisch und übertrieben. Vor allem die Sequenz, als Andrea unbedingt ein Geständnis von Dennis einholen will, war dann völlig drüber und hat auch nicht mehr die Atmosphäre kreiert, um die der Film bis dato bemüht war. Insgesamt ist das der Auftakt zu einer inhaltlichen Wendung, die sich auch mit einigem zeitlichen Abstand noch nicht richtig einordnen lässt. Möglicherweise hielt es Shlesinger so für möglichst spektakulär oder lehrreich, aber ich empfand es eher als enttäuschende Lösung, um aus einer Geschichte rauszukommen, die nicht zu lehrreich/mahnend wirken durfte, aber dennoch Humor versprühen musste.

Fazit

"Good on Paper" beweist eigentlich durchaus, dass sich Inhalte eines Stand-Ups für eine filmische Inszenierung eignen, jedoch fehlt Shlesingers Interpretation ein wenig die Konsequenz, dies auch bis zum bitteren Ende überzeugend durchzuziehen. Für mich lebt der Film vor allem von der spitzen Zunge, mit der die Schauspielerin gewisse Themen angeht und von einem gut aufgelegten Hansen, der eine sehr ambivalente Figur mimen darf. Doch am Ende wird es leider zu übertrieben und hinten raus auch enttäuschend, so dass das positive Bild damit doch noch einmal abfällt.

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Lena Donth - myFanbase
21.07.2021

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