Berlinale 2014: Fazit

Nun ist auch die 64. Auflage der internationalen Filmfestspiele von Berlin zu Ende gegangen. In der feierlichen Abschlussgala wurde der chinesische Wettbewerbsbeitrag "Black Coal, Thin Ice" etwas überaschend mit dem Goldenen Bären aufgezeichnet. Die Darstellerpreise gingen an Haru Kuroki für "The Little House" und Liao Fan für "Black Coal, Thin Ice", welcher damit insgesamt gleich zwei Bären gewinnen konnte. Das war auch deshalb für viele eine große Überraschung, da sich die Kritikerschaft und das Publikum eigentlich gleichermaßen auf einen absoluten Favoriten einigen konnten und das war das 12-Jahres-Mammutprojekt übers Erwachsenwerden, "Boyhood" von Richard Linklater, der dann schließlich aber trotzdem noch mit einem Silbernen Bären für die beste Regie ausgezeichnet wurde. Dies ist wohl aber eher als Trostpreis zu werten, wurde "Boyhood" doch von vielen nicht nur als bester Film des Wettbewerbs gesehen, sondern des ganzen Berlinale-Programms. Einer Einschätzung, die hier nur zugestimmt werden kann.
Weitere Preise gingen unter anderem an Dietrich und Anna Brüggemann für ihr Drehbuch zum Drama "Kreuzweg", welches sich um die Auswirkungen religiösen Fanatismus drehte und auch insgesamt als kleiner Favorit gehandelt wurde.
Die Preisverleihung insgesamt kann also als etwas merkwürdig eingeschätzt werden, was bei der Berlinale aber häufig der Fall ist. Welche Kriterien schlussendlich wirklich dazu führen, dass ein Film ausgezeichnet wird, sind oft nicht ganz eindeutig und ernst sollte man diese Preisverleihung dann wohl nicht sehen. Als Abschluss der Berlinale-Berichterstattung sollen hier noch kurz und überblickshaft die drei besten und drei enttäuschendsten Filme genannt werden. Insgesamt kann aber schon festgehalten werden, dass die Berlinale für Filmfreunde wieder ein überaus spannendes Festival war, das einen guten Überblick über die Tendenzen des aktuellen Weltkinos lieferte und einige schöne Filme bereit hielt, auf die man von selbst vielleicht nicht gestoßen wäre.
Die drei schwächsten Werke
#1 "Monuments Men – Ungewöhnliche Helden" von George Clooney
Der Clooney-Hype während der Berlinale war groß und während seines kurzen Besuchs an der Spree drehte sich alles nur noch um seine Person und nicht um den Film, den er mitgebracht hatte. Dieser war dann schlussendlich auch nur ein uninspirierter, spannungsarmer und pathosgetränkter Zweite-Weltkriegs-Reißer, der sich zwischen einer ernsten Auseinandersetzung mit Kunstdiebstählen während des zweiten Weltkriegs und dem Wert von Kunst an sich und einer launigen Buddy-Komödie nie wirklich entscheiden konnte und am Ende einfach nur langweilte. Selten wurde eine illustre Starrriege so verheizt wie in diesem Film. Man kann nur hoffen, dass Clooney in Zukunft wieder profundere Filme abliefert. "Monuments Men" gilt aber sicherlich als einer der schwächsten des Festivals.
#2 "Life of Riley" von Alain Resnais
Alain Resnais gilt als einer der wichtigsten französischen Regisseure überhaupt und hat das französische Kino nachhaltig geprägt und auch mit seinen nun 92-Jahren dreht er immer noch Filme. Sein neuester Streich, der im Berlinale-Wettbewerb lief, war dann aber eine ziemliche fade Angelegenheit. Die Idee der Verfilmung eines britischen Theaterstücks, in dem er selbst auf die Mechanismen des Theaters zurückgreift war eine Idee, die nach hinten losging, endete der Film doch in eine nervige Aneinanderreihung von anstregenden Dialogsequenzen, die auf einer Theaterbühne aufgeführt wurden und so nie das Gefühl aufkommen ließen, hier wirklich ein filmisches Produkt zu sehen, sondern vielmehr ein mäßiges, abgefilmtes Theaterstück. Da helfen dann auch die spielfreudigen Darsteller nicht mehr. Dieser Film war wohl der langwierigste des ganzen Festivals, bei dem man schlussendlich froh war, als der Abspann lief.
#3 "Stratos" von Yannis Economides
Der griechische Wettbewerbsbeitrag "Stratos" kann nur als eine nicht enden wollende Tour de Force beschrieben werden. Regisseur Yannis Economides zeigt ein Griechenland, das besonders moralisch am Boden liegt. Ein Film, der sich über zwei Stunden im Dreck wälzt und einen von Minute zu Minute nur noch tiefer in sein destruktives Weltbild hineinzieht. Ein Film, der nur die Schlechtigkeit von allem und jedem und keine Ambivalenzen oder irgendeine Form von kleinem Lichtschimmer, ist ein Film, der einen auf keinste Weise weiterbringt und schlussendlich einfach nur wehtut.
Die drei besten Werke
#1 "Boyhood" von Richard Linklater
Selten waren sich Kritiker so einig, wie bei Richard Linklaters Epos übers Erwachsenwerden, "Boyhood". Im Grunde jeder, der diesen Film auf der Berlinale sehen konnte, war wie beseelt von der Wucht dieses Films, der im Grunde nur das Älter- und Erwachsenwerden eines Jungen und seiner Familie zeigt. Das Besondere an diesem Film war aber schlicht die Echtheit, die Authentizität und die Fähigkeit, aus kleinen Alltagsmomenten des Lebens einen ganz großen, alles überstrahlenden Film zu machen. Ein Wunderwerk und vielleicht schon jetzt der beste Film des Jahres.
#2 "Nymphomaniac – Part 1" von Lars von Trier
Der sicherlich im Vorfeld meist diskutierte Film auf der Berlinale war der Director's Cut von Lars von Triers als Pornodrama angekündigtes Monumentalwerk über die menschliche Sexualität, "Nymphomaniac – Part 1", welches einen weit über zwei Stunden lang kräftig durchschüttelte und mächtig aufwühlte, schlussendlich aber auch begeisterte. Ein starker, wuchtiger Film, überschäumend mit wahnwitzigen inszenatorischen Ideen und ein Film, der weit mehr ist, als nur ein Film über den Sexualakt. Inspirierend, mitreißend und auf eine groteske Art und Weise sogar humorvoll. Lars von Trier schafft hier wieder etwas ganz neues, besonderes, über das wohl vor allem nach Veröffentlichung des zweiten Teils noch viel diskutiert wird.
#3 "God Help the Girl" von Stuart Murdoch
Die Berlinale ist überwiegend geprägt von schweren, meist sehr ruhig erzählten und politisch aufgeladenen Dramen, die einem teilweise dann doch recht schwer im Magen liegen. Deshalb ist es umso schöner zu sehen, dass auch ein heiter-beschwingter, viel gute Laune verbreitender Musikfilm wie "God Help the Girl" von Belle and Sebastian-Sänger Stuart Murdoch es in das Festivalprogramm bringt, sei es auch nur in die Jugendfilm-Sektion. Der Film streift dabei zwar auch immer mal ernstere Töne, setzte größtenteils dann aber doch auf seine tollen Darsteller und beschwingt-melancholische Songs, die einen mitten ins Herz treffen und einen mit einem Glücksgefühl im Bauch aus dem Kino entlassen. Ein wunderschön inszenierter kleiner Musikfilm zum Träumen und ein echtes Highlight, besonders natürlich für Fans der Musik eines Stuart Murdoch.
Moritz Stock - myFanbase
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