Bewertung
Carl Erik Rinsch

47 Ronin

"Wenn wir das tun, gibt es kein Zurück."

Foto: Copyright: 2014 Universal Pictures International All Rights Reserved
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Inhalt

Als Junge floh Kai (Keanu Reeves) vor seinem magischen Schicksal und hat es dem Samurai-Fürsten Asano (Min Tanaka) zu verdanken, dass er nicht dem Schwert zum Opfer fiel. Die Jahre vergehen und Kai lebt als Außenseiter unter den unerschrockenen Samurai-Kriegern seines Fürsten. Als Halbblut wird er jedoch weder von den Samurai akzeptiert, noch darf er jemals von der Aussicht träumen, dass seine eigentlich erwiderte Liebe zu Prinzessin Mika (Kô Shibasaki) eine Zukunft hat.

Das Blatt wendet sich, als Fürst Asano einem Komplott zum Opfer fällt und sich infolgedessen - wie es der Kodex der Samurai vorsieht - selbst mit dem Dolch richten muss. Seine von nun an herrenlosen Samurai, die somit zu Ronin geworden sind, schwören Rache. Monate später machen sie sich gemeinsam mit Kai, der einige Zeit in Gefangenschaft verbrachte und sich als unbesiegbarer Kämpfer durchschlug, auf den Weg zur Festung des Feindes. Das Ziel: Die tyrannische Herrschaft von Fürst Kira (Tadanobu Asano) beenden und Prinzessin Mika aus der unfreiwilligen Verlobung mit ihm befreien. Kein einfaches Unterfangen: Magische Wesen stellen sich den entschlossenen Kriegern in den Weg, unter denen es besonders Kiras Verbündete, die Hexe Mizuki (Rinko Kikuchi), zu fürchten gilt.

Kritik

Es ist schon eine gefühlte Ewigkeit her, seit Keanu Reeves in Filmen wie dem Actionstreifen "Speed", der Sportlerkomödie "Die Helden aus der zweiten Reihe" oder der futuristischen "Matrix"-Trilogie auftrumpfte und für beste Kinounterhaltung sorgte. Obwohl der kanadische Schauspieler, Regisseur und Musiker danach nicht untätig blieb, streifte er lange Zeit doch eher unauffällig durch die Kinolandschaft oder machte mit seinen erwählten Filmprojekten seinem Namen als Unterhaltungskünstler nicht unbedingt alle Ehre, wie etwa 2008 in der mäßigen Neuverfilmung des Sci-Fi-Klassikers "Der Tag, an dem die Erde still stand". In Carl Erik Rinschs "47 Ronin" fightet Reeves nun als schwertschwingender Prinzessinnen-Retter gegen magische Kreaturen und veranstaltet damit leider wiederholt viel Lärm um nichts.

Das es in Rinschs heroischem Fantasy-Drama um nichts geht, kann man so nicht einmal sagen. Immerhin bleibt die tragische Legende um die "47 Ronin" in Japan unvergessen und zeugt von bedingungsloser Loyalität und Heldenmut. Verehrt wird noch heute eine Gruppe von ausgestoßenen Samurai-Kriegern, die ihren hinterlistig getöteten Herrn rächten, obwohl es ihnen strikt verboten wurde, und infolgedessen ihr eigenes Todesurteil besiegelten. Aufgepeppt mit ansehnlichen Fantasyelementen spricht also nichts gegen ein emotionales Popcornkino, das einen für knapp 120 Minuten in die Welt der furchtlosen Samurai geleitet und vielleicht die eine oder andere Überraschung parat hält. Und tatsächlich: Am Ende erstaunt der Plot mit einem gnadenlosen Ende, das aufgrund der angekündigten Konsequenz eigentlich nur logisch erscheint, dennoch aber irgendwie einen herben Nachgeschmack hinterlässt.

Man kann es halten wie man will, aber von dem vorab angepriesenen Fantasy-Epos mit spektakulären Schauwerten ist "47 Ronin" meilenweit entfernt – trotz eines horrenden Budgets von sage und schreibe 175 Millionen US-Dollar und der Tatsache, dass es beinahe zwei Jahre vom eigentlichen Drehende bis zum weltweiten Kinostart brauchte. Dabei hat der Film optisch wie tricktechnisch einiges zu bieten und arbeitet besonders in den Kampfszenen seine Stärken heraus, entfacht damit aber keinesfalls ein Wunderwerk der Phantastik. Mit vorrangig japanischen Darstellern besetzt, wie etwa Hiroyuki Sanada aus "Wolverine: Weg des Kriegers", erinnert "47 Ronin" stellenweise an einen fernöstlich gedrehten Martial-Arts-Film, in dem Hollywooddarsteller Keanu Reeves als Halbblut Kai lediglich zu Gast ist.

Als Außenseiter unter den Samurai-Kriegern darf sich Reeves in "David gegen Goliath"-ähnlichen Kämpfen behaupten, das Schwert gegen drachenförmige Bestien erheben und der Tochter seines großzügigen Herrn schöne Auge machen. So richtig aufgehen tut er in seiner Rolle als geduldeter Untertan allerdings nicht. Bemerkbar macht sich das nicht nur in Reeves' mangelnder Kommunikation. Gefühlt spricht er kaum mehr als zehn Sätze und schleicht durch die Handlung wie der blutleere Schatten eines Kriegers, der zu sein er begehrt. Zu blass skizziert ist seine Figur. Zu farblos seine Hintergrundgeschichte, die augenscheinlich dazu dient, seine Gefährten in eine weitere, konstruiert wirkende Prüfung zu locken, deren Ausgang man bereits mit dem Übertreten der Schwelle erahnt. Nicht minder lieblos wird Kais Liebe zu Fürstentochter Mika abgehandelt. Stilistisch erinnert ihre erste Begegnung im Kindesalter an eine schöne Märchenerzählung. Mit der Rettung der Prinzessin aus den Klauen des machthungrigen Lord Kira rutscht diese jedoch immer weiter ins Schema F ab. Hier funkt nichts, außer vielleicht das Aufeinandertreffen gestählter Klingen während eines Gefechts.

Die letzten Filmminuten machen es einem nicht unbedingt leichter. Keine Frage, die Befreiungsaktion und die Rache der 47 Ronin bietet in der Durchführung und Kreativität einen durchaus gelungenen Showdown und wird durch die phantastischen Elemente aufgewertet, ist aber nichts, was man in ähnlicher Form nicht schon einmal gesehen hätte. Das eigentliche Problem: Obwohl die Vergeltung der herrenlosen Samurai im Vordergrund steht, bleiben dem Beobachter eben jene Kämpfer fremd. Rinsch macht sich kaum die Mühe, einzelne Ronin in den Vordergrund zu rücken, sodass man kein Gefühl für einzelne Persönlichkeiten entwickeln kann – kleine Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel. Bei solch einer tristen Heldenschar könnte man Schwarzmagierin Mizuki als einen echten Lichtblick bezeichnen. Ihr Profil und ihre Motivation mögen eindimensionaler Natur sein. Doch wirkt sie ihren dunklen Zauber und wenn sie wie ein Umhang durch die Lüfte weht und Prinzessin Mika bei einem nächtlichen Besuch erzittern lässt, hat das zumindest einen schaurig schönen Unterhaltungswert.

Das Ende vom Lied: Wenn Kai und seine Gefährten über Ehre, Tod und Rache philosophieren, erhobenen Hauptes zur Tat schreiten und schließlich die Konsequenzen ihres Handelns tragen, geht das nicht wirklich unter die Haut. Wo Tränen fließen sollen, macht sich nach dem langatmigen Kinoerlebnis eine distanzierte Gleichgültigkeit breit und man beginnt über die Moral der Geschichte zu grübeln. Schade! Hätte Rinsch seinem anvisierten Fantasy-Epos mehr Tiefgang (nicht nur in Bezug auf die unnötige 3D-Ansicht) und Gefühl eingehaucht, hätte das Ergebnis ein anderes sein und der Mythos um die "47 Ronin" auch international auf Verständnis stoßen können.

Fazit

Mit einer Mischung aus Legende, Phantastik, Drama und Liebesgeschichte erschafft Regisseur Carl Erik Rinsch nicht unbedingt das gewünschte Fantasy-Epos. Aus der heroischen Tragödie um die "47 Ronin" hätte man viel machen können, muss sich als Beobachter jedoch mit wenig zufrieden geben. Sei es in der schwachen Charakterzeichnung oder in der fehlenden Tiefgründigkeit der Story, man bekommt es doch nur mit einem oberflächlich inszenierten Fantasy-Abenteuer der Marke "Alles schon einmal gesehen" zu tun. Ein Trauerspiel, das leider bis zum bitteren Ende nicht vergeht und somit einen faden Nachgeschmack hinterlässt. Darüber können selbst die malerischen Landschaftsaufnahmen und sehenswerten Kampfkünste nicht hinwegtrösten.

Doreen B. - myFanbase
06.02.2014

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