Bewertung

Moxie. Zeit, zurückzuschlagen

Foto: Moxie! Zeit zurückzuschlagen - Copyright: 2021 Netflix, Inc.
Moxie! Zeit zurückzuschlagen
© 2021 Netflix, Inc.

Inhalt

Genervt von dem sexistischen und toxischen Status Quo an ihrer High School findet die schüchterne 16-jährige Vivian (Hadley Robinson) Inspiration in der rebellischen Vergangenheit ihrer Mutter Lisa (Amy Poehler) und veröffentlicht ein anonymes Heftchen, womit sie die Gruppierung Moxie ins Leben ruft. Ehe sie sich versieht, ist das der zündende Funke für eine schulweite Revolution.

Kritik

Vor beinahe drei Jahren habe ich das Jugendbuch "Moxie. Zeit zurückzuschlagen" von Jennifer Mathieu sehr gerne gelesen. Es war eine Zeit, als #MeToo tatsächlich in aller Munde war und ich es auch wichtig fand, dass im Jugendbuchbereich sich dieses Themas angenommen wird, da sich bereits in diesem Alter gewisse toxische Muster einschleichen, die im weiteren Lebensverlauf gar nicht mehr hinterfragt werden. Meine einzige Kritik war, dass die Handlung etwas zu sehr zugespitzt wurde, um die Thematik zu unterstreichen. Das hat zu einem das männliche Geschlecht überdurchschnittlich schlecht aussehen lassen und zum anderen dadurch die Darstellung unnatürlich wirken lassen. Nun hat sich mit Amy Poehler genau die richtige Frau dieser Vorlage angenommen, um unter ihrer Regie und ihres schauspielerischen Mitwirkens einen Netflix-Film entstehen zu lassen. Denn Poehler ist in den letzten Jahren sehr präsent gewesen, auch definitiv als starke Frauenstimme, weswegen man ihr das Engagement für so eine Thematik voll abnimmt. Und wie ist die Filmadaption gelungen?

Zunächst einmal ist Poehler und ihrem Team ein sehr, sehr gutes Casting gelungen. Die DarstellerInnen wirken tatsächlich sehr altersgerecht, was für Jugendfilme keine Selbstverständlichkeit ist und auch das Thema Diversität kann eindeutig als vorhanden abgehakt werden. Das ist auch bitter nötig gewesen, denn wenn man das Thema Feminismus so offensiv anpackt, dann kann man nicht gleichzeitig vom Cast her Fragezeichen im Kopf des Zuschauers entstehen lassen. Inhaltlich ist auch das Thema Rassismus eingeflossen, nur deutlich untergeordnet. Denn an der High School trennt nicht die Hautfarbe oder die Sexualität, sondern das Geschlecht. Das Zusammenspiel der einzelnen Themenbereiche ist insgesamt aber gut gelungen, weil sie ineinanderfließen und sich gegenseitig unterstützen, so wie es im realen Leben schließlich auch der Fall ist.

Robinson als Hauptfigur Vivian hat mir besonders gut gefallen, weil man ihre Entwicklung von der schüchternen Mitläuferin, die niemandem ein Begriff ist, zur rebellischen Anführerin sehr gut mitverfolgen kann. Vor allem sticht auch überzeugend heraus, dass sie ihre Motivation nicht alleine aus einem persönlichen Leiden zieht, sondern durch ihr empathisches Wesen eine Verbesserung für alle will. Das finde ich als Botschaft für das Thema Feminismus sehr wichtig, denn es darf nicht darum gehen, sich selbst in bessere Position zu schieben, sondern es muss immer um die Gemeinschaft gehen, um wirklich authentisch zu sein. Dennoch ist dem Film auch mein Kritikpunkt am Buch anzumerken. Der Ausgangspunkt, warum Vivian sich zum Handeln genötigt sieht, wird hier mit dem männlichen Geschlecht arg auf die Spitze getrieben. Im Zentrum des Hasses auf das andere Geschlecht steht Mitchell, gespielt vom Schwarzenegger-Spross Patrick, der diese fiese Figur auch wirklich herrlich verachtungswürdig spielt, aber dennoch ist es sehr unglaubwürdig, wie alle zusehen und gar mitmachen. Im Film hat man den Blick auf das männliche Geschlecht noch etwas abgeschwächt, indem man die Schulleiterin mit Marcia Gay Harden besetzt hat, während es im Buch ein Mann ist, der die Hand über alle Vergehen an der Schule hält. Aber ansonsten muss man wirklich lange nach einem sympathischen Kerl suchen, den es zum Glück mit Seth (Nico Hiraga) doch noch gibt. Aber auch hier findet eine gewisse Abschwächung statt, weil er aus einem Frauenhaushalt kommt und es gar nicht anders kennt.

Aber dieses arg geballte Draufhauen aufs männliche Geschlecht ist letztlich Mittel zum Zweck und die Botschaft pro Feminismus, die hier vermittelt werden soll, kommt überzeugend an. Zudem ist es dabei auch sehr gelungen, dass so viele klassische Stilmittel eines an einer High School spielenden Films ins Gegenteil gekehrt werden. Niemand will den beliebtesten Jungen der Schule haben, das beliebteste Mädchen (Josephine Langford) hat die entsetzlichste Geschichte und der Junge bricht das erste Mal ab, weil es für das Mädchen etwas Besonderes werden soll. Das unterstreicht, dass man die ganzen Muster, die schon wie ins Mark übergangenen zu sein scheinen, hinterfragen muss. Deswegen rüttelt dieser Film inhaltlich, aber auch stilistisch auf. Schade ist nur manchmal, dass zu Gunsten eines kurzweiligen Films oft nur an der Oberfläche gekratzt werden kann. Aber Hauptsache die Botschaft wird laut in die Welt rausgeschrien!

Fazit

"Moxie" ist ein sehr kurzweiliger, mitreißender und vor allem wichtiger Jugendfilm geworden, den es so oder so ähnlich viel öfters geben müsste. Denn er setzt mit dem Thema Feminismus bei der jüngeren Zielgruppe an und das auf eine sympathische Art und Weise. Dass dabei kaum ein Mann gut wegkommt, hätte nicht sein müssen, aber das Übertreiben der Argumentation hilft oft, dass die Botschaft hängenbleibt.

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Lena Donth - myFanbase
04.03.2021

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