Bewertung
Joel & Ethan Coen

Inside Llewyn Davis

- You wanna hear the record?
- What should I hear? Play me something. Play me something from 'Inside Llewyn Davis.'

Foto: Copyright: 2013 STUDIOCANAL GmbH
© 2013 STUDIOCANAL GmbH

Inhalt

Greenwich Village, New York, in den 60ern: Der "place to be" für alle Künstler und jene, die es noch werden wollen. Aber was macht man, wenn man angekommen ist, der Erfolg aber auf sich warten lässt? Folksänger Llewyn Davis (Oscar Isaac) kann davon, im wahrsten Sinne des Wortes, ein Lied singen.

Seit sein Bandpartner seinem Leben mit einem Sprung von der Brooklyn Bridge spontan ein Ende setzte, läuft das Geschäft nicht mehr gut. Jeden Abend sucht der mehr oder weniger obdachlose Musiker deshalb einen neuen Schlafplatz – und zieht damit den Unmut seines Umfeldes auf sich. Auch Ex-Freundin Jean (Carey Mulligan), ehemals Llewyns engste Vertraute, ist nur noch genervt von dem herumstreunenden Musiker, dem einfach so gar nichts zu gelingen scheint. Getrieben von dem Wunsch nach Erfolg und Anerkennung seiner Kunst macht er sich schließlich auf den Weg nach Chicago, um mit einem Vorsingen bei einem berühmten Produzenten noch das retten, was zu retten ist.

Kritik

Was geht vor in Llewyn Davis? Die Antwort auf diese Frage ist alles andere als einfach. Die Coen-Brüder zeichnen hier das Portrait eines Mannes, der irgendwie verloren scheint. Verloren in einer Welt, die eigentlich ganz und gar für ihn gemacht sein sollte. Aber das Leben will irgendwie nicht mitspielen, egal welche Töne er anschlägt und liefert ihm skurrile, aberwitzige Situationen, deren tieferen Sinn niemand durchschauen kann. Nicht umsonst trägt die rote Katze, die immer wieder in den bizarrsten Situationen seinen Weg kreuzt, den passenden Namen "Odysseus". Fängt Llewyn jedoch an zu singen, ist plötzlich alles klar: pure Emotion, in der man sich direkt zu Hause fühlt. Die Figuren in den Liedern teilen sein Schicksal, sind auch oft hin- und hergerissen vom Leben.

"Inside Llewyn Davis" ist ein besonderer Film. Besonders in der Art, wie er uns ganz unaufgeregt in diese Welt der Folk-Musik entführt, auch wenn wir vorher vielleicht noch nicht viel damit anfangen konnten. Hier spart man sich Floskeln und, wie es allgemein,typisch für die Coen-Brüder ist, jegliche Erklärungen. Das Leben erklärt sich schließlich auch nicht. Ein besonderer Film ebenfalls, weil er sich Zeit lässt, ohne lang zu erscheinen. In vielen starken Bildern, unterlegt mit jenem einzigartigen Folk-Soundtrack, taucht man ein in diese fremde Welt im Herzen von New York – und möchte den Blick einfach nicht mehr abwenden.

Oscar Isaac haucht der Figur Llewyn Davis genau das Leben ein, das sie benötigt: Denn wie so oft in Coen-Filmen erscheint der Hauptcharakter auf den ersten Blick nicht der sympathische Good-Guy zu sein, dem der Zuschauer sofort vertraut. Erst über seine Handlungen, sein manchmal fast schon lächerlich verqueres Leben, lernen wir Llewyn kennen, verstehen und letztendlich auch lieben. Carey Mulligan als seine verbitterte Ex-Freundin Jean, die für Llewyn trotz ihrer gemeinsamen Vergangenheit nicht nur Hass empfinden kann, spielt ebenso aufwühlend wie authentisch eine Frau, die ebenfalls nicht nur Belohnungen vom Leben erhält. Hochkarätig besetzte Nebenrollen (u.a. John Goodman, Justin Timberlake) machen den besonderen Charme von Llewyns Weg aus und hinterlassen zugleich einen sonderbaren Nachgeschmack. Bewundernswert vor allem: Die musikalische Leistung des Casts, der den Großteil der Songs live vor der Kamera performt.

Natürlich kann man diesen Film nicht einfach "nebenbei" sehen, und das sollte man auch nicht. Sonst kann es sein, dass sich jenes besondere Etwas verflüchtigt, ohne dass wir es bemerken. Lassen wir uns aber auf die Reise ein, vergessen einmal kurz, dass wir eigentlich schnellere, lautere Unterhaltung gewohnt sind – dann und auch nur dann, können wir tatsächlich verstehen, was wirklich in Llewyn Davis vorgeht.

Fazit

Ein Film wie ein sonderbarer Traum – irgendwie komisch, irgendwie absurd. Und dennoch so wahr: Solche Geschichten schreibt nur das Leben.

Vinona Wicht - myFanbase
01.12.2013

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