Bewertung

Review: #2.19 Mein Essen mit Abed

Foto: Danny Pudi
Danny Pudi

Man mag es kaum glauben, aber manchmal sind Spoiler sogar eine gute Sache. Eigentlich mag ich es überhaupt nicht, auch nur die kleinsten Details meiner Lieblingsserien im Vorraus zu wissen, aber im Zeitalter von Twitter und den allgegenwärtigen Medienschlagzeilen kann man sich gewissen Details einfach nicht entziehen (Ja, ich weiß das mich keiner zwingt Twitter zu nutzen, aber die ganze Sache bietet einfach rein aus professioneller Sicht zu viele Vorteile, wie auch Spaß an der Unmittelbarkeit der Reaktionen). Und so kam ich auch nicht drum herum, #2.19 Critical Film Studies als angekündigte "Pulp Fiction"-Hommage zu erwarten. Aber wie wurden diese Erwartungen von der eigentlichen Episode doch untergraben? Wie positiv überrascht wurde ich von dieser Ehrerbietung an einen ganz anderen, viel obskuren Film und dem ernsten, nachdenklichen Ton, der der Folge zu Grunde lag. Beim Thema "Pulp Fiction" hatte ich irgendetwas völlig verrücktes, durchgeknalltes à la der "Apollo 13"-Episode oder der Zombiefolge erwartet. Aber was wir hier sehen ist etwas völlig anderes.

Chad had lived, Jeff. Chad had lived more than Abed.

Und ich liebe es, beide langen und ausgiebigen Dialoge zwischen Jeff und Abed gehören augenblicklich zu meinen liebsten "Community"-Momenten und es ist großartig, wie viel Atmosphäre und Tiefe man allein mit Worten geschaffen hat. Mal ganz abgesehen davon, dass Joel McHale aber besonders Danny Pudi schauspielerisch absolut glänzen konnte. Ich habe keine Ahnung, ob ein zufälliger Emmy-Juror den Persönlichkeitswechsel bis in die feinsten Details von Abed erkennen würde, aber es wäre eine Schande wenn nicht, denn Danny Pudi hat alles gegeben um Abeds Spiel mit seiner Rolle zur Perfektion zu bringen. Besonders beeindruckend war dann die Transformation zurück zum alten Abed, insgesamt war es aber eine wirklich beeindruckende Vorführung. Überhaupt ist das ganze Gespräch zwischen Abed und Jeff ein faszinierendes Stück Fernsehunterhaltung. Beginnend mit Abeds "Cougar Town"-Monolog, der eine eigentümliche Faszination ausübt, selbst dann noch, wenn man weiß dass er nicht wahr ist. Bis hin zu Jeffs tiefe Einblicke in dessen Seele, mitsamt der bitteren Erkenntnis das die Welt voller gestörter Personen ist, und er sich selbst offensichtlich für eines der besten Beispiele hält. (Beide seiner Geständnisse, über seine Angst vorm Dick-Sein und dem Glücksgefühl, als Little-Indian-Girl-Jeff für hübsch befunden wurde, zeugen zwar mal wieder von seiner tief verwurzelten Eitelkeit, sind aber dennoch einfach tieftraurig.)

I doubt I'll ever forget my Dinner With Andre dinner with Abed.

Für Jeff war es ein Schlag in die Magengrube, dass es sich bei all diesem Getöse dann doch wieder nur um eine Popkultur-Hommage von Abed handelte. Und da ich den Film "Dinner with Andre" selbst nicht kenne, hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt ebenso wie er keine Ahnung davon. Ich habe also in gewisser Weise als Zuschauer seine Gefühle durchlaufen und habe mich im ersten Moment etwas veräppelt gefühlt, aber ebenso wie Jeff konnte ich nach Abeds Erklärung seiner Motive diese Inszenierung doch erst so richtig schätzen lernen. Und gerade die Tatsache, dass diese Episode, die wie Kenner des Films bestätigen eine genaue Nachbildung des Films ist, auch völlig ohne die Kenntnis der Vorlage funktioniert, beweißt wieder einmal, dass Dan Harmon das Wesen einer Hommage tief verinnerlicht hat. Das wesentliche ist nicht die reine Nachbildung, sondern das Verankern der nachgebildeten Geschichte und dessen Thematik in den Wesenzügen der Charaktere, die diese personifizieren. Abeds Erklärung über "My Dinner with Andre" liefert dem Zuschauer alles, was er wissen muss: Es geht um einen Mann, der einen unerwarteten Abend voller aufschlussreicher Gespräche mit einem entfremdeten Freund verbringt.

Und so wie wir Abed kennen, zweifelt man keinen Augenblick daran, dass er genau diesen Weg gehen würde um Zeit mit Jeff zu verbringen. Er ist nicht anders als über exzessive Popkulturreferenzen in der Lage, seine Gefühle und Sorgen auszudrücken. Und beide schließen am Ende Frieden und Jeff weiß nach dem ersten Ärger Abeds Geste und die gemeinsame Zeit sehr zu schätzen und lässt diesen ungewöhnlichen Abend gemeinsam mit seinen Freunden bei der nachgeholten "Pulp Fiction"-Feier ausklingen. A propos "Pulp Fiction", natürlich haben wir im B-Plot auch noch die von Jeff organisierte Themenparty. Diese dient zwar in erster Linie als Humorausgleich zum ernsten Geschehen um Jeff und Abed, hat aber neben den großartig getroffenen Kostümen durchaus auch noch einige Highlights zu bieten:

  • Donald Glover war wieder einmal voll in seinem Element. Seine kindliche Neugier, gepaart mit der infantilen Eifersucht auf Jeff, angestachelt durch den wie immer intregierenden Chang haben einen kleinen, feinen Nebenhandlungsstrang gebildet. Bester Troy-Moment der Folge war aber definitiv seine Freunde über Abeds Wein-Glas: "Ooh, no-no juice!"
  • Bester "Pulp Fiction"-Moment war das goldenen Licht aus dem Koffer, in dem sich natürlich passenderweise eine Glühbirne befunden hat.
  • Pierces Kostüm war einfach nur klasse, noch besser war aber sein Auftauchen im Restaurant samt der Bemerkung "Pretty gay, man. Pretty gay!". Wobei auch seine Nachfrage: "Am I the hero or the love interest?" schon sehr abgefahren war.
  • Shirleys Welt ist manchmal die bessere, wenn auch langweiliger: "It's a 30-minute film where the heroes like dancing, cheeseburgers, and the Bible."

I prefer the term homage

Zum Schluss muss man aber natürlich noch "Cougar Town" erwähnen. Ich finde es schlichtweg cool, dass "Community" hier so eine offensichtliche Ehrerbietung an eine Serie, die auf einem anderen Sender läuft, abliefert. Klar gibt es die üblichen Querschüsse auf den unglücklichen Namen ("He watched Cougar Town. It was as if he didn't want people to like him."| "If you want me to take it seriously, stop saying its name.") Aber da die kreativen Köpfe hinter "Cougar Town" durchaus zur Selbstironie in der Lage sind, Dan Harmon in gutem Kontakt zu einigen der Autoren der Serie steht und sich über Twitter durchaus schon die ein oder andere gegenseitige Ehrerbietung zwischen Harmon und Bill Lawrence abgespielt hat, kann man davon ausgehen, dass der dies als das verstanden hat, was es ist: eine Hommage. Und ich hoffe sehr, dass wir irgendwann in der Zukunft einmal Danny Pudi duch den Hintergrund einer Szene von "Cougar Town" huschen sehen.

Bis dahin kann man sich aber #2.19 Critical Film Studies immer und immer wieder ansehen, denn diese Episode ist jetzt schon zu einem Klassiker geworden. Ich zumindest habe sie in mein Pantheon der genialen "Community"-Episoden für die Ewigkeit aufgenommen.

Cindy Scholz - myFanbase

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