Bewertung
Mary Agnes Donoghue

Jenny's Wedding

"Ich verstehe nicht ganz, was du meinst, dass sie glücklich wirkt."

Foto: Copyright: 2016 Universum Film GmbH
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Inhalt

Cleveland – Jenny (Katherine Heigl) wohnt längst im turbulenten Stadtkern, die Eltern noch zu Hause im Viertel, wo jeder alles über jeden weiß. Was der Bruder Michael (Matthew Metzger), der im Auftrag der Eltern ständig versucht, Jenny mit seinen Freunden zu verkuppeln, nicht weiß: Jenny hat nicht das geringste Interesse an Männern. Nach einem erschöpfenden Tag im Elternhaus erklärt sie Kitty (Alexis Bledel), dass sie heiraten möchte. Kitty ist überrascht – aber sollte Jenny dann nicht langsam mal ihren Eltern sagen, dass sie Kitty heiraten möchte?

Kritik

Eines vorweg: Dies ist kein Lesbenfilm. Dies ist ein Film über Heteros, die sich zufällig damit beschäftigen müssen, dass in den engen, neurotischen Familienbanden ein Mitglied über Jahre hinweg über seine Sexualität gelogen hat. Jennys Schwester Anne (Grace Gummer) kapert schließlich sogar für eine Weile die Aufmerksamkeit des Zuschauers und macht daraus ihre "Jeder ist seines Glückes Schmid"-Show. Das ist amüsant – aber leider ziemlich nervig, wenn man ohnehin ständig heterosexuelle Filme zu sehen bekommt und eigentlich einen Fokus auf die beiden Mädchen haben möchte.

Katherine Heigl gibt Jenny verspannt, was letztlich auf die Sozialarbeiterin passt. Der Rest spielt fast durchgehend hölzern, lediglich Alexis Bledels Augen sind ständig dabei - traurig, glücklich, zweifelnd, "Warum bin ich nach fünf Jahren immer noch ein Geheimnis?". Leider spielt ihre Kitty aber eine so geringe Rolle im Film, dass es ihre Darstellung nicht mehr rausreißt. Wir erfahren zwar, dass die Eltern der Lehrerin in Portland leben, sehen diese aber zu keinem Zeitpunkt, und auch die zahlreichen Lesbenfreundinnen des Pärchens tauchen schließlich nur tanzend zum Schluss auf. Überhaupt: Der erste Kuss zwischen Jenny und Kitty findet nach zwanzig Minuten statt – dafür umso leidenschaftlicher -, doch Regisseurin Mary Agnes Donoghue hat sämtliche Berührungen auf ein Minimum reduziert, Jennys Antrag an Kitty ist ein unemotionaler Höhepunkt.

Und unglücklicherweise macht Mary Agnes Donoghue auch nicht vor Klischees halt. Denn selbst Vater Eddie fällt auf: "Ihr seid beide feminin!" So weit, so gut. Julia Martin schrieb in der MISSY 04/2015 über den Kinoerfolg "Carol" des Winters 2015: "Im Genre des lesbischen Films im Mainstreamkino dominieren seit jeher Figuren, die – entgegen dem Stereotyp der maskulinen Lesbe – einem normativen Bild von weiblichen Schönheitsidealen entsprechen und so einem Hetenpublikum zugänglicher und akzeptabler zu sein scheinen." Mit "27 Dresses"-Star Katherine Heigl und Gilmore Girl Alexis Bledel ist der Film für diese "femininen Lesben" ein Paradebeispiel. Zum Phänomen des männlichen Regisseurs eines Lesbenfilms gehört "Jenny's Wedding" schon einmal nicht, Mary Agnes Donoghue ist allerdings heterosexuell – wurde aber aus dem eigenen Umfeld dazu inspiriert, die Geschichte zu schreiben und zu produzieren.

So ruft Jenny nach Eddies obiger Aussage Kitty zu: "Hey Kitty, mein Dad will wissen, wer sich im Bett einen umschnallt!" Liebe Mary Agnes Donoghue, selbstredend gibt es diese Praktiken bei Lesben, aber schon mal drüber nachgedacht, dass lesbische Frauen es bevorzugen, keinen männlichen … ach, lassen wir das. Jedenfalls ist damit der Familienfrieden endgültig dahin. Realistisch ist dabei, wie sämtliche Bekannte Mutter Rose (Linda Emond) fragen, wann es bei Jenny soweit mit der Hochzeit sei. Ab dem Erreichen des 18. Lebensjahres scheint dies ohnehin das einzige Thema zu sein, das an Eltern herangetragen wird, und ein "Sie ist eine Karrierefrau" wird selten gelten gelassen. Warum dies so interessant ist für soziale Gefüge, kann "Jenny's Wedding" leider auch nicht erklären.

Natürlich, ein Werk, das ein Crowdfunding für die Nachproduktion benötigt, ist ein typischer Indiefilm. So fehlen leider auch die liebgewonnenen Synchronsprecher der beiden Hauptdarstellerinnen, als Grace Gummers Stimme überzeugt Laura Maire. Die Tracks der passenden Soundtrack-CD lesen sich imposanter, als der Einsatz im Film tatsächlich ist.

Fazit

"Jenny's Wedding" ist ein durchgehend ruhiger Film, man könnte schon fast sagen, langweilig. Jennys Coming Out in allen Ehren, doch letztlich wird es ein Coming Out der Eltern. Nichtsdestotrotz: In Zeiten, in denen gerade erst eine queere Frau den Serientod sterben musste ("The 100"), ist es erfrischend, endlich einmal ein Happy-End zu haben. Und das rettet "Jenny's Wedding" extrem.

Simone Bauer - myFanbase
28.03.2016

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